Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
er würde in Sternentiefen versinken, wie ein springender Lachs, der in den Fluss zurückfällt. Er schloss die Augen und plötzlich befand er sich auf Reisen. Er sah Braunbären in einem tiefgrünen Wald, die sich auf die Hinterbeine stellten und miteinander spielten; eine Schwarzbärenfamilie, die unter einem Busch voller leuchtender Beeren nach Maden grub; eine Eisbärin, die sich auf dem Schnee ausruhte, neben sich eine frisch erlegte fette Robbe.
Während er das alles in sich aufnahm, begann er zu verstehen, worum es ging. Er spürte die neue, wilde Entschlossenheit, die von den Herzen all dieser Bären ausging. Dadurch, dass er die Insel und die Höhle der Selamiut gerettet hatte, war die Tür zwischen den lebenden Bären und ihren Ahnen aufgestoßen worden. Er hatte den Geist der Freiheit bewahrt, der zum Wesen der Bären gehört. Wäre die Höhle zerstört worden, wäre der Funke dieser Freiheit im Herzen aller Bären verloschen.
Die Stimme seiner Mutter, voller Zuneigung, drang an sein Ohr. »Und sieh nur, was aus deinen Freunden geworden ist.«
Ujurak stellte fest, dass er die Gefährten aus der Distanz des Todes sehen konnte, als würde er vom Himmel auf sie herabblicken. »Ich wünschte, ich hätte sie nicht verlassen müssen«, sagte er traurig. »Sie werden glauben, dass ich tot bin, aber das stimmt nicht, oder?«
»Nein, du bist nicht tot.« Seine Mutter drückte ihre Schnauze gegen seine Schulter. »Und mit der Zeit werden sie das auch verstehen. Sieh genau hin.«
Noch einmal richtete Ujurak seinen Blick auf die drei Freunde. Ihm wurde klar, dass sich jeder von ihnen durch ihre gemeinsame Reise verwandelt hatte. Er kannte sie so genau, als würde er selbst in ihrem Fell stecken. Toklo, der zu einem unerschütterlichen Kämpfer für die gute Sache geworden war. Stark, mutig und jederzeit bereit, schwächere Bären zu beschützen. Lusa, die auf ihrer Reise die Wildnis in sich aufgenommen hatte, um Okas verlorenes Junges zu finden. Und Kallik, die bereit war, sich um künftige Generationen von Eisbären zu kümmern.
»Sie sind jetzt echte wilde Bären«, sagte seine Mutter, »und sie werden anderen Bären ein Vorbild sein.«
Die Bilder, die Ujurak sah, verblassten, und er kehrte zurück an den Ort der Dunkelheit, der nur vom Sternenlicht im Fell seiner Mutter erhellt wurde. Als sie ihm winkte, erhob er sich und trat an ihre Seite.
»Jetzt bist du zu Hause«, sagte sie. »Ich habe so lange auf dich gewartet, mein lieber Sohn. Komm, wandel mit mir im Himmel und denke immer daran, dass ich sehr stolz auf dich bin.«
25. KAPITEL
Lusa
Lusa stand bis zum Bauch im Schnee, doch noch kälter als dieser war der Klumpen in ihrem Bauch. Der Tag ging zu Ende, Schatten hüllten die Berggipfel ein, während die letzten Sonnenstrahlen vom Himmel verschwanden.
»Ujurak ist tot!«, flüsterte Lusa vor sich hin und starrte auf den Grabhügel. Sie konnte ihre Gedanken nicht von dieser schrecklichen Wahrheit lösen.
»Lusa.« Toklo stieß sie sanft an. »Wir müssen jetzt zur Höhle.«
Lusa hörte ihn kaum. Sie schaffte es nicht, auch nur eine Tatze zu rühren, bis Toklo ihr einen etwas härteren Stoß verpasste.
»Komm schon«, drängte er. »Wir können nichts mehr für Ujurak tun.«
Endlich setzte Lusa sich in Bewegung, wenn auch nur langsam, Schritt für Schritt. Toklo stand ihr als verlässliche Stütze zur Seite, während sie sich durch den Schnee kämpfte.
»Ich seh mal schnell nach Kissimi«, sagte Kallik und eilte voraus.
Lusa konnte sich nicht dazu aufraffen, sich Gedanken um das Junge oder um irgendetwas sonst zu machen. Wie sollen wir ohne Ujurak nach Hause kommen?, fragte sie sich. Er hat uns hierhergeführt, jetzt kann er uns doch nicht im Stich lassen!
»Er wusste, dass er sterben könnte, also hätte er einfach ein bisschen vorsichtiger sein sollen«, sagte sie grollend zu Toklo.
»Ujurak konnte seiner Bestimmung nicht entkommen«, erwiderte Toklo barsch, »genauso wenig wie wir. Er hätte uns nicht hergebracht, wenn wir alle hätten sterben müssen.«
Humpelnd folgte Lusa ihm in die Höhle und wünschte sich, die Schmerzen in ihrem Bein würden den Schmerz in ihrem Herzen überdecken.
Sie trotteten nacheinander durch den Eingangstunnel und gelangten in die große Höhle, wo Kallik Kissimi bereits liebevoll ableckte. »Siehst du, ich bin zurückgekommen«, sagte sie leise. »Und jetzt lasse ich dich auch nicht wieder allein.«
Mit seinen hellen Augen sah Kissimi sich blinzelnd um. »Wo
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