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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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hinterher.
    Etwa eine halbe Stunde später saßen sie alle zusammen mit Yumiko und Markus vor dem Restaurant der Mittelstation. Aus den Lautsprechern dröhnte laute Partymusik, in der es um Frisösen, Trinkgelage und Reime auf »Sticken« ging. Am Nebentisch wurden lautstark kleine Likörfläschchen gegen die Tischkante gehämmert und anschließend in einem Zug geleert, ein paar besonders gut gelaunte Wintersportler tanzten bereits mit ihren Skischuhen auf den Bänken.
    Doch nicht nur diese Atmosphäre schlug dem Kommissar auf den Magen: Auch die Preise hatten zu seiner Entscheidung beigetragen, sich mit der mitgebrachten Brotzeit zu begnügen. Während er an seinem völlig zermatschten Käsebrot mümmelte, beschwerte sich der Doktor immer noch über den skandalösen Zustand der Liftspuren.
    Als sie ihre Pause beendeten, hatte Kluftinger nicht einmal ein halbes Brot geschafft. Neidisch hatte er auf die Teller der anderen geblickt, aber seine anfänglich so lautstark geäußerte Ablehnung gegen diese Art von »Nepp« hatte ein späteres Nachgeben verhindert. Eigentlich liebte er Germknödel, wie Yumiko einen aß, und Annegrets Apfelstrudel mit Vanillesauce sah ebenso verlockend aus wie Erikas Gulaschsuppe. Und für Markus’ Currywurst mit Pommes wäre er gestorben! Hungrig stand er mit den anderen auf und erstarrte, als der Doktor tönte: »Vielen Dank für Speis’ und Trank!«
    »Das ist doch selbstverständlich«, erwiderte Erika. »Schließlich fahren wir heute umsonst.«
    Kluftingers Kiefer klappte nach unten. In seinem Magen gähnte ein großes Loch, das er wegen der horrenden Preise in Kauf nahm, und nun hatte seine Frau alle eingeladen? Während die anderen gut gelaunt dem Ausgang zustrebten, versuchte er schnell im Kopf durchzurechnen, wie teuer ihm die Gutscheine seines Kollegen damit gekommen waren. Und schob sich schnell noch die halbe Breze gierig in den Mund, die der Doktor von seinem Fitnesssalat übrig gelassen hatte.
    Yumiko und Markus begaben sich sofort wieder auf die Piste, während die Frauen sich Liegestühle besorgen und etwas entspannen wollten. Kluftinger war zwar auch ziemlich gerädert, aber daran, sich den Frauen anzuschließen, war überhaupt nicht zu denken: Er musste wie der Teufel fahren, um doch noch den maximalen Nutzen aus der Freikarte herauszuholen. Zufrieden registrierte er, dass der Doktor es den Frauen gleichtun wollte.
    »Ja, ist recht, die Frauen sollen es sich nur schön gemütlich machen«, sagte Kluftinger in provozierendem Tonfall, was dummerweise Langhammers Ehrgeiz weckte: »Warten Sie, ich komme doch mit, mein Lieber«, rief er dem Kommissar hinterher.
    Ihr Sessellift fuhr genau über das Restaurant der Mittelstation. Als sie den Platz mit den Liegestühlen passierten, drehte sich Langhammer um und schrie hinunter: »Huhu, hier oben. Seht ihr uns?« Zum Kommissar gewandt sagte er: »Kommen Sie, rufen Sie auch mal mit: Haaaallo! Hier sind wir.«
    Weil der Doktor dabei unruhig hin und her rutschte, geriet der Sessel so sehr ins Schwanken, dass es dem Kommissar ganz anders wurde. Außerdem war es ihm schrecklich peinlich; alle, ob im Lift oder auf der Piste, schienen sie anzustarren. Und nun zog der Doktor auch noch die Handschuhe aus, holte sein Handy aus der Tasche und rief seine Frau an, ohne dabei sein hysterisches Winken zu unterbrechen. Da keimte noch einmal die Wut im Kommissar auf und er tat etwas, was er sich später selbst als völlig infantile Tat anrechnen würde: Er versetzte Langhammers Handschuhen einen kleinen Stoß, so dass diese wie zwei schwarze Vögel langsam nach unten segelten.
    Langhammer, der sich noch immer über die Rückenlehne gebeugt hatte, sagte über die Schulter: »Gucken Sie mal, Herr Kluftinger, da fliegen zwei …« Dann verstummte er, drehte sich ruckartig um, suchte mit seinen Blicken panisch die Sitzfläche ab und fragte mit brüchiger Stimme: »Haben Sie meine Handschuhe gesehen?«
    Kluftinger suchte nun ebenfalls, zuckte mit den Schultern, sah nach unten und fragte: »Die vielleicht?«
    Sie fanden die Handschuhe an diesem Tag nicht wieder. Langhammers traten deswegen ihren Heimweg früher an als geplant. Dem Doktor taten die Finger vor Kälte weh.
    »So, Freikarten genossen?« Maiers Ton war bitter. So bitter, wie ihn Kluftinger nur selten gehört hatte. Er stand in der Tür des großen Konferenzraums, in dem gleich die so genannte »Große Morgenlage« am Montag stattfinden würde.
    »Da hast du nix verpasst, Richard! Brauchst dir

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