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Seehaie

Seehaie

Titel: Seehaie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Befragung.
    »Konnt ich nicht bleiben, hat mich dort alles an Stani
erinnert, verstehen Sie.«
    »Ja, kann ich verstehen. Nur – so ein Umzug kostet
Geld, dazu noch die Ausgaben für Sie persönlich, Friseur, Kleidung und so
weiter, da kommt einiges zusammen. Noch vor zwei Tagen haben Sie uns gesagt,
Ihr Mann habe vermutlich wegen Geldsorgen den Freitod gewählt. Heute,
achtundvierzig Stunden später, haben wir den Eindruck, Sie schwimmen im Geld.
Das müssen Sie uns erklären.«
    »Ist es verboten in Deutschland, Geld zu haben?«
    »Nur, wenn es unrechtmäßig erworben wurde«, übernahm
jetzt Jo. »Frau Ploc, Sie machen sich verdächtig, wenn Sie die Herkunft des
Geldes nicht erklären können. Wir wären gezwungen, weiter nachzuforschen, und
glauben Sie mir, wir kriegen ganz schnell raus, wenn da etwas nicht stimmt.«
    Je länger Jo redete, desto mehr verhärteten sich die Züge
der Polin. In ihrer Ausweglosigkeit presste sie die Lippen zusammen und starrte
unverwandt in eine Ecke. Kein Zweifel, sie saß in der Klemme, und sie wusste
es.
    »Stani hat Bruder in Amerika, der hat Geld geschickt«,
sagte sie schließlich, ohne die Augen zu heben.
    Und sosehr Wolf und Jo sich auch bemühten, mehr war
nicht aus ihr herauszuholen.
    »Sie lügt wie gedruckt«, entfuhr es Jo, als sie wieder
unten im Wagen saßen.
    »Mag sein, doch unser Problem liegt ganz woanders: Wir
müssen herausfinden, wer diese Frau so schnell aus der Schusslinie genommen hat – und vor allen Dingen, warum !« Unvermittelt begann
er zu grinsen: »Übrigens ist uns die Winter vom ›Seekurier‹ schon lange nicht
mehr über den Weg gelaufen.«
    »Stimmt! Aber Entzugserscheinungen hab ich deswegen
keine.«
    »Ich frage mich: Ist das ein gutes oder ein schlechtes
Zeichen?«
    Während Jo den Wagen startete und in Richtung
Überlingen lenkte, versuchte Wolf mehrfach, Kalfass über Funk oder über dessen
Handy zu erreichen. Vergebens. Sogar die Sprachbox war ausgeschaltet.
    ***
    »Nach
Aussage des Notarztes war der Mann sofort tot. Etwas anderes hätte mich auch
gewundert – ein Angina-Pectoris-Anfall mitten auf dem See, und dann das
Nitrospray leer …«
    »Was ich nicht verstehe, ist: Wie konnte der Mann so
nachlässig mit seinem lebensrettenden Medikament umgehen?«
    »Das haben wir uns auch gefragt. Keine Ahnung. Der
Tote hat auf dem Bau gearbeitet. Ein äußerst anstrengender Job, dazu bei Wind
und Wetter draußen, da kann man sich schon einen Herzfehler holen. Er saß
übrigens in seinem eigenen Wagen, einem älteren Japaner.«
    »Wer hat ihn gefunden?«
    »Ein Fährangestellter. Das Hupkonzert der hinter dem
Wagen stehenden Fahrzeuge hat ihn angelockt. War anschließend ziemlich fertig,
der Mann.«
    Kalfass stand mit Polizeiobermeister Meerkatz auf dem
Fahrzeugdeck der Fähre »Konstanz« und ließ sich die bisherigen
Ermittlungsergebnisse im Fall des tot aufgefundenen Kroaten erläutern.
    »Du glaubst also, dass es sich um einen natürlichen
Todesfall handelt?«, vergewisserte sich Kalfass.
    »Aber sicher, da bin ich mir mit den Kollegen und dem
Notarzt einig«, gab Meerkatz zurück.
    »Gut. Würdest du trotzdem dafür sorgen, dass der
Leichnam zur gerichtsmedizinischen Untersuchung nach Überlingen überführt wird,
nur um jeden Verdacht auszuräumen.«
    »Machen wir.«
    Kalfass zeigte sich mit dem Gesprächsverlauf zufrieden – er hatte es ja gleich gewusst. Sollte er Wolf kurz Bericht erstatten? Wäre
sicher nicht verkehrt! Er nahm sein Handy und drückte die Kurzwahltaste. Nichts
tat sich. Ahnungsvoll sah er auf das Display. Verdammt, der Akku war leer.
Ausgerechnet jetzt! Wolf würde ihn zur Schnecke machen. Aber da half alles
nichts, er war und blieb von seiner Dienststelle abgeschnitten, zumindest für
die nächste Stunde. Wenn er Glück hatte, bemerkten die Kollegen seinen Lapsus
nicht – so wie Meerkatz, der sich währenddessen auf die Reling gestützt hatte
und der näher kommenden Hafeneinfahrt entgegensah.
    In
Konstanz ging Meerkatz von Bord. Kalfass, der keineswegs vorhatte, des leeren
Akkus wegen Trübsal zu blasen, beschloss, die Rückfahrt nach Meersburg auf dem
Aussichtsdeck zu genießen. Nach der diesigen Hochdruckwetterlage der letzten
Tage war die Sicht heute ungewöhnlich klar. Im Süden sah er die Vorgebirge des
Appenzeller Landes mit den Gipfeln der Säntisgruppe, dahinter stand wie
hingemeißelt die grandiose Mauer der schneebedeckten Schweizer Viertausender.
Im Norden schmiegte sich das malerische Meersburg ans

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