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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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waren.
    Die beiden Kriminaler hatten zunächst gar nicht wahrgenommen, dass an der gegenüberliegenden Wand des Raumes, an die futuristisch wirkende Küchenzeile aus Aluminium und Glas gelehnt, eine Frau mit kurzen, grauen Haaren stand. Sie trug einen Bademantel, der Ähnlichkeit mit Erikas zukünftigem Modell hatte. Der Kommissar dachte daran, wie die Frau wohl frieren musste, hier in dieser Halle, im Morgenmantel.
    »Grüß Gott«, brüllte Kluftinger. Erschrocken zuckte die ältere Dame zusammen und antwortete, allerdings in Zimmerlautstärke: »Bitte, kommen Sie näher! Aber ziehen Sie Ihre Schuhe aus, das Salz ist Gift für den Zebrano-Boden. Keine Sorge, wir haben Fußbodenheizung.«
    Friedel Marx und Kluftinger sahen sich an und dann auf den Boden. Dort, wo sie standen, war nur grau gestrichener Estrichboden, weiter hinten aber erkannten sie tatsächlich Schwarz-weiß gemustertes Holzparkett.
    »Wenn Sie möchten, können Sie ablegen«, schob die Frau nach, als sie Marx und Kluftinger mit Mänteln auf sich zukommen sah. »Glauben Sie mir, es ist geheizt hier! Nehmen Sie auf der Couch Platz, ich gehe mich kurz anziehen«, fügte sie an und verschwand in einem kleinen Gang rechts von der Küche.
    »Reizende Fabrikhalle, was?«, brummte Friedel Marx, nachdem sie und Kluftinger sich in der Sitzlandschaft platziert hatten, die gar nicht so unbequem war, wie sie aussah.
    »Mhm.«
    »Schauen Sie, Herr Kluftinger, das … Kunstwerk – das hätte meine Großnichte mit drei Jahren auch hingebracht«, fügte die Beamtin an, ihren Blick auf ein riesiges Tableau gerichtet, das über ihnen an der Decke hing. Auf dem schwarzen Grund waren von der unteren rechten zur oberen linken Ecke weinrote Fußabdrücke zu sehen.
    »Ich sag Ihnen eins – und das ist noch bezeichnender: Das könnte sogar ich!«
    Seine Kollegin antwortete mit einem kehligen, fauchenden Lachen.
    »So, meine Dame, mein Herr, ich muss mich entschuldigen. Wagner, was kann ich für Sie tun?« Die Frau war unbemerkt neben sie getreten und Kluftinger hoffte, dass sie von ihren Kommentaren über ihre Einrichtung nichts mitbekommen hatte.
    »Meine Kollegin, Frau Marx. Mein Name ist Kluftinger. Kripo Kempten und Füssen, wie gesagt. Sie wundern sich sicher, warum wir Sie behelligen.«
    »Gibt es wieder einen Selbstmord von der Illerbrücke? Das wenn ich früher gewusst hätte … Das schränkt die Lebensqualität ein, wissen Sie.«
    Kluftinger und Marx sahen sich verwundert an.
    »Ich weiß nicht, worauf Sie anspielen, Frau Wagner.«
    »Sind Sie nicht da, um uns zu befragen, ob wir einen Selbstmörder gesehen haben? Das war in den letzten zwei Jahren bereits zwei Mal der Fall. Wir haben hier ja unsere eigene Brücke. Wenn man dort ins Wasser geht, kommt man unweigerlich in die großen Turbinen, die das Elektrizitätswerk hier auf dem Gelände unterhält. Es geht nicht darum?«
    Kluftinger war irritiert. Brachte man seinen Beruf denn nur noch mit Toten in Verbindung? Dabei ging es in diesem Fall ja nicht einmal um Mord.
    »Nein, Frau Wagner. Es geht lediglich um eine Auskunft, die wir von Ihrem Mann bräuchten. Ist der denn da?«, fragte Friedel Marx.
    »Nein, der ist gerade bei der Krankengymnastik. Sein Rücken. Er müsste aber jeden Moment hier sein.«
    Kluftinger fiel auf, dass Frau Wagners Stimme nicht zu ihr passte. Trotz ihrer guten Figur und ihres vitalen Aussehens musste die Frau gut und gerne Mitte sechzig sein. Ihre Stimme aber klang wesentlich jünger.
    »Sie waren schon mehrmals in der Zeitung, nicht wahr, Herr Kluftinger? Ich habe Sie auch schon mal im dritten Programm gesehen, als Sie diese mysteriösen Sagenmorde aufgeklärt hatten.«
    »Ja, das kann schon sein«, versetzte Kluftinger leise und senkte dabei verlegen den Kopf. Er legte keinen besonderen Wert auf solche Publizität. Seiner Meinung nach erschwerte es seine Arbeit nur unnötig, wenn er von jedem auf Anhieb erkannt wurde.
    »Und Sie, Frau Marx … auch Sie kommen mir bekannt vor«, wandte sich Frau Wagner nun an Kluftingers Kollegin. »Lassen Sie mich überlegen … warten Sie … ich hab’s: ›Entdecken Sie Ihre Weiblichkeit‹, Sommerakademie letztes Jahr in Pfronten, nicht wahr?«
    Kluftinger konnte nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken.
    »Sehen Sie, ich vergesse Leute, die ich einmal gesehen habe, kaum mehr!«, brüstete sich die Wagner. »Ich wäre bestimmt auch eine gute Polizistin geworden.«
    Als Kluftinger das hörte, kam ihm eine Idee. Er langte eilends in seine Tasche und

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