Seehaie
dem Wagen. Mein Fahrer hat mich hingebracht.«
»Würden Sie uns den Grund dieser Reise nennen?«,
fragte Marsberg lauernd.
»Es war geschäftlich. Ich hatte dort eine Unterredung
mit einem Auftraggeber.«
Wolf und Marsberg wechselten einen Blick mit dem
Staatsanwalt. »Wer war der Auftraggeber?«
»Ich werde den Teufel tun und Ihnen sagen, mit wem ich
was geschäftlich bespreche.«
»War es Baudezernent Siebeck?«
Wenn die Beamten erwartet hatten, Hohmann würde bei
der Nennung dieses Namens zusammenzucken, hatten sie sich geirrt. Er tat zwar
weiterhin aufgebracht, aber im Grunde schien ihm die Befragung nicht sonderlich
unter die Haut zu gehen.
»Wenn Sie es sowieso schon wissen … ja, ich war mit
Siebeck verabredet. Ich hatte am Nachmittag ein Collier abzuholen, das meine
Frau zur Reinigung gegeben hatte. Bei Bucherer, dem Juwelier in der
Bahnhofstraße, wenn Sie’s genau wissen wollen. Sie können ja nachfragen. Also
habe ich dem Baudezernenten vorgeschlagen, zusammen essen zu gehen und bei
dieser Gelegenheit ein paar wichtige technische Fragen zu besprechen. Es gab
bei einem unserer gemeinsamen Projekte gewisse Statikprobleme, die eine
Abänderung an der Außenfassade erforderlich machten. Siebeck war es recht, auch
er hatte, wie er sagte, etwas in Zürich zu erledigen.« Hohmann trug diesen
Ablauf ziemlich gleichmütig vor, so, als hätte er nicht das Geringste zu
verbergen. »Hätte ich etwa zuvor eine polizeiliche Genehmigung einholen
müssen?«, schloss er ironisch.
Wolf wurde unruhig. Die Sache lief keineswegs so rund,
wie er sich das vorgestellt hatte. Schließlich hatten sie das Treffen mit dem
Baudezernenten als so essenziell eingestuft, dass es den Ausschlag für die
Durchsuchung gegeben hatte. Auch dem Staatsanwalt schienen langsam Zweifel zu
kommen, ob die Verdachtslage wirklich so hieb- und stichfest war, wie Marsberg
sie ihm verkauft hatte.
»Ich will für Sie hoffen, dass Sie mehr im Köcher
haben als den vagen Verdacht, bei diesem Termin sei etwas Unrechtmäßiges
geschehen«, sagte Hohmann leise. Plötzlich fing er zu brüllen an: »Sonst reiße
ich Ihnen allen den gottverdammten Arsch auf, darauf können Sie sich
verlassen!«
***
Ebenfalls pünktlich um acht bekam auch
Baudezernent Traugott Siebeck Besuch. Da sein Dienst erst um neun begann, saß
er, wie jeden Morgen, am Frühstückstisch, die Kaffeetasse in der Rechten, den
»Seekurier« in der Linken, während seine Frau in der Küche hantierte.
Die Siebecks bewohnten ein schmuckes Eigenheim mit
gepflegtem Garten »im Stegle«, einer bevorzugten Konstanzer Wohnlage unweit des
Seeufers. Von hier aus konnte man bequem die Fähre, das Stadion oder eines der
Strandbäder erreichen und, war man wenigstens einigermaßen gut zu Fuß, sogar
bis zur Insel Mainau oder in die Konstanzer Altstadt wandern.
Siebecks Frau war auf das Klingeln hin zur Haustür
gegangen und kam etwas ratlos zurück. »Zwei Kriminalbeamte wollen dich
sprechen, Traugott. Was hat das zu bedeuten?«
Siebeck faltete in aller Ruhe seine Zeitung zusammen.
»Sollen reinkommen. Und mach dir keine Sorgen.«
Er begrüßte die beiden Beamten und beantwortete ohne
Zögern ihre Fragen, die sich in nichts von denen unterschieden, die Wolf und
Marsberg Hohmann gestellt hatten. Einer der Beamten vermerkte später in seinem
Bericht: »Es war, als hätte Siebeck genau diese Fragen erwartet.«
Leider unterschied sich auch das Ergebnis in nichts
von der Befragung in Markdorf. Kein Vertuschen, keine Ausflüchte, kein
Drumherumgerede. Siebeck erklärte, er habe geschäftlich etwas mit Hohmann zu
besprechen gehabt (»… ich kann Ihnen detailliert erzählen, worum es ging.
Haben Sie Zeit?«), und da dieser in Zürich gewesen sei und er selbst dort etwas
zu erledigen gehabt hatte, habe man sich eben dort getroffen. Was denn dabei
sei?
Die beiden Beamten verabschiedeten sich mit betretenen
Gesichtern. Als sie in ihren Dienstwagen stiegen, stand Siebeck am Fenster und
sah ihnen mit gemischten Gefühlen nach.
***
Nach
der Hausdurchsuchung bei Hohmann besprachen sich Wolf, Marsberg und Kalfass mit
dem Staatsanwalt in einem etwas abgelegenen und daher weitgehend störungsfreien
Besprechungsraum im Untergeschoss, der häufig für langwierige Vernehmungen
genutzt wurde.
»Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, meine Herren«,
begann Dr. Kauder, der als Einziger noch stand, »aber die ganze Aktion war
schlichtweg eine Katastrophe. Ich bin gespannt, was Ihr Chef dazu sagt. Was
mich
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