Seekers. Sternengeister: Band 6 (German Edition)
Uj’rak?«, fragte er.
Kallik zögerte und suchte den Blick der anderen. Für einen Moment schien es, als wäre sie nicht in der Lage, Kissimi zu antworten. »Alles in Ordnung«, murmelte sie schließlich. »Er musste woanders hin.«
Nichts ist in Ordnung, dachte Lusa wütend. Nichts wird je wieder in Ordnung sein. Ujurak ist tot.
Sie trottete in die Ecke der Höhle, wo sich die Bärenbilder an der Wand befanden, angetrieben von dem Wunsch, wieder alle vier Bären beisammen zu sehen. Doch als sie davor stand, starrte sie die Wand ungläubig an. Anstelle der vier Bären waren nur noch drei dort zu sehen: ein schwarzer, ein brauner und ein weißer.
»Nein!«, schrie sie. »Toklo, komm mal her und sieh dir das an!«
Toklo eilte herbei, und auch ihm blieb das Maul offen stehen, als er erkannte, dass einer der Braunbären verschwunden war. Doch dann sah er etwas genauer hin und deutete mit der Schnauze auf die Sterne am Himmel über den Bärenbildern.
»Sieh nur«, sagte er mit zitternder Stimme. »Da hat sich was verändert.«
Lusa erkannte, dass sich die Menge der Sterne vergrößert hatte. Der Umriss der Großen Bärin war noch da, doch direkt hinter ihr war jetzt eine kleinere, weiß gepunktete Gestalt zu sehen.
»Glaubst du –?«, flüsterte Lusa.
Blinzelnd brach sie ab. Die weißen Sternzeichnungen schmerzten in ihren Augen, und mit atemloser Verblüffung registrierte sie, dass sie zu leuchten begannen, heller und immer heller, bis sie den weißen Glanz echter Sterne ausstrahlten.
Es waren keine Zeichen an der Wand mehr. Sie schwollen an und füllten bald die ganze Höhle aus. Und dann standen die beiden Sternenbären da, einer riesig groß, der andere kleiner, aber beide mit sternenhellem Fell und einer Weisheit in den Augen, so tief wie das Meer.
»Ujurak und seine Mutter!«, rief Toklo mit erstickter Stimme.
Kallik war zu ihren Freunden getreten, und so beobachteten alle drei Bären mit offenen Mäulern, wie die Sternenbären die Köpfe neigten und stumm zum Ausgang der Höhle trotteten.
Lusa war die Erste, die das Wort ergriff, voller Freude und Aufregung. »Kommt! Wir müssen ihnen folgen.«
Draußen war es dunkel geworden, das Sternenlicht glitzerte im mit Geröll übersäten Tal. Während Lusa und die anderen vor der Höhle stehen blieben, stapften die beiden Sternenbären in den Schnee hinaus.
»Seht mal!«, flüsterte Lusa. »Sie hinterlassen überhaupt keine Spuren!«
Plötzlich begannen die Sternenbären zu laufen, huschten immer schneller über den Schnee und erhoben sich schließlich in die Lüfte. Je höher sie aufstiegen, desto mehr verblassten ihr Fell und die Konturen ihrer Körper, bis nur noch schwache Umrisse zu sehen waren. Anmutig liefen sie himmelwärts, um sich am Ende mit den übrigen Sternen zu dem vertrauten Sternbild zu vereinigen, das den Bären auf ihrer ganzen Reise den Weg gewiesen hatte.
»Ujurak ist heimgekehrt«, flüsterte Kallik.
26. KAPITEL
Kallik
Während Kallik zu den Sternen hinaufblickte, schienen sie immer heller zu leuchten. Dann bemerkte sie ein seltsam zartes Licht, das am oberen Ende des Tals über dem Horizont aufstieg. Anfangs zeigte es sich im blassen Rosa des nahenden Sonnenaufgangs, nahm aber rasch immer mehr an Intensität zu, bis es tiefrot strahlte.
»Was ist da los?«, wunderte sich Kallik. »Steht der Krallenlosenort in Flammen?«
Doch dann wurden die prächtig leuchtenden Lichtstreifen dicker und begannen sich in den Himmel hinaufzubauschen. Farbströme ergossen sich vom Himmel und schossen ihnen vom Boden entgegen. Kaskaden von Gold, Waldgrün und dem eisigen Blau des Himmels über dem Ewigen Eis.
»Es sind die Seelen!« Lusas Stimme war von Ehrfurcht erfüllt. »Die Seelen sind zurückgekehrt!«
Kalliks Atem ging schneller und das Herz in ihrer Brust hüpfte wie ein gefangener Vogel. Sie hätte ewig so dastehen und zusehen können, wie die Farbfelder sich ausbreiteten, bis sie den ganzen Himmel vibrieren ließen.
Die Seelen tanzen wieder. Wir haben die Wildnis gerettet und deshalb sind sie zurückgekehrt.
Eine grelle Feuerzunge schnellte vom Himmel herab und strich über Kalliks Rücken. Sie zuckte zurück, weil sie befürchtete, sich zu verbrennen, doch die Berührung war weich und liebkosend.
Sanft drang Nisas Stimme an ihr Ohr. »Du hast deine Sache gut gemacht, meine Tochter. Ich bin stolz auf dich.«
Und während Kallik staunend den Worten ihrer Mutter lauschte, wurde sie von einer weiteren Lichtspirale umfangen, und eine
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