Seegrund
sich. Fast wie früher seine Mutter verließ sie mit den Worten »Wenn Sie was brauchen, rufen Sie einfach!« den Raum. Das Grinsen, das sie den anderen drei Kommissaren dabei zuwarf, bemerkte er nicht.
»So, was gibt’s denn heute Morgen?«, fragte Kluftinger in die Runde.
»Wir wollten doch in der Uni München anrufen, wegen dem Forscherteam«, antwortete Maier.
»Uni, ach ja, genau.« Kluftinger nahm den Hörer, überlegte dann kurz und streckte ihn von sich weg. »Bitte, das muss jemand anders machen. Meine Stimme …«
Die anderen zögerten etwas zu lange, als dass Kluftinger nicht bemerkt hätte, dass sie seine Aufforderung überzogen fanden. Bevor er darauf reagieren konnte, nahm Friedel Marx, die von den Kollegen vorher über den aktuellen Stand informiert worden war, den Hörer und wählte die Münchener Nummer. Kluftinger stellte den Lautsprecher des Telefons an und alle lauschten gespannt.
»Technische Universität München, Naturwissenschaftliche Fakultät?«
»Grüß Gott, hier spricht Friedel Marx von der Kripo Füssen.«
Kluftinger räusperte sich.
»… und Kempten«, ergänzte die Beamtin. »Könnten Sie mich wohl mit Herrn Guthknecht verbinden?«
»Professor Florian Guthknecht, Lehrstuhl für Mikrobiologie oder Hausmeister Erwin Guthknecht von der Mensa?«
»Den Professor, bitte!«
»Natürlich, einen Augenblick, Herr Marx, ich verbinde.«
Als die Dame am anderen Ende der Leitung »Herr Marx« sagte, riss es die Kommissare regelrecht. Unsicher sahen sie zur Kollegin, ob diese die Verwechslung mit Humor nehmen würde. Nur über Kluftingers Gesicht huschte das erste Mal an diesem Tag ein Lächeln.
»Frau …«, beeilte sie sich, nachzuschieben, doch da zeigte ein Knacken in der Leitung an, dass ihre Gesprächspartnerin sie bereits weitergeleitet hatte. Marx zuckte mit den Schultern und lauschte der Musik, die in der Warteschleife gespielt wurde, eine Hammondorgelversion des Lieds »Guantanamera«.
»Lehrstuhl für Mikrobiologie, Griesser hier.«
»Marx, Kripo … Kempten, grüß Gott. Der Herr Professor Guthknecht …«
»… ist leider nicht da. Er hat ein Forschungssemester und ist viel unterwegs.«
»Hm, ach so, wie kann ich ihn denn erreichen?«
»Gar nicht, fürchte ich, er ist gerade auf dem Weg nach Füssen, wo er …«
»Füssen?«
»Ja, dort führt Professor Guthknecht zurzeit eine Versuchsreihe an einem See durch.«
»Sehr gut. Wissen Sie auch, wann er dort eintreffen wird?«
»Also, genau kann ich es nicht sagen, er ist seit etwa einer halben Stunde unterwegs.«
»Vielen Dank.«
»Gerne, Herr Marx.«
Die männlichen Beamten bissen sich auf die Lippen, um nicht lachen zu müssen.
»Dann haben wir ja noch etwas Zeit, um alles Weitere zu besprechen«, ergriff Kluftinger das Wort.
Die anderen sahen sich ratlos an.
»Wie … meinst du jetzt ›alles Weitere‹?«, fragte Maier zaghaft.
»Na, es wird doch irgendwas zu besprechen geben?«
In die darauf entstandene Stille öffnete sich die Tür und Lodenbacher trat ein. Er grüßte mit einem Kopfnicken und sogleich ergoss sich ein Redeschwall über die Beamten, in dem es darum ging, dass er es »ned durchgeh lossn’n« werde, dass sie dem Steuerzahler noch lange kostbare Zeit stehlen würden, man müsse nun endlich zu Ergebnissen kommen oder der Fall werde einer anderen Abteilung übergeben, damit sie sich wieder um wirklich wichtige Dinge kümmern könnten. Er gebe ihnen noch einen Tag Zeit, dann sei Schluss. »Bloß weil oaner ned gscheit schwimma ko, müassn mir ned unsere bestn Leit do hischicka.« Mit diesen Worten verließ er das Zimmer.
Es setzte die übliche Stille nach einem Auftritt Lodenbachers ein, wobei sich diesmal in die Gesichter der Beamten auch ein ungläubiges Staunen mischte.
»Hab ich das jetzt richtig gehört?«, wollte Hefele wissen und schüttelte zweifelnd den Kopf.
»Ich hab’s auch gehört«, erwiderte Strobl und auch Maier nickte.
»Unsere bestn Leit«, wiederholte Hefele in Lodenbachers Tonfall und schnalzte mit der Zunge.
»Also, ich finde, er hat irgendwie Recht«, sagte Maier.
»Natürlich hat er Recht, aber dass er es jetzt doch einmal erkannt hat …«, grinste Strobl.
»Nein, nein, ich mein, mit der Zeitverschwendung. Ich finde, wir machen wirklich ein bisschen viel Wirbel um diese ganze Geschichte.«
Jetzt mischte sich auch Kluftinger in das Gespräch ein. Er hatte nach Lodenbachers Abgang auch überlegt, ob er sich vielleicht zu sehr in die Sache verbissen hatte. »Jetzt
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