Seehaie
hundertprozentig in Anspruch. Irgendwie …« Wolf brach
ab und griff zu seinem Glas.
»Irgendwie was? Hör ich da eine gewisse Resignation?«
»Du hörst richtig. Eine völlig unklare Sachlage,
speziell, was die Hauptfigur Hohmann angeht. Gestern noch Unschuldslamm, wenn
nicht gar Opfer, heute wieder Hauptverdächtiger, vielleicht sogar Täter … und
morgen?«
»Tja, da musst du durch, Leo.«
Wolf sah Sommer scharf an: »Verschweigst du mir
etwas?«
Anstatt Wolfs Frage zu beantworten, ließ Sommer seine
Augen durch den gemütlich eingerichteten Gastraum schweifen, der um diese Zeit
gut besucht war. Dann legte er sein Besteck aus der Hand und antwortete ruhig:
»Sagen wir mal so: Niemand ist der, der er zu sein scheint.«
»Ließe sich das eventuell auch weniger kryptisch
ausdrücken?«
Sommer lehnte sich zurück, verschränkte die Hände vor
dem Bauch und blickte seinen Freund eindringlich an, ehe er antwortete:
»Konzentriere dich nicht nur auf Hohmann! Mehr kann, mehr darf ich dir nicht sagen.«
12
Die morgendliche Redaktionskonferenz war
beendet, und die Teilnehmer verließen in kleinen Grüppchen den Tagungsraum.
Matuschek und Karin Winter blieben zurück. Der Chefredakteur hatte »kawi« – mit
diesem Kürzel zeichnete die Journalistin ihre Artikel – zu einer kurzen
vertraulichen Unterredung gebeten, die er nicht im Großraumbüro führen wollte,
wo es zu viele offene Ohren gab.
»Was ist los? Du guckst so grimmig«, begann Karin
Winter.
»Ich hab ‘ne Mordswut im Bauch. In aller Frühe habe
ich erfahren, dass Qualles Werkstatt heute Nacht abgefackelt wurde. Zwar war
die Feuerwehr rasch zur Stelle, aber trotzdem brannte das Haus bis auf die
Grundmauern nieder. Mitsamt Qualles schönem teurem IT -Equipment.«
»Und Qualle selbst?«
»War Gott sei Dank unterwegs, als es passierte. Jetzt
will er erst mal eine gewisse Zeit auf Tauchstation gehen, was ich richtig
finde.«
»Kurzschluss oder Brandstiftung?«
»Bereits bei der ersten Begehung des Sachverständigen
hat sich der Verdacht auf Brandbeschleuniger bestätigt. Die Täter sind sehr
systematisch vorgegangen, haben gleich an mehreren Stellen Feuer gelegt.«
»Da scheint jemand gar nicht gut auf ihn zu sprechen
zu sein. Hat Qualle Feinde?«
»Nicht direkt. Aber es lässt sich nun mal nicht jeder
gerne ungefragt in die Karten gucken. Und wem Qualle zuletzt in die Karten
geguckt hat, weißt du ja.«
Karin fiel es wie Schuppen von den Augen.
»Das waren Hohmanns Leute!« Sie hielt inne und
runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht. Qualle hat mir bei unserem Treffen
versichert, dass bei solchen Operationen keine Spur zu ihm oder seinem Rechner
führt.«
»Qualle wurde ja auch nicht über seinen Rechner
enttarnt.«
»Sondern?«
»Überleg doch mal: Wo habt ihr während der Aktion
geparkt?«
»Ganz in der Nähe von Hohmanns Einfahrt.«
»Eben. Wenn Qualle etwas kann, dann ist es das
unerkannte Eindringen in ein fremdes Datennetz. Das heißt, er stellt es so an,
dass seine IP -Adresse nicht zurückverfolgt werden
kann. Folglich muss euch jemand vor dem Werksgelände beobachtet haben. Mein
erster Gedanke war: eine Kamera. Also hab ich heute früh jemand hingeschickt,
um das auszukundschaften.«
»Und?«
»Volltreffer! Am Werkstor hängt so ein Biest,
vermutlich mit einem Bewegungssensor. Deckt die gesamte Zufahrt ab. Den Halter
des Autos und dessen Adresse zu ermitteln, das ist für die gewissermaßen
Pipifax.«
»Verdammte Scheiße!«, stieß Karin Winter hervor. »Und
jetzt? Was ist mit Qualles Beziehungen zur Kripo?«
»Kannst du vergessen. Im Gegenteil: Wenn die
spitzkriegen, dass er einen fremden Server geknackt und die Daten an die Presse
weitergegeben hat, hat er ein saftiges Strafverfahren am Hals.«
Matuschek packte seine Unterlagen zusammen, für ihn
war die Unterredung beendet. Doch Karin hielt ihn noch einmal zurück: »Sieht
ganz so aus, als hätten wir in ein Wespennest gestochen. Für mich ist das ein
Beweis mehr, dass wir an einem hochbrisanten Fall dran sind. Und wenn alles
vorbei ist, haben wir die Sache exklusiv. Hat mir Wolf versprochen.«
»Ich wünschte, es wäre bereits so weit«, antwortete
Matuschek. »Mir ist absolut nicht wohl bei der Geschichte. Sieht aus, als würde
da einiges aus dem Ruder laufen. Versprich mir, dass du vorsichtig bist, hörst
du?«
***
Pünktlich
um acht Uhr preschte ein Pulk von sieben Fahrzeugen auf den Hof der Markdorfer
Hohbau G mb H . Sieben Kriminalbeamte,
darunter Marsberg,
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