Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
sein.«
Sie sprach von Tobi. Natürlich.
Toklo seufzte ungeduldig. Mit Sicherheit wussten die Wassergeister ganz genau, dass Tobi klein und schwach war. Warum wäre er sonst gestorben? Wäre er größer und kräftiger gewesen, so wie Toklo, dann wäre er noch am Leben.
Wenn Toklo ins Wasser starrte, sah er Schatten, die unter den kleinen Wellen tanzten. Er suchte nach irgendwelchen Anzeichen dafür, dass die Bärengeister im Fluss unterwegs waren, aber er konnte nichts weiter erkennen als die verschwommenen Umrisse seines Spiegelbildes und die verschiedenen Formen der Kieselsteine im Flussbett. Er hatte erwartet, Gesichter von Bären zu sehen, das Aufblitzen eines Fells vielleicht oder die Andeutung von Tatzen, die über den schlammigen Boden huschten. Aber da war nichts als Wasser.
»Ich kann Tobi nicht sehen, Mutter«, sagte Toklo. Er fragte sich, ob sein kleiner Bruder es tatsächlich geschafft hatte, ihm den Berg hinunter zu folgen. »Glaubst du, dass er schon hier ist? Vielleicht sucht er noch den richtigen Weg.«
Oka drehte sich unwillig zu ihm um. »Was weißt du schon vom Tod?«, knurrte sie böse. »Gar nichts weißt du.«
Toklo wich zurück. Woher sollte er auch über den Tod Bescheid wissen, wenn sie ihm nichts beibrachte? War doch klar, dass er nicht viel über den Tod wusste. Tobi war der einzige Bär, dessen Tod er erlebt hatte. Und Oka war zeit seines Lebens so sehr damit beschäftigt gewesen, ein Aufhebens um Tobi zu machen, dass er kaum etwas Nützliches von ihr gelernt hatte.
Toklo stapfte zu einer Stelle zwischen zwei großen Felsblöcken, wo das Wasser sich staute und etwas tiefer war. Wenn seine Mutter nur herumstehen und sich mit dem Fluss unterhalten wollte, bitte, sollte sie doch. Dann lernte er eben alleine, wie man Fische fing. Er blickte sich um, bis er eine Bärin mit goldfarbenem Fell entdeckte, die auf Fischfang war. Sie stand gebückt im Wasser, still und aufmerksam. Plötzlich sprang sie nach vorn und schlug die Vordertatzen ins Wasser. Anscheinend hatte sie ihre Beute verfehlt, denn sie schlug noch einige weitere Male zu und jagte den Fisch im Kreis herum, dass das Wasser hoch aufspritzte. Schließlich tauchte sie mit einem kleinen Lachs im Maul wieder auf. Nervös blickte sie sich nach den anderen Bären um, dann setzte sie sich mit dem Rücken zu ihnen hin und fraß hastig ihren Fang auf, als wolle sie damit fertig sein, bevor die anderen darauf aufmerksam wurden.
Toklo lief das Wasser im Maul zusammen. Na, das würde er doch wohl auch schaffen! Er konnte sehr geduldig sein, wenn’s darauf ankam, und schnell und entschlossen … oder etwa nicht? Er drehte sich ein paarmal im Wasser herum, auf der Suche nach einem guten Platz, um einen Versuch zu wagen. Er stellte sich mit dem Rücken zur Strömung auf und spreizte die Beine weit auseinander, damit der Fluss zwischen ihnen hindurchfließen konnte.
Er wartete, sehr lange, wie es ihm vorkam. Sein Blick wurde schon trübe vom ständigen Ins-Wasser-Starren. Die ganze Zeit lauerte er darauf, dass der dunkle Umriss eines Fisches zwischen seinen Tatzen erschien, aber außer dem Glitzern der Sonnenstrahlen auf den Wellen war rein gar nichts zu sehen.
Doch da, knapp außerhalb seiner Reichweite, bewegte sich etwas Dunkles. Toklo stürzte sich darauf und landete mit einem Riesenplatscher auf dem Bauch, während seine Klauen sich um einen bemoosten Stock schlossen.
Er hatte kaum Zeit, enttäuscht zu sein. Sobald er seine Tatzen wieder aus dem Wasser hob, wurde er von der Strömung erfasst und flussabwärts gezogen. Erschrocken schrie er auf, als der Fluss ihn an seiner Mutter und einigen anderen Bären vorbeispülte, aber Oka ließ sich in ihrem Gespräch mit dem Fluss nicht stören und die anderen Bären wirkten eher belustigt oder neugierig als besorgt. Wild um sich schlagend sah Toklo den riesigen Grizzly, der es vorhin auf ihn abgesehen hatte, flussabwärts auf einem Felsen sitzen und auf ihn warten. Shoteka hatte sich mitten in der Strömung postiert und sah zu, wie Toklo auf ihn zutrieb.
»Mutter!«, schrie Toklo. »Hilf mir!« Er versuchte sich nach unten zu strecken und seine Krallen in das Kieselsteinbett zu graben, bekam aber sofort einen Schwall Wasser in die Nase. Er rappelte sich wieder hoch, um nach Luft zu schnappen, und genau in diesem Moment rauschte er gegen die baumstammartigen Beine des Grizzlymännchens. Gleich darauf packten ihn zwei mächtige Tatzen an den Schultern und drückten seinen Kopf unter
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