Seehaie
nicht mehr aufhalten. Der Anwalt nahm
Maywaldts offensichtliche Niederlage zum Anlass, mit einem hastig hingeworfenen
»Sie hören noch von mir, meine Herren« den Raum zu verlassen – ein wahrhaft
trauriger Abgang für einen, der es gewohnt war, den Saal als Sieger zu
verlassen.
»Ludger, lass die Herren Maywaldt und Starek bitte
abführen.«
»Ja, und wir sollten endlich
Patzlaff einen Besuch abstatten«, meinte Marsberg aufgekratzt. »Was hältst du
davon, Leo?«
»Auf geht’s. Der wird sich nicht mehr einkriegen vor
Freude … oder vielleicht auch nicht! Schau’n wir mal.«
31
»Hallo, Frau Bender! Ist der Chef da?« Die
beiden Hauptkommissare, Wolf voraus, stürmten durch Patzlaffs Vorzimmer. Dabei
winkten sie seiner Sekretärin freundlich zu und waren bereits im Begriff, an
die Tür zum Chefbüro zu klopfen, als eine Bemerkung von Hannelore Bender sie
innehalten ließ.
»Falls Sie Herrn Patzlaff meinen: nein. Aber gehen Sie ruhig rein. Der Chef ist
da.«
Was sollte diese kryptische Bemerkung? Na, egal, das
konnten sie später klären. Viel gespannter war Wolf jetzt auf Patzlaffs Gesicht,
wenn sie ihm den erfolgreichen Abschluss ihres Falles unter die Nase rieben.
Auf ihr Klopfen ertönte ein fröhliches »Herein«. Wolf
öffnete ahnungslos die Tür – und prallte überrascht zurück. Hatte ihn eine
Halluzination genarrt?
Hinter Patzlaffs Schreibtisch saß niemand anderes als
sein Freund Ernst Sommer, Patzlaffs Vorgänger, seit zwei Jahren offiziell
pensioniert, in Wahrheit jedoch Sonderbeauftragter des LKA !
»Duuu … hier?«, entfuhr es Wolf.
»Und wo ist der kleine Kriminalrat mit dem großen
Geltungsbedürfnis?«, setzte der nachdrängende Marsberg hinzu.
»Kommt erst mal rein. Und macht den Mund zu.« Sommer
weidete sich an der Überraschung seiner Besucher. Er reichte beiden die Hand.
»Frau Bender, können die Herren auf diesen Schreck hin einen Kaffee bekommen?«
»Aber gerne. Das ist ja wohl das Mindeste, was sich
Ihre Kollegen nach dieser Überraschung verdient haben, Herr Kriminalrat.«
Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, konnte Wolf nicht mehr an
sich halten. Er stellte die Frage, die ihm und Marsberg auf der Seele brannte.
»Was ist mit Patzlaff?«
Sommers Gesichtsausdruck wurde wieder ernst.
»Kriminalrat Patzlaff ist mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Punkt.
Und so, wie’s aussieht, wird er aus dem Polizeidienst ausscheiden,
Ausrufezeichen. Ich vertrete ihn kommissarisch, bis ein Nachfolger bestimmt
ist.«
Frau Bender brachte den Kaffee.
»Ausscheiden? Was ist passiert? Erzähl!«
»Gemach, Leo, da muss ich schon ein bisschen weiter
ausholen.« Er sammelte sich kurz. »Ihr wisst, dass Deutschland im Ranking der
Bananenrepubliken inzwischen Rang achtzehn einnimmt. Deshalb rückt die
Bekämpfung der Korruption auch für das LKA immer
stärker in den Vordergrund. Durch einen Zufall stießen wir während einer
verdeckten Ermittlung auf Maywaldts Giftmüllgeschäfte, kamen aber nie richtig
voran. Irgendwann kam dann der Verdacht auf, Maywaldt habe einen Zuträger im LKA . Es waren einfach zu viele Aktionen in die Hosen
gegangen: Verdächtige wurden rechtzeitig gewarnt, Unterlagen waren spurlos
verschwunden und so weiter, ihr kennt das ja. Ehe das LKA den Fall übernehmen konnte, hattest du, Leo, mich mit deinen dunklen Hinweisen
auf Patzlaff und später auch auf Maywaldt aufmerksam gemacht. Von da an haben
wir voll auf dich gesetzt – mit Erfolg, wie man sieht!«
»So war das also – ich hing die ganze Zeit an deiner
langen Leine. Verstehe!« Wolf war zugegebenermaßen ein klein bisschen
verärgert.
Sommer grinste, ohne auf Wolfs Einwurf einzugehen.
»Gestern stellten wir dann Patzlaff eine Falle: Per vertraulichem Schreiben
informierten wir ihn darüber, dass Nachforschungen über gewisse Schadstoffe auf
dem MERAG -Gelände unmittelbar bevorstünden.
Prompt tappte Patzlaff hinein: Er hatte nichts Eiligeres zu tun, als umgehend
Maywaldt anzurufen – nicht ahnend, dass wir sein Telefon überwachten. Bis dahin
allerdings war es ein weiter Weg. Zwar hatten wir schon seit Wochen den
Verdacht, es müsse in unseren Reihen einen Maulwurf geben, mehr aber auch
nicht. Deine Aversionen gegen Patzlaff, Leo, deine Zweifel an ihm und das
merkwürdige Verhalten des Mannes im Verlauf eurer Ermittlungen haben es
schließlich zur Gewissheit werden lassen: Nur er konnte Maywaldts Mann hier vor
Ort sein; nur so ließ sich zum Beispiel auch die völlig
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