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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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geleistet, die an Kluftingers altem Modell fehlten. Er hatte sie sich einfach so in die Tasche gesteckt. Jetzt tat sich gar nichts. Annegret hatte die Schranke bereits passiert und der Doktor stand nun neben ihm.
    »Sie müssen den Chip ganz nah an den Empfänger halten!« Langhammer hatte zu seinem belehrenden Tonfall zurückgefunden.
    Kluftinger schob seinen Unterleib vor und ließ ihn vor dem Gerät kreisen. Als sich noch immer nichts rührte, lehnte er sich noch weiter nach vorn und stützte sich dabei an dem Gerät ab.
    »Aber, aber, mein Guter. Das ist doch keine Frau. Erika, ich glaube, dein Mann braucht mal wieder ein paar Streicheleinheiten«, tönte der Doktor, so dass es nicht nur die beiden Frauen, sondern auch die Umstehenden hören konnten. Johlendes Gelächter machte sich breit und Kluftingers Gesicht verfärbte sich vor Zorn und Scham tiefrot. Um nicht weiter zur Belustigung der anderen beizutragen, nahm er die Karte schließlich aus der Tasche und hielt sie einfach so vor das Gerät.
    Während der gesamten Liftfahrt schwieg er Erika an und schmiedete Rachepläne. Bei der folgenden Abfahrt fasste er seinen Entschluss. Er hatte die kleine Kuppe hinter dem Doktor gesehen und steuerte genau darauf zu. Langhammer gab ihm mit dem Stock noch hektische Zeichen, die er jedoch ignorierte.
    Dann schwang er sich über den kleinen Hügel, hob ab, ruderte mit den Armen in der Luft, um auszusehen, als versuche er, einen Sturz abzuwenden, und landete schließlich nur wenige Meter vor dem Doktor. Der hatte die Augen weit aufgerissen und duckte sich bereits, als Kluftinger die Kanten in den Boden schlug und Langhammer in einer weiße Wolke aus Schneestaub verschwand. Als sich der Nebel lichtete, blickten sie sich kurz in die Augen, dann kippte der Arzt ganz langsam zur Seite und fiel um.
    Sofort entschuldigte sich Kluftinger: »Mei, Herr Langhammer, das tut mir jetzt fei leid. Ich hab den Hügel gar nicht gesehen, das hätten Sie mir aber schon zurufen müssen, das hätte ja bös ins Auge gehen können.« Mit solchen Sprüchen kämpfte Kluftinger gegen einen aufkeimenden Lachanfall, während der Doktor strampelnd auf dem Rücken lag und in seinem dunkelblauen Daunenanorak aussah wie eine Schildkröte, die nicht mehr auf die Beine kommt. Immer wieder rutschte er beim Aufstehen nach hinten weg.
    »Das ist schon ein Teufelskerl, dieser Präparator«, hörte Kluftinger ihn keuchen. »Der macht mir die Ski immer so glatt, dass man kaum drauf stehen kann. Ein echter Geheimtipp, kann ich Ihnen gerne die Adresse geben.«
    »Nein, danke. Irgendeiner muss ja stehen bleiben.« Mit diesen Worten streckte er dem Arzt seinen Skistock hin, den der nur widerwillig ergriff.
    Die restlichen Fahrten liefen alle nach ähnlichem Muster ab: Kluftinger fuhr voraus und wenn der Doktor leicht außer Atem ankam, stieß er sich mit Worten wie »Pack mer’s wieder!« ab, so dass dem Arzt keine Pausen mehr vergönnt waren. Am Lift zählte Kluftinger dann schon immer frühzeitig die Skifahrer durch, um sicherzustellen, dass er auf keinen Fall neben Langhammer landen würde. Nun gesellte sich aber Erika zu Annegret und der Doktor stand plötzlich direkt neben Kluftinger in der Schlange. Ehe er sich versah, wurde ihnen von einem mürrischen Liftwärter ein Bügel an den Hintern geschoben. Das heißt: Langhammer hatte ihn am Gesäß. Da er aber um einiges größer war als der Kommissar, spürte der den Bügel schmerzhaft im Kreuz. Doch nicht nur deswegen befand er sich in einer äußerst unbequemen Haltung: Dank seiner voluminösen Daunenjacke beanspruchte der Doktor etwa zwei Drittel ihres gemeinsamen Platzes.
    Als sie dann auch noch aus der Spur fuhren, weil Kluftinger sich schnauzen musste und Langhammer ihn bat, doch auf die korrekte Linie zu achten, war das Maß voll: Kluftinger wartete auf eine günstige Gelegenheit, die er an einer steilen Stelle mit Eisplatten fand. Als sie einen besonders unebenen Punkt erreicht hatten, schaukelte Kluftinger etwas mit den Hüften, drehte seinen Oberkörper ganz leicht nach rechts und zog mit einer kaum merklichen Bewegung den Bügel mit sich. Dann sah er nach links, rief »Vorsicht!«, lehnte sich noch etwas weiter nach außen – und der Doktor stand plötzlich ohne Bügel auf der Liftspur. Der wusste gar nicht, wie ihm geschah, sah den Kommissar mit großen Augen an, ruderte mit den Armen und rutschte rückwärts die steile Liftspur hinunter. »Ich hab doch gesagt: Vorsicht!«, rief Kluftinger ihm

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