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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Hochprozentigem stand, vervollständigten das Interieur.
Beim Anblick der schmutzigen Gläser verging Pohl vollends der Appetit.
    »Keinen Drink«, wehrte er denn auch sofort ab, worauf
Piet kommentarlos durch die Hintertür verschwand. Auf einen Wink Kalaschnikows
zog Pohl einen der Holzstühle zu sich heran. Er wollte seinen Aufenthalt hier
auf das absolute Minimum beschränken. In dem Raum herrschte eine Luft zum
Schneiden, Pohl tränten bereits die Augen, und das unangenehme Kratzen im Hals
hing todsicher damit zusammen. Als besonders unangenehm empfand er das grelle
Neonlicht, das alle Gegenstände im Raum seltsam konturlos erscheinen ließ.
    »Ein neuer Auftrag, hab ick dit richtig vanommen, Herr
Doktor?«
    »So ist es. Ich nehme an, Sie haben von den
Todesfällen in Überlingen gehört, sozusagen?«, kam Pohl ohne Umwege auf sein
Anliegen zu sprechen.
    »Hab ick, Herr Doktor, hab ick. Wenn Se mir dazu wat
verklickern möchten, dann schießen Se los. Sie wissen ja, Kalaschnikow hilft in
allen Lebenslagen, wa?« Sein Gesicht hatte einen lauernden Ausdruck angenommen.
    Schon kamen Pohl Zweifel, ob es richtig war, den alten
Gauner mit einer so heiklen Mission zu betrauen. Doch jetzt gab es kein Zurück
mehr. Er konnte nur versuchen, das Beste für sich – für die Clique –
herauszuholen. »Drei meiner Freunde hat es bereits erwischt«, fuhr er fort,
»und vielleicht bin ich der Nächste, sozusagen. Leider haben wir nicht den
geringsten Anhaltspunkt, wer hinter diesen Morden steckt. Dann noch die
Geschichte mit den Videos vom Schiff, mit denen man mich und meine Freunde zu
erpressen versucht. Natürlich ermittelt die Polizei, aber nicht unbedingt in
unserem Sinn, sozusagen. Hinzu kommt, dass bei solchen Ermittlungen viel zu
viel Staub aufgewirbelt wird, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Vasteh ick, Herr Doktor. Wir solln unsere schützende
Hand über Sie halten«, brachte Kalaschnikow die Sache auf den Punkt.
    »Damit ist es nicht getan …«
    »Weeß ick doch, Herr Doktor, war nur so ‘ne
Redensart«, sagte Kalaschnikow breit grinsend. »Sie wolln Personenschutz. Und
wir solln die Strolche für Sie finden. Und dann …« Er machte mit der Rechten
das Zeichen des Halsabschneidens.
    »Und zwar schnell, wenn ich bitten dürfte. Das ist ein
offizieller Auftrag.«
    »Sie kennen unseren Tarif, Herr Doktor!«
    »Gestern hieß es noch: zum halben Preis!«,
protestierte Pohl.
    »Da jab’s ooch noch keene drei Leichen. Inzwischen ist
die Kacke voll am Dampfen, ick würde sojar sagen, sie stinkt zum Himmel. Und
dann wolln Se’s ooch noch schnell ham, also muss ick mehr Leute
zusammentrommeln, und Sie wissen ja selbst, wat jutet Personal heutzutage
kostet, Herr Doktor …«
    »Ist ja gut! Hauptsache, es passiert bald was. Ich
verlass mich auf Sie!«
    »Dann erzähln Se mal, wat Se wissen.«
    Das war leichter gesagt als getan. Pohl fühlte sich,
als hätte er in der kurzen Zeit hier fünf Zigaretten auf Lunge geraucht. Er
verstand nicht, wie die Leute diesen Mief aushielten! Na ja, ihm konnte es egal
sein, Hauptsache, Kalaschnikow hielt ihm diesen verdammten Mörder vom Leib. Er
wollte eben zu einer längeren Erklärung ansetzen, als ein elektronischer
Summton ertönte. Kalaschnikow schnellte hoch, fast gleichzeitig stürzte Piet
durch die Hintertür herein.
    »Die Bullen«, rief Piet.
    »Schaff den Herrn Doktor unjesehen hier raus,
dallidalli. Ick halt se so lange uff.«
    Piet
und der Anwalt waren kaum verschwunden, als jemand kräftig an die Tür pochte.
Fast gleichzeitig wurde sie aufgerissen.
    »Ah, Kalaschnikow, lange nicht gesehen«, rief Wolf
anstelle einer Begrüßung. »Ein gutes Zeichen!«
    »Wat ham Se erwartet, Herr Kommissar? Sollt ick meine
Bewährung jefährden? Sie wissen so jut wie ick, dat mene letzte Vahandlung ein
einzijes Missvaständnis war. Vor Ihnen steht ein unschuldig Verurteilter, der
sich lediglich zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort uffjehalten hat …«
    Wolf winkte ab. »Schnee von gestern, Kalaschnikow.
Deshalb sind wir nicht hier. Das ist übrigens meine Kollegin, Frau Louredo.« Er
wies auf Jo, die beim Eintreten erst mal die Luft angehalten hatte und ein
Gesicht machte, als wolle sie am liebsten den sofortigen Rückzug antreten.
    »Helfen Se mir uff de Sprünge, Herr Kommissar: Womit
ham wa Ihren Besuch denn vadient?«
    »Keine Angst, Kalaschnikow, wir sind gleich wieder
weg.« Wolf fasste den unrasierten Gert-Fröbe-Verschnitt schärfer ins Auge: »Du
weißt, was gerade

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