Seekers - Die Suche beginnt - Hunter, E: Seekers - Die Suche beginnt
müde gewütet. Unweit des Zauns blieb sie stehen und sank, schwer atmend vor Erschöpfung, zu Boden.
»Los geht’s.« Lusa setzte sich auf.
»Pass auf, die reißt dir die Nase ab«, grummelte Yogi.
Lusa kletterte vom Baum herunter und näherte sich dem Zaun. Sie bewegte sich mit Vorsicht, um keine unnötigen Geräusche zu machen. Die Grizzlybärin warf den Kopf herum und sah das Schwarzbärenjunge auf sich zukommen. Sie brummte und bellte, aber Lusa konnte nicht erkennen, ob das unfreundlich gemeint war oder nicht.
»Hallo.« Lusa scharrte nervös auf dem Boden. »Ich bin Lusa. Wie heißt du?«
Die Grizzlybärin schloss seufzend die Augen. Lusa wartete einen Moment, dann wandte sie sich enttäuscht ab.
»Ich heiße Oka«, brummte die Braunbärin. Lusa zuckte zusammen. Immerhin sprach die Bärin nicht mehr in jener seltsamen Sprache.
Lusa drängte sich dichter an den Zaun. »Willkommen im Bärengehege, Oka«, sagte sie. Mutig geworden, stellte sie sich auf die Hinterbeine und schnupperte. Sie wollte herausfinden, ob sie mit den von Oka ausgehenden Gerüchen etwas anfangen konnte. »Wo kommst du her?«, fragte sie. »Warst du in der Wildnis? Hast du auf dem Berg gelebt? Hast du den Wald gesehen?«
Doch Oka wandte ihren mächtigen Kopf ab und vergrub ihn zwischen den Tatzen.
»Ich hab dir doch gesagt, dass die keinen Anschluss sucht«, rief Yogi vom Baum herab.
»Vielleicht später?«, fragte Lusa Oka vorsichtig. »Wenn du dich besser fühlst. Ich werde hier sein.« Kunststück, sie konnte natürlich auch nirgendwo anders hin.
Oka verschlief den Rest des Tages und blieb, als die Nacht anbrach, im Freien, anstatt mit Opa Griesgram in die Grizzlyhöhle zu gehen. Als Lusa am nächsten Morgen nach draußen kam, sah sie Oka jenseits des Zauns knurrend und murrend auf und ab laufen. Manchmal fiel sie über den Baum her, der im hinteren Teil des Grizzlygeheges stand, hieb die Krallen in die Rinde und schlug in blinder Wut nach den Zweigen. Dies beunruhigte Lusa sehr, denn falls in diesem Baum Bärengeister lebten, waren sie sicherlich nicht sehr erfreut darüber.
Sie hielt sich vom Zaun fern, spielte mit Yogi und rollte sich über den Boden, um die Flachgesichter zum Lachen zu bringen. Es war der erste wirklich heiße Tag der Laubzeit und viele Flachgesichterjunge waren zu Besuch gekommen, schnatterten durcheinander und zeigten in ihre Richtung. Lusa schaffte es, drei verschiedene Fütterer dazu zu bringen, ihr ein Extrastück Obst zuzuwerfen. Sie kam sich ganz schön clever vor.
»Es wird heute Abend regnen«, verkündete Stella, als sie über ihrer Abendmahlzeit saßen. »Ich fühle, dass die Luft dicker und nasser wird.«
Lusa schnupperte und blickte zum Himmel. Dort war zu sehen, was Stella meinte: Wolken zogen auf und der Himmel wirkte ein bisschen rissig an den Rändern.
»Oka wird doch in den Höhlen schlafen, wenn es regnet, nicht wahr?«, fragte Lusa.
»Wer ist Oka?«, wollte Stella wissen.
»Die neue Grizzlybärin.« Lusa deutete mit der Schnauze zum Zaun. »Sie hat letzte Nacht draußen geschlafen, aber wenn es ein Unwetter gibt –«
»Du solltest dich nicht um irgendwelche Grizzlys sorgen«, unterbrach sie Stella. »Das ist nicht dein Problem, ob sie im Regen schläft oder nicht.«
Trotzdem machte Lusa sich Sorgen. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit setzte starker Regen ein, und während Lusa sich in Sicherheit brachte, konnte sie Okas verschwommene Gestalt in der Ecke nahe des Zauns hocken sehen, fernab der Bäume und allem, was ihr Schutz bieten konnte.
Der Regen prasselte die ganze Nacht aufs Dach der Höhle, während Lusa von der traurigen, einsamen Bärin draußen träumte. Bei Tagesanbruch, als der Regen endlich aufhörte, erwachte sie. Yogi schlief ausgestreckt neben ihr, eine seiner Tatzen lag quer über Lusas Kopf. Sie befreite sich vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, und ging nach draußen.
Vögel zwitscherten in den Bäumen und die Luft fühlte sich frisch und knackig an, wie die besten Obststücke, die die Fütterer ihnen brachten. Noch immer zogen graue Wolkenmassen über den Himmel, aber auch erste rosafarbene Sonnenstrahlen begannen sich ihren Weg zu bahnen.
Oka lag immer noch an derselben Stelle. Ihr nasser Pelz dampfte in der kühlen Morgenluft.
Zögernd näherte sich Lusa. Oka beobachtete sie zwar missmutig, machte aber keine Anstalten wegzulaufen. Lusa setzte sich vor den Zaun, legte den Kopf schief und musterte die Braunbärin. »Hast du die ganze Nacht hier im Regen
Weitere Kostenlose Bücher