Seekers - Feuer im Himmel - Band 5
er mit einem einzigen Happen eine Vielzahl kleiner Tierchen. Sie schmeckten köstlich.
Es machte Spaß, so zu jagen! Jedenfalls war es einfacher, als zappelnden kleinen Fischen hinterherzujagen, wie die Robben dies taten. Ujurak schwamm ein wenig weiter und wiederholte seine Aktion. Wieder pustete er allerlei Krustentiere aus dem Sand, die er mit einem Happs herunterschluckte.
Als er satt war, stieg er wieder zur Oberfläche empor, um nach Luft zu schnappen. Er war recht zufrieden mit sich, doch nach wie vor hatte er dieses merkwürdig unbehagliche Gefühl. Etwas stimmte nicht. Etwas fehlte. Er durfte eigentlich nicht allein sein. Müsste er nicht mit anderen Walen unterwegs sein? Wie hatte er sie verloren?
Er kramte in seinem Gedächtnis, mit wem er zusammen gewesen war, konnte sich aber an keinen anderen Wal erinnern. Das war merkwürdig. Obwohl er eine deutliche Erinnerung an Wärme und Freundschaft hatte, konnte er keine Gesichter damit verbinden. Eine Weile ließ er sich auf dem Wasser treiben, dann atmete er noch einmal ein und tauchte wieder unter. Wenn er suchte, würde er seine Begleiter bestimmt finden. Sie mussten irgendwo hier unten sein.
Während er flink durchs Wasser schwamm, sagten ihm die Echobilder in seinem Kopf, dass vor ihm etwas Großes war. Etwas, das viel, viel größer war als ein Wal. Er konnte sich nicht vorstellen, was für ein Tier das sein sollte, doch da es sich bewegte, musste es am Leben sein. Es gab merkwürdige schwirrende, ächzende und summende Geräusche von sich. Ujurak schwamm darauf zu und sandte weiter Töne aus, um mehr darüber zu erfahren.
Je näher er kam, desto deutlicher vibrierte ein lautes Surren durch das Wasser. Es stach ihm in die Haut und schmerzte in seinem Kopf. Erschrocken wollte Ujurak kehrtmachen, als eine riesenhafte graue Gestalt über ihm auftauchte. Sie hielt direkt auf ihn zu.
Es war ein Unterwasser-Feuerbiest! Es roch wie ein Feuerbiest, hatte dasselbe grimmige Glühen in den Augen und dieselbe kalte, glänzende Haut. Dabei war es allerdings lang und schlank wie ein Fisch, nur ohne Flossen. Ein kurzer, zackiger Schwanz stach aus dem Hinterteil heraus und trieb es voran, viel schneller, als Ujurak schwimmen konnte. Er hechtete durch einen Sturm aus Luftblasen zur Seite, gerade noch rechtzeitig, um dem Feuerbiest auszuweichen, das knapp neben ihm durchs Wasser schnitt.
Die Strömung schleuderte Ujurak einmal um die eigene Achse und ließ ihn verwirrt und orientierungslos zurück. Mit letzter Kraft wendete er seinen mächtigen Körper, um sich vor dem rotierenden Schwanz des Feuerbiestes in Sicherheit zu bringen. Schließlich verschwand das Ungeheuer in der Dunkelheit, eine Welle aus Sand und Schaum hinter sich herziehend, der nach Öl schmeckte und auf der Haut brannte.
Wie betäubt ließ sich Ujurak eine Weile im Wasser treiben. Hatte das Feuerbiest mit ihm gekämpft und gewonnen? Oder hatte es ihn nicht einmal bemerkt? Was auch immer das für ein Monster war: Es hätte ihn getötet, einfach so. Nicht als Beute, nicht, weil er in sein Revier eingedrungen war, sondern einfach nur, weil er im Weg war.
Sogar tief unter dem Eis lauerten Gefahr und Tod und Feuerbiester, die nach Öl und Flachgesichtern rochen. Und die Tiere mit derselben Leichtigkeit aus dem Weg pusteten, mit der Ujurak die winzigen Krabben aus dem Sand gepustet hatte. Niemals mehr, dachte Ujurak, würde er sich wieder sicher fühlen.
6. KAPITEL
Kallik
Kallik und Lusa stießen die Nase in Toklos eiskaltes Fell. Lange Schatten zogen sich über das Eis und die blaugrauen Schneehügel um sie herum. Die Dunkelheit setzte ein. Ujurak war immer noch nicht zurück, und Toklo lag bewusstlos da, seit ihn Ujurak aus dem Wasser geschoben hatte.
Kallik rubbelte Toklos Rücken und Flanken mit den Tatzen, um ihn zu wärmen. Die Kälte des Eises hatte von jedem Winkel ihres Körpers Besitz ergriffen. Lusa, die ihr gegenüber auf der anderen Seite neben Toklo saß, zitterte am ganzen Leib.
»In was hat sich Ujurak verwandelt?«, fragte Lusa leise über Toklos Rücken hinweg. »So einen großen Fisch habe ich noch nie gesehen.«
»Das war ein Wal.« Kallik erinnerte sich an die Belugas, mit denen sie vor langer Zeit gespielt hatte. »Ich habe welche kennengelernt, als ich allein unterwegs war. Sie waren freundlicher, als ich dachte. Ich glaube, sie fressen keine Bären.« Sie betrachtete das schwarze Loch im Eis, durch das Ujurak verschwunden war. Er war schon furchtbar lange weg. »Warum ist
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