Seekers - Feuer im Himmel - Band 5
draußen eigentlich suchten. Und sie konnte nicht für ihre Freunde sorgen, obwohl sie es versprochen hatte.
Als sie aufsah, begegnete sie Ujuraks verletztem, ratlosem Blick. »Es tut mir leid, Ujurak. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich finde kein Nachtlager, und wir sind alle zu müde, um weiterzuwandern. Vielleicht war es ein Fehler, herzukommen.«
Vor Erschöpfung zitternd, rollte sie sich neben Lusa zusammen und kuschelte sich eng an ihre Freundin. Eine Weile später spürte sie Ujurak neben sich, der mit einem leisen Seufzer den Kopf auf die Vordertatzen legte. Der Wind fegte über Kalliks Rücken und zerzauste ihr das Fell. Vielleicht konnte sie ihre Freunde beschützen … wenn Lusa in der Mitte lag, konnten sie sie wärmen … und der Sturm zog vielleicht bald weiter …
Ehe sie noch länger darüber nachdenken konnte, schlief Kallik ein.
Sie träumte, dass sie mit Nisa und Taqqiq zusammengerollt in der warmen Höhle lag und dem Sturm lauschte, der draußen tobte. Kallik kuschelte sich an das Fell ihrer Mutter und die Angst fiel von ihr ab. Nisa würde sich um sie kümmern.
»Ich besorge uns etwas zu fressen.« Nisa stand auf und schob Kallik zur Seite. Am Höhlenausgang musste sie eine ganze Menge Schnee wegschieben.
»Warte, geh nicht«, bettelte Kallik. »Hier drin geht es uns doch gut.«
Nisa antwortete nicht. Ihre weißen Hinterbeine verschwanden im Schneegestöber. Kallik rutschte näher an Taqqiq heran. Wenigstens war sie nicht allein.
Da stand auch Taqqiq auf und machte sich auf den Weg zum Ausgang.
»Taqqiq, bleib bei mir!«, jammerte Kallik.
Doch ihr Bruder schüttelte nur den Kopf und kroch nach draußen.
Kallik hatte schreckliche Angst. Warum hatten die beiden sie allein gelassen? Sie drehte sich in der Ecke der Höhle im Kreis. Es kam ihr vor, als drückten sich pelzige Körper gegen sie, aber sie konnte nichts sehen. Sie war allein und die Höhle füllte sich nach und nach mit Schnee.
Die Schneeflocken flogen durch den Eingang, schnell und wild, als schaufelten draußen Bären sie mit den Tatzen hinein. Aber es war kein gewöhnlicher Schnee. Als Kallik in dem Schnee graben wollte, war er schwarz statt weiß und glitzerte mit dem Licht zahlloser Eissplitter, als verwandelte sich der Nachthimmel in Schnee und türmte sich um Kallik herum auf.
Die Schneeflocken wirbelten um sie und stoben über die Höhlendecke. Als Kallik sich umsah, war sie zu allen Seiten von Schwärze umgeben. Die Höhle war verschwunden, und sie trieb dahin in warmer Dunkelheit, die nur erleuchtet war von glitzernden Eisflecken.
»Kallik«, sagte eine sanfte Stimme.
Kallik drehte sich um. Über den Himmel trottete eine große Bärin auf sie zu. In ihrem blassen Fell funkelten Sterne, die den Duft des Windes mit sich trugen. Die Bärin sah sie mit freundlichen Augen an, beugte sich zu ihr hinunter und berührte sie sanft mit der Nase.
»Silaluk«, keuchte Kallik ehrfürchtig.
14. KAPITEL
Ujurak
Plötzlich hörte Ujurak den Sturm nicht mehr. Eine gespenstische Stille hatte das Heulen und Pfeifen des Windes, das so lange seine Ohren erfüllt hatte, abgelöst. Auch die eisige Kälte des Schnees, der sich auf seinem Rücken gesammelt hatte, war verflogen. Stattdessen wehte ihm eine sanfte Brise durch den braunen Pelz.
Neben ihm brummte Kallik etwas, was er nicht verstand. Dann hörte er Lusa deutlich sagen: »Arcturus!«
Ujurak öffnete die Augen. Der endlose Schneesturm war verschwunden. Nicht einmal der Schnee unter seinen Tatzen war noch da. Die vier Bären schwebten in der Dunkelheit, zusammengekuschelt, wie sie sich hingelegt hatten. Die anderen drei schliefen, doch ihre Ohren zuckten, und sie gaben leise Geräusche von sich, als träumten sie.
Eine riesenhafte Gestalt schwebte auf Ujurak zu. Sie schien vom Himmel zu kommen. An den Rändern ihres Fells funkelten Sterne. Ujurak hob den Kopf und blinzelte die Bärin, die sich über ihn beugte, erstaunt an.
»Mutter!«
Erleichterung durchflutete ihn. Zum ersten Mal seit vielen Monden fühlte er sich geborgen. Die sternenerleuchtete Bärin senkte den Kopf und berührte mit der Schnauze seine Nase. Ujurak drückte sich ganz fest an sie, wie ein Bärenjunges, das umhegt und geliebt wird.
»Mein Sohn«, sagte sie zärtlich. Ihr Atem war warm und verströmte den Duft grüner Pflanzen. »Du bist so weit gewandert.«
Sie schaute ihn voller Freude an und er kuschelte sich noch enger an sie. Er erinnerte sich wieder daran, dass sie so dagesessen hatten,
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