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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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verschluckt und wenn ich jetzt gleich ins Bett geh, bin ich morgen wieder …«
    »Er ist doch schon draußen, er kann dich gar nicht mehr hören«, schnitt Erika ihm das Wort ab.
    In Kluftingers betretenes Schweigen brach kurz darauf eine Lawine von gut gemeinten, besorgt klingenden Ratschlägen aller Anwesenden: Seine Frau mahnte ihn, dass eine verschleppte Erkältung »aufs Herz gehen« könne, sein Sohn tadelte ihn, sich nicht wie ein »Weichei« zu gebärden, Annegret stimmte Erika zu und sogar Yumiko meinte, es sei doch nichts dabei.
    Als Langhammer zurückgekehrt war, seine Arzttasche breit grinsend wie das Zeichen seines vermeintlich hohen gesellschaftlichen Standes vor seinem Körper haltend, stimmte er ebenfalls in den Chor mit ein. Er wolle nichts behaupten, aber seine Diagnostik wie seine Anamnese seien bei Kollegen berühmt und einmal sei er sogar bereits für eine Radiosprechstunde im Lokalsender ausgewählt worden. Er sei niemand, der sich aufdränge, aber wenn er sich nicht verhört habe, habe er da ein gefährliches Rasseln im Husten des Kommissars vernommen. Kluftinger hielt mit allen ihm noch zur Verfügung stehenden Kräften dagegen.
    In das Stimmengewirr hinein knallte auf einmal Erika ihre Hand auf die Tischplatte und rief: »Jetzt stell dich nicht so an, du Memme!«
    Es wurde still. Kluftinger hatte sich unter Erikas unerwartetem Ausbruch geduckt und sah sie von unten mit dem Blick eines erschreckten Welpen an.
    Doch ihr Gesichtsausdruck blieb hart und Kluftinger stellte schnell seine Gegenwehr ein. Mit hängenden Schultern verließ er das Wohnzimmer, was seine Frau als Zeichen seiner schlechten Verfassung deutete. Langhammer folgte ihm, vergnügt seine antiklederne Tasche schwenkend.
    »Gehen wir am besten ins Schlafzimmer«, schlug der Arzt vor.
    Das war nun wirklich der letzte Ort, in dem Kluftinger mit Langhammer allein sein wollte. »Nein, das tut’s hier schon auch«, wehrte er ab, öffnete die nächstbeste Tür und betrat das Bad.
    Naserümpfend sah sich der Doktor im Raum um und bemerkte dann: »Na, wird schon gehen. Setzen Sie sich doch bitte.« Kluftinger dachte kurz nach und entschied sich dann dafür, auf dem heruntergeklappten Toilettendeckel Platz zu nehmen, den Erika, passend zum grün-blau-gestreiften Bad-Teppich, wahlweise mit einem olivfarbenen oder einem dunkelblauen Überzug verzierte. Als er saß und der Doktor sich vor ihm aufrichtete, fühlte er sich erniedrigt. Normalerweise war er hier ganz allein.
    »So, Ihren Husten habe ich ja schon in seiner vollen Schönheit gehört, aber wo fehlt’s uns denn sonst noch?«
    Der Doktor ließ wirklich keine verachtenswürdige Angewohnheit aus. Dass es überhaupt noch Ärzte gab, die Patienten mit »wir« anredeten, hielt Kluftinger für einen anachronistischen Scherz. Dass Langhammer dies aber auch noch gegenüber einem Erwachsenen tat, der geistig voll auf der Höhe war, empfand er als geradezu beleidigend. So redete man mit Kindern, nicht mit Kriminalhauptkommissaren.
    »Na ja, sicher die klassischen rhinotypischen Beschwerden. Jetzt machen wir aber erst mal schön den Mund auf«, fuhr der Doktor ungerührt fort. Bei Kluftinger regten sich die ersten Gewaltphantasien.
    »Rhinotypisch?«, hakte er misstrauisch nach.
    »Rhinitis ist das, was medizinische Laien schlichtweg einen Schnupfen nennen.«
    Immerhin. Kluftinger hatte bereits befürchtet, der Doktor spiele mit »Rhino« auf seine Körperfülle an.
    Langhammer war ein wenig in die Hocke gegangen und hielt eine Taschenlampe und ein hölzernes Stäbchen wie kleine Waffen vor sein Gesicht. Sein Gegenüber schüttelte den Kopf.
    »Herr Kluftinger, ich bitte Sie, das tut doch nicht weh, da müssen Sie keine Angst haben.« Er redete mit dem Kommissar wie mit einem Kind. Kluftinger hatte das untrügliche Gefühl, dass sich der Arzt an seinem Elend weidete. Zaghaft öffnete er den Mund und ließ ein gequältes, krächzendes »Aaaaaaaaa« ertönen.
    »Jetzt blasen Sie mir mal nicht die ganze schlechte Luft hier herüber«, sagte der Doktor unter glucksendem Lachen. Kluftinger lief rot an. Das Brennen in seinem Hals schien sich über seinen ganzen Kopf auszubreiten. Er wollte gerade etwas sagen, da rammte der Doktor das Stäbchen bis zum Anschlag in seinen Rachen. Reflexartig begann Kluftinger zu würgen und Tränen schossen ihm in die Augen. Er fühlte das trockene Holz an seinem Zäpfchen. Er war sicher, dass der Doktor es ihm extra weit hineingeschoben hatte. In Gedanken sah er, wie

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