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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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die direkt neben den von Ihnen gesuchten liegen, von einem
Ehepaar Moosbrugger gemietet wurden. Die ruf ich jetzt an.«
    Zwei Minuten später war sie zurück und machte einen
außerordentlich zufriedenen Eindruck. »Die Moosbruggers waren in der
Vorstellung. An diesem Abend lief Brechts ›Dreigroschenoper‹.«
    »Das freut mich für die Leute, Frau Weggi. Allerdings …« Wolf konnte seinen Einwand nicht zu Ende bringen, da er von der quirligen
Dame unterbrochen wurde.
    »Lassen Sie mir etwas Zeit, Herr Wolf, ich bin eine
müde alte Frau«, lachte sie. »Ich weiß, die Moosbruggers kümmern Sie einen
feuchten Kehricht – so sagt man doch bei Ihnen, oder?« Sie rollte das r wie zur
Bekräftigung. »Frau Moosbrugger bestätigte mir aber gerade, dass die Plätze
direkt neben ihnen, also die Nummern 24 und 25, während der ganzen
Vorstellung unbesetzt waren. Das war’s doch, was Sie wissen wollten, oder?«
    Wolf zog die Frau an sich und gab ihr einen Schmatz
auf die Stirn. »Sie sind ein Schatz, Frau Weggi.«
    »Merci vielmals«, winkte sie verlegen ab.
    Sie waren bereits im Weggehen, als Frau Weggi ihnen
noch einmal nachgelaufen kam. In der Hand schwenkte sie ein Blatt Papier. »Fast
hätt ich’s vergessen, Herr Wolf. Hier hab ich Ihnen Anschrift und Telefonnummer
der Moosbruggers notiert. Vielleicht können Sie’s ja noch brauchen?«

5
    Unvermittelt hatte das
Wetter umgeschlagen, aus der sanften Brise der letzten Tage war ein böiger
Südwestwind geworden. Die gelb-weißen Lichter rings um den See flackerten
unruhig und signalisierten Starkwindwarnung.
    Der Wagen auf der Uferstraße von
Goldbach nach Sipplingen hatte Mühe, die Spur zu halten. Es handelte sich um
einen silberfarbenen Lotus Esprit S4, nicht gerade das neueste Baujahr,
doch das tat der Wirkung des edlen Renners keinen Abbruch. Der blonde Mann am
Steuer versuchte, die Wucht der Böen am Lenkrad auszugleichen. Auch wenn um
diese frühe Morgenstunde nur wenig Fahrzeuge unterwegs waren, musste er
höllisch aufpassen, die Straße war hier nicht sonderlich breit. Konzentriert
ging er die nächste Kurve an, als sein Handy klingelte. Er meldete sich über
das Headset.
    »Gut, dass ich Sie erreiche.« Die
Stimme am anderen Ende der Leitung klang rau. »In mein Hafenbüro in Romanshorn
wurde in der vergangenen Nacht eingebrochen.«
    Den Blonden beeindruckte diese
Meldung wenig. »Was sollte es bei Ihnen schon zu holen geben?«, gab er
spöttisch zurück.
    »Das Lachen wird Ihnen gleich
vergehen, wenn Sie hören, auf was es die Täter abgesehen hatten.« An dieser
Stelle machte der Mann eine Kunstpause.
    »Nun reden Sie schon«, drängte der
Blonde.
    »Also, es gibt, wie Sie wissen, ein
Logbuch, in dem der Verlauf jeder unserer Fahrten detailliert festgehalten
wird.«
    »Was ist damit?«
    »Sieht so aus, als hätte sich ein
Fremder daran zu schaffen gemacht.«
    »Entschuldigung, ich verstehe
nicht. Was hat das mit mir zu tun?«
    »Wollen Sie nicht wissen, um welche
Seite es geht?«
    »Hören Sie, rufen Sie mich doch
einfach heute Abend …«
    »Es handelt sich um die Nachtfahrt
vom vergangenen Donnerstag«, wurde er von dem Schweizer unterbrochen. »Außerdem
scheinen sich die Täter auch für den Ordner mit den Belegen interessiert zu
haben. Dreimal dürfen Sie raten, von welchem Tag.« Als er nicht gleich
antwortete, fragte der Anrufer hastig nach: »Sind Sie noch dran?«
    Der Blonde überlegte einen Moment.
»Woher wollen Sie das alles so genau wissen?«
    »Man merkt, dass Sie von
kaufmännischer Geschäftsführung keine Ahnung haben. Unsereins sieht das auf den
ersten Blick! Ein Ordner, der eigentlich im Regal stehen sollte, lag am Morgen
plötzlich auf dem Tisch. Die Ablage im Ordner war durcheinander, offenbar
wurden die Blätter vom Donnerstag entnommen und wieder eingelegt. Am Kopierer
war die Einstellung verändert, als hätte sich ein Fremder daran zu schaffen
gemacht, und zu allem Überfluss vergaßen die nächtlichen Besucher auch noch,
das Gerät auszuschalten. Ich müsste blind sein, wenn ich diese Zeichen nicht
richtig deuten würde. Im Übrigen fehlen keinerlei Wertsachen, die Täter waren
lediglich auf Informationen aus.«
    »Haben Sie die Polizei
eingeschaltet?«
    »Sind Sie verrückt? Dann haben wir
ja gleich die Staatsanwaltschaft am Hals.«
    »Und was erwarten Sie jetzt von
mir?«, fragte der Blonde. Seine Ratlosigkeit war nicht zu überhören.
    Nun war es an dem Schweizer,
spöttisch zu klingen. »Sehen Sie, ich hab ja gesagt, das

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