Seekers - Am Großen Bärensee - Hunter, E: Seekers - Am Großen Bärensee - Seekers, Great Bear Lake
des Baums unter seinen Tatzen überquerte er den Fluss mit schnellen, sicheren Schritten.
Als er neben Lusa am Ufer stand, stieß er einen erleichterten Seufzer aus. »Jetzt können wir den richtigen Pfad wiederfinden!«
Lusa beobachtete, wie Toklo auf den Stamm kletterte und sich vorsichtig in Bewegung setzte. Auf der Insel sank das Ende des Stammes knirschend tiefer in den Kies ein. Unter Toklos Gewicht wippte auch der Baumstamm stärker. Toklo musste bei jedem Schritt die Krallen tief ins Holz schlagen, um nicht herunterzufallen. Auf halber Höhe hörte Lusa ein verdächtiges Knarzen, als würde der Stamm gleich auseinanderbrechen.
Plötzlich kippte der Baum zur Seite, Toklo verlor den Halt und fiel. Mit den Vordertatzen gelang es ihm, sich an den Stamm zu klammern, während er mit den Hinterbeinen über dem Wasser strampelte.
»Halt dich fest, Toklo!« Lusa sprang auf das Wurzelwerk und ging über den heftig wippenden Stamm zu ihm.
Toklo zog die Hinterbeine hoch, fand aber auf dem rutschigen Holz keinen Halt. Lusa packte ihn mit den Zähnen im Genick, grub die Krallen in den Baumstamm und half ihm hochzukommen. Ein paar schreckliche Herzschläge lang dachte sie, sein Gewicht würde sie nach unten ziehen, doch dann gelang es ihm, erst das eine und dann das andere Hinterbein auf den Stamm zu bringen.
»Okay!«, keuchte er. »Jetzt geht es alleine.«
Lusa ließ seinen Nacken los. In Toklos Augen stand die blanke Angst, und sie fragte sich, warum er sich vor tiefem Wasser so schrecklich fürchtete. Für einen Grizzly war das wirklich merkwürdig. Da sie sich auf dem schmalen Baumstamm nicht umdrehen konnte, ging sie vorsichtig rückwärts wieder zurück, gefolgt vom keuchenden Toklo. Lusa sah ihm in die Augen, als könne sie ihn mit ihrem Blick festhalten. Wieder kam das knarzende Geräusch, diesmal lauter, und sie machte sich schon darauf gefasst, dass der Baumstamm brechen und sie beide in den Fluss stürzen würden.
»Lusa, du hast es geschafft. Du kannst jetzt runterspringen«, hörte sie da Ujurak sagen. Lusa drehte sich um und sah hinter sich das grasbewachsene Ufer. Als sie vom Baumstamm springen wollte, rutschte sie ab, weil sie rückwärtsspringen musste. Toklo, der sich noch über dem Wasser befand, geriet erneut ins Wanken und stieß ein erschrecktes Schnauben aus. Ujurak sprang auf den Stamm und stützte Toklo mit der Schnauze.
Da brach der Baumstamm unter ihnen und stürzte in den Fluss. Ujurak brachte sich mit einem Sprung ans Ufer in Sicherheit, doch Toklo rutschte aus und hing mit den Vordertatzen an der bröckelnden Böschung, während seine Hinterbeine im Wasser baumelten.
»Ich kann mich nicht halten!«, keuchte er.
Lusa versenkte die Zähne im dicken Fell seiner Schulter. Ujurak packte ihn auf der anderen Seite und gemeinsam hievten sie ihn hoch. Toklo half mit den Hinterbeinen mit, so gut es ging, bis er neben ihnen ans Ufer plumpste.
Lusa ging ein paar Schritte weiter und sah sich um. Sie stand auf dem schmalen Grasstreifen am Rande eines Pfades. In diesem Moment raste ein rotes Feuerbiest brüllend an ihnen vorbei und erfüllte die Luft mit Lärm und Gestank. Das grelle Licht seiner Augen zuckte über Lusa hinweg und verschwand wieder.
»Wohin jetzt?«, fragte sie Ujurak. Sie war erschöpft. Jeder Muskel ihres Körpers schmerzte und ihr Magen brüllte vor Hunger. Doch ihr war klar, dass sie nicht so nah am Weg der Feuerbiester bleiben konnten.
Ujuraks Blick war trüb und traurig. Er antwortete nicht.
Angst schlug ihre Klauen in Lusas Bauch. »Was ist denn?«
»Warum waren keine Fische im Fluss?«, fragte Ujurak mit zitternder Stimme. »Wo sind sie geblieben?«
5. KAPITEL
Toklo
Eine Welle der Erleichterung erfasste Toklo, als er sich aus dem Fluss zog und auf dem schmalen Grasstreifen eines Schwarzpfades landete.
Auf der anderen Seite des Schwarzpfades führte ein baumbewachsener Hang steil nach oben. Einige Bärenlängen vom Fluss entfernt warteten Ujurak und Lusa. Statt sich ihnen anzuschließen, schüttelte sich Toklo erst einmal die Erde aus dem Pelz und ließ sich schwer atmend ins Gras sinken. Es war schrecklich gewesen, den hungrigen Fluss auf dem umgestürzten Baumstamm zu überqueren, doch noch schrecklicher wäre es gewesen zu schwimmen. Ujurak schwamm gerne, aber Ujurak war ja auch sonst recht merkwürdig, und was Lusa anging … was wusste sie schon über Braunbären? Toklo ärgerte es, dass Lusa besser schwimmen konnte als er, und noch wütender machte es ihn,
Weitere Kostenlose Bücher