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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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es heute Nacht den Kollegen auf dem Boot und entlang des Ufers
ergangen, die vergeblich auf den Mörder gewartet hatten. Alle hatten
erleichtert geklungen, als Wolf die Aktion abblasen musste – und doch ihre Wut
kaum verhehlen können, als er von Höflichs Tod berichtete.
    »Sie können jetzt nicht rein, Herr Hauptkommissar. Der
Arzt ist bei ihm«, meinte der Uniformierte.
    »Gut so. Da erfahr ich gleich aus erster Hand, wie es
um den Patienten steht.« Er klopfte kurz an die Tür, und ehe drinnen jemand
reagieren konnte, hatte er bereits den Raum betreten.
    Pohl saß im Schneidersitz und mit zur Brust gezogenem
Kopf auf seinem Bett, hinter ihm der Arzt, der die freigelegte Wunde in Pohls
Nacken begutachtete. Eine junge Krankenschwester stand daneben und hielt eine
Schale, in welcher sich allerlei medizinische Utensilien befanden.
    »So geht das aber nicht«, raunzte der Arzt in Richtung
Wolf, ohne den Kopf zu heben. »Bitte warten Sie draußen.«
    Wolf machte keine Anstalten, den Raum zu verlassen.
»Entschuldigen Sie, mein Name ist Wolf, Kripo Überlingen«, und um seinen Worten
mehr Nachdruck zu verleihen, setzte er, was er sonst nie tat, das Wort
»Mordkommission« hinzu. Immerhin veranlasste das den Arzt, für einen Moment den
Kopf zu heben. Auch Pohl schielte zu ihm herüber.
    »Mordkommission? Sind Sie wegen des Anschlags auf den
Patienten hier? Er kann jetzt keine Aussage machen, da müssen Sie sich schon
gedulden.« Sprach’s und nahm einen Tampon von dem Tablett, mit dem er
vorsichtig ein Gel auf die offene, großflächige Brandwunde an Pohls unbehaartem
Hinterkopf tupfte.
    »Eine Aussage? Sicher, das auch. Aber vor allem geht
es mir um den für heute Vormittag geplanten öffentlichen Auftritt von Dr. Pohl
auf dem Münsterturm. Allerdings dürfte es dazu wohl kaum kommen, wenn ich den Zustand
des Patienten richtig beurteile.«
    »Diese Beurteilung müssen Sie schon dem Doktor
überlassen, Herr Kommissar«, raunzte Pohl. »Im Übrigen wüsste ich nicht, was
Sie mein Auftritt auf dem Münsterturm angeht, sozusagen. Und selbst wenn ich
dort noch einmal angegriffen werde, wären Sie wohl der Letzte, der das
verhindern könnte. Ich darf Sie daran erinnern, dass es nicht die Polizei war,
die bei dem Anschlag in der Tiefgarage das Schlimmste verhindert hat.« Vage
deutete er dabei auf seine Wunde.
    »Wenn Sie’s schon anschneiden: Haben Sie den Täter
gesehen oder gar erkannt? Haben Sie überhaupt jemand gesehen außer dem
Autofahrer, der den Brand gelöscht hat? Ist Ihnen sonst irgendetwas
Verdächtiges aufgefallen, eine Bewegung, ein Geräusch, ein wegfahrender Wagen?«
    »Nichts! Tut mir leid, ich habe nichts bemerkt.«
    Wolf wandte sich wieder an den Arzt: »Würden Sie
zulassen, dass er in seinem Zustand das Krankenhaus verlässt, Herr Doktor?«
    »Ich wüsste nicht, wie ich es verhindern könnte. Wenn
Sie’s genau wissen wollen: Ich bin hier, um Dr. Pohl für seinen Auftritt
vorzubereiten. Wir versorgen wunschgemäß seine Wunden, er bekommt einen
hautfarbenen Verband, und im Übrigen trägt er einen breitkrempigen Jägerhut,
man wird nichts von seinen Verletzungen bemerken.«
    »Sie haben wohl gedacht, ich verkrieche mich hier,
was?« Pohl stieß ein heiseres Lachen aus. »Wie lange soll ich Ihrer Meinung
nach untertauchen? Einen Tag, eine Woche? Oder für den Rest meines Lebens?
Solange dieser Verrückte da draußen frei herumläuft, werde ich nicht mehr
sicher sein. Und sehen Sie: Genau deshalb muss ich auf den Turm! Soll der Kerl
ruhig kommen – wir werden ihn gebührend empfangen.« Mit der rechten Hand machte
er die Geste des Halsabschneidens, begleitet von einem schrillen Lachen.
    »Das haben wir bei Höflich auch gedacht. Und was war
das Ende vom Lied?«
    »Höflich?« Pohls Kopf schnellte nach oben, gerade noch
rechtzeitig konnte der Arzt den Tampon wegnehmen.
    Wolf war überrascht. Wusste Pohl etwa noch nichts von
dem Mord an seinem Kumpan? Hatte der Polizist, den sie ihm in der Nacht vor die
Tür gesetzt hatten, etwa dichtgehalten? Fieberhaft überlegte er, wie er Pohl
die Nachricht von Höflichs Ableben beibringen konnte, ohne ihn völlig zu
demoralisieren. Denn im Grunde kam ihm Pohls Heldenmut – oder war sein
Verhalten eher ein Ausdruck trotziger Hysterie? – nicht ungelegen, eröffnete er
ihnen doch die vielleicht letzte Chance, den Täter endlich zu schnappen. Wenn
Pohl förmlich nach diesem Auftritt drängte, umso besser! Allerdings, auch
darüber war sich Wolf im Klaren: Einen

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