Seekers - Feuer im Himmel - Band 5
gefressene Kadaver einer Robbe!
Lusa japste. »Kallik, das ist ja toll!« Sie drehte sich in die Richtung um, aus der sie gekommen waren. Die Höhle, in der sie übernachtet hatten, war Himmelslängen entfernt. »Wie hast du das nur den ganzen weiten Weg wittern können?«
Kallik reckte stolz den Kopf in die Luft. »Hier draußen ist es viel einfacher, weil das Eis mich nicht ablenkt wie die Erde, die Bäume und das Gras.«
»Das ist wirklich beeindruckend«, brummte Ujurak.
Toklo schnaubte nur. Er schnüffelte an dem Kadaver und drehte sich dann misstrauisch zu den anderen um. »Das riecht nach Eisbär«, erklärte er.
»O-oh.« Lusa blickte sich nervös um. »Ein Bär muss ihn hier liegen gelassen haben. Was ist, wenn er zurückkommt?«
»Sind wir in das Revier eines Eisbären eingedrungen?«, fragte Toklo. Das Fell auf seinem Rücken stellte sich auf. »Nicht dass ich Angst hätte, um unser Fressen zu kämpfen. Es ist nur, Eisbären werden … ziemlich groß.«
»Auf dem Eis gibt es keine Reviere«, erklärte Kallik. »Jeder nimmt sich das Fressen, das er finden kann. Wenn es sein muss, verscheucht man einen kleineren Bären. Als ich mit Nisa und Taqqiq auf dem Eis war, haben uns größere Bären mehr als einmal die Beute weggenommen!«
»Klingt logisch«, stimmte Toklo ihr zu. »Wenn ein Bär so dämlich ist, Beute herumliegen zu lassen, dann muss er schon damit rechnen, dass andere sie sich nehmen.«
Lusas Ohren zuckten vor Aufregung. Sie musste an die riesigen Eisbären am Großen Bärensee denken. Einer von denen konnte also jeden Moment aufkreuzen und sie verjagen? Der Gedanke gefiel ihr gar nicht. Sie war viel kleiner als die Eisbären. Wahrscheinlich wäre sie für sie genau so eine leckere Mahlzeit wie die Robbe, die vor ihr auf dem Eis lag.
»Wir warten besser nicht, bis der, dem die Robbe hier gehört, zurückkommt.« Kallik trat entschlossen vor und riss ein Stück Fleisch aus dem Kadaver. »Probiert mal!«
Sie kauerten sich alle hin und fingen an zu fressen. Lusa hielt allerdings weiter die Augen offen, ob nicht irgendwo ein wütender Eisbär auftauchte.
»Das ist gut«, brummte Toklo. Er klang überrascht. »Fetter und öliger als ein Kaninchen oder ein Eichhörnchen. Es schmeckt ein bisschen nach Fisch und ein bisschen nach Fleisch. Stimmt’s, Ujurak?«
Ujurak nickte, obwohl er nicht richtig zuzuhören schien. Seine Kiefer mahlten. »Wir können von Glück sagen, dass Kallik sie gefunden hat«, nuschelte er mit vollem Maul. Vermutlich wollte er Toklo in Erinnerung rufen, dass sie hier draußen auf Kalliks Führung angewiesen waren.
Lusa nahm sich einen kleinen Bissen aus dem Brocken, den sie sich aus dem Kadaver gerissen hatte. Sie freute sich, endlich etwas zwischen die Zähne zu bekommen, doch der starke fischige Geruch war zu viel für sie und das schwere, zähe Fett blieb ihr fast im Hals stecken. Es roch nach Fisch und schmeckte wie schleimige, ölige Schnecken. Sie wünschte, sie könnte stattdessen frische Beeren oder Larven fressen, aber so etwas gab es hier natürlich nicht. Und sie musste etwas fressen, sonst würde sie verhungern.
»Schmeckt es dir nicht?«, fragte Kallik besorgt. »Stell dir einfach vor, es wäre ein dickes Kaninchen.«
Lusa biss noch einen Happen ab. »Mhm. Du hast recht, es schmeckt genau wie Kaninchen. Äh, nur besser.«
Zufrieden wandte sich Kallik wieder ihrer Portion zu. Lusa hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie sie angeflunkert hatte, aber Kallik sollte sich keine Sorgen machen. Sie zwang sich, noch ein paar Happen abzubeißen, und kaute sie langsam, damit sie besser rutschten.
»He!« Eine große Eisbärin kam auf sie zu. »Das ist meine! Ich habe sie gefangen!«
»So ein Pech«, knurrte Toklo. »Jetzt ist es unsere.«
»Du kannst deine Beute nicht einfach liegen lassen und erwarten, dass sie noch da ist, wenn du zurückkommst.« Kallik stellte sich zwischen die Robbe und die fremde Bärin.
»Aber …«, begann die Eisbärin.
»Wo ist sie denn, Mama?«, hörten sie da eine jüngere Stimme. Ein kleines Bärenjunges krabbelte über den höchsten Punkt des Schneehügels, stolperte und kullerte bis vor die Füße seiner Mutter. »Ich bin am Verhungern! Ich bin so hungrig, dass ich eine …« Es hielt inne und starrte entsetzt die vier Bären an, die sich um die Robbe versammelt hatten.
»He! Warum haben die Bären so komische Farben? Stimmt mit denen etwas nicht?«
»Mach dir darüber keine Gedanken«, knurrte die Bärenmutter. Sie ging
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