Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
Besuch im Krankenhaus hatte er seine und
Marsbergs Leute informiert und zusätzliche Verstärkung angefordert. Der
Münsterturm war genauestens zu inspizieren, der Einsatz aller Beteiligten
musste aufeinander abgestimmt werden. Als Kommandozentrale hatten sie einen
entsprechend ausgerüsteten Einsatzwagen angefordert, der unauffällig in einem
Hof am hinteren Ende des Münsterplatzes abgestellt wurde. Von entscheidender
Bedeutung war außerdem ein Beobachtungspunkt in unmittelbarer Nähe des
Turmeingangs. Wolf hatte sich für einen Raum im ersten Stock des Reisebüros
entschieden, das der unscheinbaren Pforte des Münsterturms direkt gegenüberlag
und bei dessen Besitzer Wolf seine Frankreichreisen zu buchen pflegte. Als bei
Weitem härteste Nuss jedoch erwies sich Pohl, der sich vehement einem
versteckten Mikro an seinem Körper widersetzt und mit Ach und Krach einer
kugelsicheren Weste zugestimmt hatte.
    Schließlich war noch Jo aufgekreuzt und hatte ihm
eröffnet, Schubeck könne sich sein Alibi in die Haare schmieren. Zwar sei es
richtig, dass er an dem fraglichen Abend vor der Birnau kurz mit Hajek
zusammengetroffen war. Aus der geplanten Exkursion im Innern der Basilika sei
jedoch nichts geworden, da just an diesem Abend ein Orgelkonzert auf dem
Programm gestanden habe. Pech für die beiden! Wortlos, aber mit zufriedener
Miene hatte Wolf zum Telefon gegriffen und veranlasst, Schubeck festzunehmen
und in die Polizeidirektion zu schaffen.
    Kurz vor neun stieg er aus dem Einsatzwagen und machte
sich auf den Weg quer über den Münsterplatz und über die südlich an das Münster
angrenzende Hofstatt hinunter zum Landungsplatz, wo sich um neun seine Leute
unauffällig sammeln wollten.
    Der gesamte Platz war seit dem Vortag mit Ständen
belegt, an denen allerlei Trink- und Essbares feilgeboten wurde, mehrere
Musikgruppen spielten auf: Das jährlich stattfindende Promenadenfest war
bereits in vollem Gange und würde das ganze Wochenende über für lärmendes
Treiben sorgen. Wolf erstand an einem der Stände ein Dinnele, jene oberschwäbische
Variante des Flammkuchens, die er für sein Leben gern aß und von der er, je
nach Tagesform, leicht drei, vier Stück verdrücken konnte. Gleich ging es ihm
etwas besser. Auf beiden Backen kauend, drängte er sich durch die
Menschenreihen, die den eigenwilligen Bodenseereiter-Brunnen am Rande des
Platzes begafften.
    Obwohl schon vor einigen Jahren aufgestellt, sorgten
die von Peter Lenk, dem Bodmaner Bildhauer, geschaffenen Figuren noch immer für
reichlich Gesprächsstoff – besonders die beiden drallen Nixen, die rücklings
auf ihren breiten Hinterteilen in der Brunnenschale lagen und die langen, in
Fischleiber übergehenden Beine gen Himmel reckten, um hoch oben auf ihren
Schwanzflossen einen verzagt dreinblickenden Reiter vor dem Absturz zu
bewahren. Dieser Bodenseereiter aus Gustav Schwabs gleichnamiger Ballade hatte bei
der »Seegfrörne« von 1573 den bereits aufbrechenden See in letzter Minute
überquert, um angesichts der überstandenen Gefahr plötzlich tot vom Pferd zu
fallen.
    »Eine tragische Figur da oben auf dem Klepper, nicht
wahr?«, bemerkte Marsberg, der bereits auf Wolf gewartet hatte.
    »Du meinst den Walser?«
    » Das soll der Walser sein?
Martin Walser, der Dichter aus Nußdorf?«, staunte Marsberg.
    »Der Nämliche.«
    »Wollen hoffen, dass man uns dereinst nicht auch als
tragische Figuren sieht – ich meine, wenn das hier alles mal abgeschlossen ist,
ohne Pannen, du weißt schon.«
    »Denk positiv, Rolf«, mahnte ihn Wolf, »wir haben
alles Menschenmögliche getan, um dem Spuk endlich ein Ende zu bereiten.«
    »Seh ich auch so«, pflichtete Jo ihm bei. Sie war
neben ihre Kollegen getreten und musterte mit hochgezogenen Augenbrauen die
beiden dicken steinernen Gesellen, die mit aufgeblasenen Backen hingebungsvoll
Wasser in das Becken spuckten. »Gehe ich recht in der Annahme, dass der
Künstler mit diesen beiden Herren hier«, dabei tatschte sie einem der Dicken
auf den nackten Po, »zwei besonders großzügige Spender in Stein gemeißelt hat?«
    Zum ersten Mal an diesem Tag musste Wolf lächeln.
»Wohl kaum. Dann hätte er nämlich ihre Blößen züchtig bedeckt. Genau das
Gegenteil ist der Fall: Man munkelt, es soll sich um die Direktoren der beiden
örtlichen Banken handeln.«
    »Womit haben die Herren das verdient?«
    »Angeblich haben sie eine Mitfinanzierung des Brunnens
schnöde abgelehnt. Wo treibt sich eigentlich Vögelein herum?«
    »Besucht

Weitere Kostenlose Bücher