Seefeuer
desto besser.«
***
Eins
zu drei gegen die Elfte – so mies hatten sie noch nie gespielt. Philip war
wütend. So weit er zurückdenken konnte, hatten sie »die Kleinen« geschlagen,
einmal, im Vorjahr, sogar zweistellig. Das hatte man davon, wenn man Leuten wie
dem Frettchen die Rolle des Ausputzers übertrug! Seine Augen suchten den
Schuldigen, verweilten auf dessen pickligem Gesicht und dem fliehenden Kinn.
»Nicht so auffällig«, raunte ihm plötzlich Hape ins
Ohr und gab ihm einen Schubs.
Lautstark durcheinanderredend packten die Spieler ihre
Taschen, ehe sie sich auf ihre Räder schwangen. Spätestens um zehn wurden sie
im Internat zurückerwartet, und der Weg von den Sportanlagen in Altbirnau bis
zum Internat hatte es in sich. Er führte fast ununterbrochen bergan, außerdem
mussten sie gegen den ungewohnt heftigen Südwestwind ankämpfen.
Während die Ersten bereits in ein kleines
Buchenwäldchen eintauchten, bildete Philip entgegen seiner sonstigen Gewohnheit
die Nachhut. Nur einer lag noch weiter zurück: Olaf, das »Frettchen«. Er war gar
nicht erst losgefahren.
Ungläubig hatte Olaf auf seine Reifen gestarrt. Philip
konnte nachfühlen, was ihm durch den Kopf ging. So eine gottverdammte Scheiße –
vorne und hinten platt, ausgerechnet heute, wie war das möglich? Ein Loch im
Schlauch, ein undichtes Ventil, das kam schon mal vor, aber an beiden Rädern
gleichzeitig? Zu allem Überfluss war auch noch die Pumpe weg. Ein zufriedenes
Lächeln huschte über Philips Gesicht. Für Olaf gab es kein Pardon: Er musste
den Rückweg zu Fuß antreten. Keuchend schob er sein Rad den steinigen Pfad
herauf und wirkte nicht wenig überrascht, als er plötzlich Philip neben sich
sah.
» Du warst das!«, zischte das
Frettchen wütend. »Das hätte ich mir denken können!«
»Wie sollte ich dich sonst von den andern loseisen?«,
gab Philip ungerührt zur Antwort.
»Wieso? Was willst du?«
»Keine Angst, nur eine Information.«
»Ach, verpiss dich!«
Philip ignorierte die Aufforderung. Locker schob er
sein Fahrrad neben dem schwer atmenden Frettchen her. »Sag mir, was du über das
Schiff weißt, auf dem sich Tammy am Abend vor ihrem Tod aufgehalten hat, und du
bist mich los.«
»Welches Schiff?«
»Du weißt genau, was ich meine. Hast du nicht selbst
gesagt, du seist an Bord gewesen? Also?«
»Du kannst dir dein Schiff sonst wohin schmieren. Lass
mich einfach in Ruhe.«
»Ich will wissen, wer noch dabei war. Sag mir die
Namen!«
»Was für Namen? Von welchem Schiff redest du
überhaupt?«
»Es ist zwecklos, zu leugnen. Ich habe herausgefunden,
dass deine Eltern für das Catering ebendieses Bootes verantwortlich sind, und
wie ich dich kenne, hast du garantiert deine Nase in die Unterlagen gesteckt.
Also?«
Abrupt blieb das Frettchen stehen. »Meine Eltern haben
damit absolut nichts zu tun!«
»Und was ist das hier?« Philip hatte ein Blatt aus der
Tasche gezogen. Er faltete es auseinander und hielt es Olaf unter die Nase.
»Was soll das sein?«
»Eine Liste der am vergangenen Donnerstag auf der
›Crown of St. Gallen‹ angelieferten Waren. Auf gut Deutsch: der Lieferschein,
ausgestellt von der Firma deiner Eltern, quittiert vom Schiffseigner.
Champagner, Lachsschnittchen, Käsegebäck, das übliche Zeug.«
»Woher hast du das?«, fragte das Frettchen
ahnungsvoll.
»Woher wohl? Vom Büro des Schiffseigners natürlich,
also gewissermaßen aus erster Hand. Die Leute dort waren so freundlich, es mir
zur Verfügung zu stellen. Nicht ganz freiwillig, zugegeben, aber es entsteht
ihnen ja kein Schaden. Das Dumme ist nur, dass ich jetzt zwar den Champagner
kenne, den die feinen Herren bei der Schiffsparty getrunken haben, nicht aber
ihre Namen. Deshalb muss ich dich bemühen«, antwortete Philip spöttisch.
Mit einer Geschwindigkeit, die er dem Pickligen
niemals zugetraut hätte, schoss plötzlich dessen Hand nach vorne und riss das
Papier an sich. Eins, zwei, drei war es zerrupft, Olaf stopfte sich die
Schnipsel in den Mund und würgte sie hinunter.
Philip begann zu grinsen. »Du glaubst doch nicht, dass
ich einer linken Bazille wie dir das Original in die Hand gebe? Tut mir leid,
aber du hast soeben eine Kopie gefressen.« Als der solchermaßen Geprellte
zweifelnd die Brauen hob, griff Philip ein weiteres Mal in die Tasche. »Hier
ist noch eine. Überzeug dich selbst.«
Für den Bruchteil einer Sekunde flackerten Olafs
Augen, als brenne bei ihm eine Sicherung durch. Obwohl er im Allgemeinen
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