Seekers - Feuer im Himmel - Band 5
fortzuscheuchen! Sie war seine Freundin! Und sie brauchte ihn! Knurrend versenkte er die Krallen im Schnee und starrte die Lichter an, die sich in der Höhle hin und her bewegten. Er hatte keine Wahl. Er musste sich zurückziehen und eine bessere Gelegenheit abwarten, obwohl er es fast nicht über sich brachte, Lusa auch nur einen Moment länger da drin alleine zu lassen. Aber morgen würde er sich einen Weg in die Höhle bahnen und dann würde es diesen Flachgesichtern noch leidtun!
Toklo stapfte durch den Schnee zu einer Stelle, an der er sich einen Unterschlupf graben und die Flachgesichterhöhle im Auge behalten konnte. Seine Höhle war nicht halb so stabil wie die, die Kallik gegraben hatte, aber die Schneewände waren immerhin dick genug, den eisigen Wind abzuhalten. Als er fertig war, warf er noch einen letzten Blick in den Himmel. Dort funkelten unzählige Sterne, mindestens so viele, wie er Haare im Pelz hatte. Als er den Wegweiserstern entdeckte, wurde ihm schwer ums Herz. Er sah einsamer aus denn je.
24. KAPITEL
Lusa
Als Lusa aufwachte, lag sie auf einer glatten Platte unter einem Licht, das hell war wie die Sonne. Ihr kam es vor, als ob in ihrem Fell Tausende Käfer krabbelten. Als sie sich aufsetzen und nachsehen wollte, merkte sie, dass sie mit dicken braunen Schlingen an die Platte gefesselt war. Ein Käfig um ihr Maul verhinderte, dass sie sich mit den Zähnen befreien konnte.
Panik stieg in ihr auf. Was war hier los? Wo war sie? Sie versuchte, mit den Tatzen um sich zu schlagen, sie knurrte und zerrte an den Schlingen.
»Schsch«, machte ein Flachgesicht neben ihr. Sanfte, starke Pfoten streichelten ihr das Fell zwischen den Ohren. Eine Erinnerung an einen der Fütterer im Bärengehege stieg in ihr auf. Er hatte Lusa, als sie noch ein kleines Bärenjunges gewesen war, auch so gestreichelt.
Notgedrungen gab Lusa ihren Widerstand auf. Nach und nach begriff sie, was eigentlich mit ihr geschah. Die Käfer, die ihr über das Fell krabbelten, waren in Wahrheit die langen, dünnen Finger der Flachgesichter, die ihr geschickt und überraschend sanft das klebrige Öl aus dem Fell wuschen.
Lusa entspannte sich ein wenig. Wahrscheinlich waren diese Flachgesichter freundlich wie die im Bärengehege. Toklo glaubte nicht, dass es gute Flachgesichter gab, doch Lusa wusste es. Sie erinnerte sich daran, dass sie ihr Obst gebracht und ihre Mutter geheilt hatten, als sie krank gewesen war. Vielleicht wollten die Flachgesichter Lusa heilen, indem sie ihr Fell von dem Öl befreiten, das den Vogel getötet hatte.
Lusas Augen hatten sich mittlerweile an das helle Licht gewöhnt. Sie erkannte eine dünne, dunkelgrüne Haut, die über ihr und an den Seiten eine große Höhle bildete. Wie die Haut der kleinen Höhlen, aus denen sie beim Rauchberg Futter gestohlen hatten, flatterte auch diese im Wind und kräuselte sich.
Lusa sah Käfige und jede Menge Flachgesichter, die von einem Käfig zum nächsten gingen und sich murmelnd miteinander unterhielten. Da gab es Möwen, deren Gefieder in Behältern mit sauberem Wasser von den Flachgesichtern gereinigt wurde. Und drei Robben lagen müde, traurig und verklebt in ihren Käfigen.
In einem der Käfige saß ein Tier, das Lusa nicht kannte. Es war dick und massig, wie eine riesenhafte, runzelige Robbe, hatte jedoch Schnurrhaare und zwei lange, spitze Zähne, die ihm nach unten aus dem Maul standen. Lusa hätte wohl Angst vor ihm gehabt, doch das Tier sah so krank aus, dass es wahrscheinlich nicht einmal gemerkt hätte, wenn sie auf seinen Rücken gesprungen wäre.
Lusa betrachtete die Flachgesichter, die sich über sie gebeugt hatten. Sie wirkten freundlich und reinigten gewissenhaft ihr Fell, ohne an den Haaren zu ziehen und ihr wehzutun. Warum machten sie das? Lusa verstand es nicht. Warum gossen die Flachgesichter das klebrige Zeug erst ins Wasser und reinigten dann wieder die Tiere, die damit in Berührung kamen? Warum kippten sie das Öl überhaupt ins Wasser? Lusa zerbrach sich den Kopf über diese Frage.
»Das verstehe ich nicht«, zirpte eins der Flachgesichter in der hohen Tonlage, mit der sie alle sprachen. »Sosehr ich das Fell hier auch reinige, es bleibt einfach schwarz.«
Lusa verstand die Worte nicht, doch das Flachgesicht klang ratlos.
»Hier ist es dasselbe!«, sagte eine andere Flachgesichtige.
»Ich glaube, das ist überhaupt kein Eisbärenjunges«, zwitscherte das Flachgesicht, das über ihren Kopf gebeugt war. »Sieh dir mal die großen Ohren an.
Weitere Kostenlose Bücher