Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
Vom Netzwerk:
Foyer an der Balustrade lehnten und durch die riesigen verglasten Fenster auf das gegenüberliegende Ufer des Forggensees blickten, seufzten sie allesamt.
    »Schön, gell, Yumiko?«, stellte Erika mehr fest, als dass sie fragte. »Wie es so hell leuchtet!«
    Yumiko nickte nur. Sie schien von dem Anblick tatsächlich ergriffen.
    »Ja, ein Traum, da müsste man glatt mal hin, nachts«, stimmte Kluftinger zu.
    Erika schüttelte den Kopf: »Da ist doch nachts zu.«
    »Schmarrn. Was glaubst du, warum sie die beleuchten?«
    »Die?«
    »Na, die Piste halt.« Kluftinger zeigte auf die in gleißendes Licht getauchten Hänge der Tegelbergbahn.
    Markus und Yumiko grinsten, seine Frau atmete tief aus: »Das hätte ich mir ja denken können: Wir stehen hier und bewundern ein Märchenschloss und du denkst nur ans Skifahren.«
    Erst jetzt fiel dem Kommissar auf, dass auch das Schloss beleuchtet war, allerdings sehr viel schwächer als die Abfahrt. Das Schloss konnte man unter diesen Umständen schon mal übersehen, fand er. Unter Neuschwanstein sah man in gelblichem Licht die Umrisse von Hohenschwangau, dem kleinen, wie Kluftinger aber fand, schöneren Sommerschloss der Wittelsbacher.
    Missmutig nahm er einen Schluck aus seinem Sektglas – und verschluckte sich beinahe daran. Sein Blick wurde starr und er fixierte das untere Foyer.
    »Ist dir nicht gut?«, wollte seine Frau besorgt wissen.
    »Hast du was,Vatter?«, fragte auch Markus.
    Doch Kluftinger rührte sich nicht. War er blind gewesen? Zwei Stunden war er unten durch die Halle gewandert und es war ihm nichts aufgefallen. Doch jetzt lag es so klar und deutlich vor ihm, dass er anfing, an seinen Sinnen zu zweifeln. In der Mitte der Empfangshalle stand ein Brunnen, um diesen war mit marmornen Platten ein Kreis gelegt. Wie Strahlen führten drei Reihen Marmorplatten von diesem Kreis weg, um dann einen Knick zu machen. Vor ihm, daran gab es keinen Zweifel, lag das Zeichen, das der junge Mann mit der roten Flüssigkeit in den Schnee am Alatsee gemalt hatte.
    »Vatter? Geht’s dir nicht gut?«
    »Das … das Zeichen …«, war alles, was Kluftinger hervorbrachte.
    »Was ist damit?« Markus sah es sich an. Dann weiteten sich auch seine Augen. »Sag bloß, das ist …«
    »Genau.«
    Sie schwiegen und starrten hinunter ins Foyer.
    »Was ist denn los?«, wollte nun auch Erika wissen.
    Kluftinger schüttelte den Kopf.
    Markus grinste. »Du bist mir ja ein Polizist. Das ist doch hier überall.« Mit einer ausladenden Handbewegung deutete er in den Raum.
    Kluftingers Kiefer klappte herunter:Tatsächlich, überall, in die Treppengeländer, in die verschnörkelten Türgriffe, in die Stuhllehnen war das Zeichen wie ein Ornament eingearbeitet. Wie hatte er das nur übersehen können?
    »Was bedeutet das?«, wollte Markus wissen.
    Der Kommissar zuckte die Schultern: »Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es Zufall.« Doch daran mochte er selbst nicht glauben.
    Es fiel ihm schwer, sich nach der Pause noch auf die Aufführung zu konzentrieren. Sogar auf der Bühne sah er ab und zu das Symbol auf Kostümen und Kulissen. Und als dann noch der König von den »Zwergen überm See« sang und der »Suche nach dem heiligen Gral in Füssen«, da war Kluftinger mit seinen Gedanken schon weit weg, plante den nächsten Tag, überlegte, wie das alles zusammenhängen könnte und wen er deswegen anrufen würde.
    Erst gegen Schluss der Inszenierung, als er sich das Hirn lange genug zermartert hatte und sich erschöpft zurücklehnte, nahm ihn das Stück noch einmal gefangen. Und als Ludwig II. einsam nach draußen ging, Schüsse fielen und der Chor mit den Worten »Unser König ist nicht tot« zum großen Finale anhob, da wusste er selbst nicht, wie ihm geschah: Ein Träne kullerte ihm über die Wange. Im selben Moment ging das Licht an und die Schauspieler verbeugten sich. Blitzschnell wischte sich Kluftinger die Träne aus dem Gesicht. Es war ihm furchtbar peinlich, dass er sich so hatte gehen lassen. Er schob dies auf seine Übermüdung und den Schnupfen, der ihn seit Tagen plagte.
    »Hast du was?«, fragte Erika.
    Vor der kann man aber auch gar nichts verheimlichen, fluchte Kluftinger innerlich. »Nein, nix. Ich hab mir nur grad gedacht, das waren schon ein paar Vorhänge zu viel. So betteln sie in Altusried auch immer um Applaus: Wenn das Klatschen abebbt, dann schickt man alle noch mal raus. Provinziell so was!«
    »Weinst du?«, ließ Erika aber nicht locker.
    Jetzt bekam er einen roten Kopf: »Weinen?

Weitere Kostenlose Bücher