Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
das die Feuerbiester? Oder ist das Donner?
Nun wurde das Geräusch immer lauter, und schließlich tauchte am Horizont hinter dem zerstörten Bohrturm ein Silbervogel auf, dessen glänzende Flügel die Luft zerschnitten. Das Entsetzen ließ Kallik erstarren.
»Seht dahinten!«, kreischte sie. »Sie fangen uns mit Netzen und schaffen uns fort! Lauft weg!«
Und auf Kalliks Kommando rannten die Bären los, rutschend und stolpernd im aufgewühlten Schnee das Tal hinunter, doch der Silbervogel folgte ihnen. Seine bösartigen Flügel hackten durch den Himmel, kreischten gegen den böigen Wind an.
Wie schnell sie auch liefen, der Vogel war schneller. Er schwebte über ihnen. Doch anstelle des Netzes, das Kallik erwartet hatte, schlug etwas anderes neben ihr ein und ließ den Schnee aufspritzen.
»Feuerstöcke!«, rief Lusa.
Nun begriff auch Kallik die schreckliche Wahrheit. Der Silbervogel hatte gar nicht die Absicht, sie fortzuschaffen, sondern es befanden sich Krallenlose darin, die sie töten wollten. Sie lehnten sich aus dem Vogel heraus und ihre Rufe drangen mit den Windstößen bis zu Kallik.
Sie sind wütend, weil wir den Bohrturm zerstört haben. Öl ist den Krallenlosen wichtig. Aber von hier können sie ihr Öl nicht holen. Diese Insel ist wichtiger als Öl.
»Lauft zur Höhle!«, bellte Toklo.
Die Bären rannten schneller als je zuvor, rannten um ihr Leben, immer vor dem Silbervogel her. Geduckt und hakenschlagend versuchten sie dabei, den Feuerkugeln auszuweichen, die um ihre Köpfe pfiffen. Einmal hatte Kallik das Gefühl, eine dieser Kugeln hätte ihren Pelz gestreift. Lusa stolperte über ihre eigenen Tatzen und rollte über mehrere Bärenlängen den Hang hinunter, bevor Toklo sie wieder auf die Tatzen hievte und weitertrieb.
Als der Eingang zur Höhle in Sicht kam, blickte Kallik sich verzweifelt nach Kissimi um. Es war nichts von ihm zu sehen. Sie konnte nur hoffen, dass er ihren Ermahnungen gefolgt und brav in der Höhle geblieben war.
Wir schaffen es!, dachte sie.
Doch bevor sie sich in den Schutz der Höhle retten konnten, tauchte der Silbervogel noch ein bisschen tiefer herab. Kallik sah, wie sich einer der Krallenlosen herauslehnte und seinen Feuerstock genau auf Ujurak richtete. Sie hörte das Knallen der Waffe, aber im selben Moment stieß Lusa Ujurak zur Seite. Von der feurigen Kugel getroffen, stürzte sie zu Boden. Blut tropfte aus ihrem Hinterbein und färbte den Schnee rot.
Über ihren Köpfen stieg der Silbervogel zum Himmel auf und flog davon.
23. KAPITEL
Toklo
Toklo war wie vor den Kopf geschlagen, als er Lusa zu Boden sinken sah. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, was geschehen war.
»Nein!«, schrie Kallik, beugte sich über Lusa und stupste sie verzweifelt an.
Ujurak starrte mit vor Entsetzen geweiteten Augen auf die kleine Schwarzbärin. »Nicht Lusa! Ich!«, flüsterte er.
Auch Toklo beugte sich über die Freundin, um ihre Wunde zu beschnuppern. Noch immer sickerte Blut daraus hervor, aber die Wunde war nicht sehr tief. Ihm fiel ein Stein vom Herzen, als er sah, dass sie noch atmete.
»Sie lebt!«, rief er.
Lusa begann sich zu regen, hob den Kopf und blickte sich benommen um. »Was ist mit Ujurak?«, fragte sie.
»Dem geht’s gut«, beruhigte sie Kallik. »Komm, wir helfen dir in die Höhle.«
Doch bevor sie anpacken konnten, hörten sie ein gewaltiges Rumpeln und Grollen. Es war noch viel lauter als der Silbervogel und ließ die Erde erbeben.
»Was ist das?«, fragte Toklo und blickte sich argwöhnisch um. »Das kann kein Donner sein!«
Kallik starrte talaufwärts, die Augen weit aufgerissen vor Schreck. »Lawine«, stieß sie hervor.
Ihrem Blick folgend, sah Toklo den Silbervogel hinter dem Berg verschwinden. Der von seinen Flügeln aufgepeitschte Wind hatte den Schnee auf den Hängen gelockert, der jetzt langsam, ganz langsam, zu rutschen begann. Mit Entsetzen sah Toklo, wie die gewaltigen Schneebrocken immer schneller wurden.
»Rennt zur Höhle!«, brüllte er.
»Das schaffen wir nicht!«, erwiderte Kallik mit zitternder Stimme.
Erstarrt vor Angst, sahen die vier Bären die Schneewand auf sich zukommen. Schäumend wie eine Riesenwelle, schien sie das ganze Tal mit ihrem ohrenbetäubenden Tosen zu verschlingen. Sie war schneller als ein Feuerbiest, schneller als der Silbervogel und noch weniger aufzuhalten als eine dahinstürmende Karibuherde.
Ich kann nicht glauben, dass es so endet, dachte Toklo verzweifelt. Nach allem, was ich getan habe, um
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