Seekers - Die Letzte Große Wildnis: Band 4 (German Edition)
Erdhörnchen fallen.
»Vielleicht für dich, Kleine.« Kallik gab ihr einen liebevollen Nasenstüber. »Toklo und ich sind schon so groß, dass es gar nicht mehr leicht ist, den Bauch voll zu bekommen.«
Als sich Kallik nach Toklo umdrehte, sah sie ihn ein paar Bärenlängen entfernt dastehen und die bewaldeten Berghänge anstarren. »He, Toklo!«, rief sie. »Bist du denn gar nicht hungrig?«
Der junge Grizzly zuckte zusammen und trottete dann zu seinen Freunden, um mit ihnen die Beute zu teilen. Die Nacht wurde immer kälter, und obwohl die Felsen sie vor dem Wind schützten, stieg Kallik ein Hauch von Eis in die Nase, der vom Meer herüberwehte. Ein friedvolles Gefühl machte sich in ihr breit. Ujurak ging es besser und sie würde bald aufs Eis zurückkehren können.
»Wir haben es geschafft«, sagte Lusa, als sie das Erdhörnchen aufgefressen hatten und die letzten Beeren knabberten. »Wir haben Ujurak gerettet, wir alle drei zusammen!«
Kallik stimmte ihr zu, doch Toklo sagte nichts. Sein Blick war in die Ferne gerichtet.
»Wir sind nicht mehr für Ujurak verantwortlich«, erklärte er unvermittelt.
Lusa sah ihn verwirrt an. »Aber er ist doch unser Freund.«
»Ich weiß, aber …« Toklo brach ab und atmete dann einmal tief ein. »Ujurak ist jetzt in Sicherheit«, sagte er. »Sein Leben ist nicht mehr in Gefahr und wir sind am Ende unserer Reise angekommen. Hier ist der Ort, an dem wir leben können, an dem wir Futter und Schutz finden. Es ist an der Zeit, dass ich mich auf den Weg mache.«
»Wie bitte?«, japste Lusa, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen. »Du kannst uns doch jetzt nicht verlassen, Toklo. Das darfst du nicht!«
»Ich muss«, erwiderte Toklo bestimmt.
Er zögerte kurz und reckte sich dann, um erst Kallik und anschließend Lusa zu schnäuzeln. Dann trottete er zu dem Pfad, dem vor langer Zeit die Karibus gefolgt waren und der sich hinauf in die Berge schlängelte. Mit einem panischen Quietschen rannte Lusa hinterher und stellte sich ihm in den Weg.
»Toklo, bitte geh nicht«, flehte sie ihn an.
Kallik saß da wie erstarrt. Sie wollte nicht, dass Toklo ging, verstand aber, was ihn antrieb. Er hatte den Sog des Waldes verspürt, genau wie sie sich zum Eis hingezogen fühlte.
Lusa versteht das nicht, dachte sie traurig. Angst packte sie bei dem Gedanken, was aus Lusa werden sollte, wenn sich ihre Wege trennten. Wie soll ich ihr beibringen, dass ich zurück aufs Eis muss?
Lusa und Toklo standen noch immer auf dem Pfad, von Angesicht zu Angesicht, und starrten einander an.
»Bitte«, wiederholte Lusa. »Wir wissen doch noch nicht einmal genau, ob Ujurak wirklich wieder gesund wird.«
Toklo drehte sich abrupt um, als wollte er ohne weitere Diskussion den Berg hinaufstürmen. Doch dann zögerte er.
»Na gut«, sagte er schließlich. »Ich bleibe noch eine Weile.«
»Großartig!« Lusa machte einen kleinen Freudenhüpfer und stupste Toklo mit der Schnauze in die Seite. »Danke, Toklo.«
Aber das ist noch nicht das letzte Wort, dachte Kallik, als die drei sich unter dem Felsen zum Schlafen zusammenkuschelten und gegenseitig wärmten. Früher oder später wird Toklo gehen, und nichts , was Lusa sagt, wird ihn aufhalten.
14. Kapitel
Ujurak
Ujurak wurde vom Sonnenlicht geweckt, das auf sein Gesicht fiel. Mit einer Hand betastete er die ungewohnten Felle, mit denen er zugedeckt war. Da ihm immer noch nicht einfiel, wo er eigentlich war, setzte er sich auf und blickte sich um. Doch sobald er die Masken an den Wänden sah und das Feuer, über dem etwas vor sich hinblubberte, fiel ihm alles wieder ein: sein Flug als Gans, der Schmerz in seiner Kehle, nachdem er den Angelhaken verschluckt hatte, der Heiler, der sich um ihn gekümmert hatte – Tiinchuu, der die ganze Zeit gewusst hatte, dass Ujurak ein Bär war.
Seine Kehle tat noch weh, und jedes Mal, wenn Ujurak tief einatmete, lief ein Zittern durch seinen Körper. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. Er schlang die Felle enger um sich und legte sich wieder hin.
Ich muss hier raus , zu Lusa , Kallik und Toklo.
In der Wand gegenüber dem Feuer öffnete sich der Eingang und der Heiler kam herein. Er lächelte, als er Ujurak sah. »Du bist wach«, begrüßte er ihn. »Wie geht es dir?«
»Besser, danke.« Ujuraks Stimme klang wie Krallen, die über Stein kratzten, und der Schmerz stach ihm beim Sprechen in die Kehle.
»Gut. Ich habe dir noch etwas Scheinbeerentee gemacht.« Tiinchuu ging zum Feuer, schöpfte Flüssigkeit in ein
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