Seekers - Feuer im Himmel - Band 5
Zeit einplanen als gedacht. Er konnte nicht einfach in die Höhle platzen, brüllend mit den Krallen um sich schlagen und mit ihr davonlaufen. Zuerst musste er sich überlegen, wie er den Käfig überhaupt öffnen wollte. Voller Unruhe betrachtete Toklo wieder die schreienden Flachgesichter. Flachgesichter brüllten so gerne, das konnte die ganze Nacht so gehen. Er musste sich zurückziehen und über einen neuen Plan nachdenken.
Auf dem Rückweg in seine Höhle rutschte er immer wieder auf dem spiegelglatten Eis aus. Nachts sah man nicht so gut, wo man die Tatzen hinsetzen konnte. Als er das zweite Mal ausrutschte, glitten ihm die Tatzen zu beiden Seiten weg, und er schlug mit dem Kinn hart auf dem Boden auf. Der Schmerz zuckte ihm durch den Körper. Er rappelte sich auf und kroch mühsam weiter.
Wenn sie nur wieder auf dem Festland wären! Er hätte Lusa viel leichter befreien können, wenn Erde, Bäume und Gras ihn umgeben hätten, das stand fest. Und dort würde es auch jede Menge Beute geben! Sein Magen knurrte wieder, doch er war zu müde, und sein Kinn schmerzte zu sehr, als dass er auf Jagd hätte gehen können.
Toklo rollte sich in seiner Schneehöhle zusammen und fiel in einen unruhigen Schlaf. Seine Träume waren wirr und quälend. Flachgesichter jagten ihn, während andere plötzlich aus dem Schnee auftauchten und ihn mit ihrem sinnlosen Geschnatter anschrien. Der Ölgestank erfüllte seine Nase, und während er rannte, quoll das schwarze Zeug unter ihm aus dem Boden und setzte sich an seinen Tatzen fest, egal, wie er sich bemühte, es wieder loszuwerden.
Als er aufwachte, tat ihm der Kopf weh. Die Dämmerung hatte eingesetzt und ein schwacher honigfarbener Streifen leuchtete am Horizont.
Er hatte das merkwürdige Gefühl, dass ihn etwas aufgeweckt hatte, ein Geräusch – da war es wieder. Ein Schlurfen und Knirschen im Schnee. Etwas kam direkt auf seine Höhle zu! Er schnupperte in die Luft und witterte den dumpfen, pelzigen Geruch von Bären.
Knurrend sprang Toklo auf und stürzte hinaus in den Schnee. Er fletschte die Zähne, bereit, jeden Eisbär abzuwehren, und sei er noch so groß.
Doch zu seiner Überraschung sah er in das Gesicht eines Braunbären, der ihn genauso überrascht anstarrte. Dann, endlich, erkannte er die Gerüche.
»Ujurak!«, keuchte Toklo. Da tauchte hinter seinem Freund ein Eisbär auf. »Kallik!«
»Toklo!«, bellte Ujurak erfreut. Er sah sich suchend um und warf Toklo einen besorgten Blick zu.
Toklo wusste nicht, was er sagen sollte. Ja, ich habe Lusa verloren. Ich konnte sie doch nicht beschützen und in Sicherheit bringen. Die Schuld lastete schwer auf ihm und einen Augenblick brachte er kein Wort heraus.
»Oh nein«, rief Kallik, die mit einem entsetzten Blick Witterung aufnahm. »Wir hatten recht. Lusa ist etwas zugestoßen!«
26. KAPITEL
Lusa
Lusa hatte Mühe zu unterscheiden, ob es Tag oder Nacht war. Wenn sie die Augen öffnete, war alles voller Lichter, und sie sah Flachgesichter zwischen den Käfigen hin und her laufen.
Als sie zum zweiten Mal aufwachte, vermutete sie, dass es dämmerte. Die grünen Wände der Höhle sahen blasser aus, so als lugte das Sonnenlicht noch zögerlich von außen herein. Lusa setzte sich auf und rieb sich mit den Tatzen die Augen. Sie war schon viel wacher als am Tag zuvor. Und sie war sehr hungrig. Ein Blick durch die Gitter ihres Käfigs sagte ihr, dass sie damit nicht allein war. Eine Robbe warf sich wenige Bärenlängen von ihr entfernt in ihrem Käfig hin und her und wimmerte erbärmlich. Überall in der Höhle schlugen Seevögel in ihren Gefängnissen mit den Flügeln. Manch ein Jammern und Knurren, das sie hörte, war Lusa völlig fremd. Sie hatte keine Ahnung, von welchen Tieren es kam.
Als sie sich umsah, entdeckte sie zu ihrer Überraschung einen weiteren Bären. Wahrscheinlich war er in der Nacht gebracht worden, während sie geschlafen hatte. Sie steckte die Nase durch die Gitterstäbe und betrachtete ihn. Sein Käfig war viel größer als ihrer, denn es war ein ausgewachsener Eisbär. Er schlief noch, seine Brust hob und senkte sich mit einem abgehackten Schnarchen. Lusa hatte zunächst Angst vor ihm, doch dann erinnerte er sie an Qopuk, den gebrechlichen alten Bären, dem sie nicht weit vom Großen Bärensee begegnet waren.
Wie Qopuk sah auch dieser Eisbär so schwach aus, als ob ihn seine Beine nicht mehr tragen würden. Trotzdem hatten ihm die Flachgesichter die Tatzen zusammengebunden, damit er nicht mit
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