Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)
an einigen Restaurants vorbeikommen. So ganz habe ich die Hoffnung auf Zwiebelrostbraten nämlich noch nicht aufgegeben. Rudolf ist sofort einverstanden, vor allem, weil man dort sicherlich jemanden findet, der das »Eigeltinger’sche Museum« kennt, wie er gut gelaunt verkündet.
Ich könnte meinen Herzallerliebsten jetzt natürlich darauf hinweisen, dass das Museum nur eine Vermutung ist. Wäre doch auch denkbar, dass die womöglich gar nicht mehr so feengleiche Eigeltinger-Tochter als Angestellte bei der Stadtverwaltung arbeitet, in der Finanzbuchhaltung zum Beispiel, oder Hausfrau und Mutter von vier entzückenden Kindern ist. Aber ich halte lieber wieder meinen Mund und genieße es, händchenhaltend mit Rudolf am See entlangzuschlendern.
Ein Grüppchen von Frauen im Joggingdress und mit Nordic-Walking-Stöcken schaut uns bewundernd nach, und ich kann ihre Gedanken förmlich lesen: Wie angelt man sich nur einen solchen Traummann? Ich platze fast vor Besitzerstolz und fühle mich ähnlich toll wie damals, als ich mit meiner Perserkatze Sissy den ersten Preis beim Katzenschönheitswettbewerb eines namhaften Tierfutterherstellers in Wilmersdorf gewonnen habe.
Deshalb schüttle ich auch sofort den Kopf, als Rudolf auf die Idee kommt, ein Postamt zu suchen und dort im Telefonbuch nach der Eigeltinger-Tochter zu fahnden. »Die Post hat jetzt geschlossen«, behaupte ich einfach. Ich lass mir doch diesen schönen Spaziergang nicht kaputt machen! Aber Rudolf hat schon meine Hand losgelassen und steuert direkt auf eine grauhaarige Frau zu, die in ihrem Vorgarten die Rosen schneidet. Frau Blumer fällt mir ein. Wollte sie das nicht auch schon längst erledigen?
»Eigeltinger, Eigeltinger«, murmelt die Frau. »I glaub, i kann Ehna scho helfa!« Sie richtet sich auf, legt die Gartenschere auf die Fensterbank und ruft dann: »Alois, wer isch etzt no amole Eigeltinger? ... Alois!«
»Es könnte sich hierbei um ein Museum handeln«, hilft mein Herzallerliebster liebenswürdig weiter. Er lehnt am Gartenzaun und ignoriert sogar das Klingeln seines Handys.
»Kommsch etzt endlich? Alois!«, ruft die Frau in Richtung Wohnzimmer. Doch Gatte Alois, der soeben reichlich schlecht gelaunt auf der Terrasse auftaucht, kann auch nicht weiterhelfen. Er scheint aus seinem Mittagsschlaf gerissen worden zu sein, denn er gähnt herzhaft und schüttelt nur den Kopf, als seine Frau behauptet: »Ha etzt aber, du wirsch doch wohl noch wisse, wer Eigeltingers sind, oder ita?«
Nur einer Nachbarin, die mit dem Staubtuch in der Hand vor die Haustür getreten ist und neugierig herüberschaut, ist es schließlich zu verdanken, dass unser Ausflug doch noch erfolgreich zu werden scheint.
»D’ Lolita isch doch a gebirtige Eigeltinger. Dia findet Se beschtimmt in ihrem Lade in dr Ulrich-Kudrer-Stroß!«, ruft sie über den Zaun. »Ganget Se oifach zrück, immer am See lang und dann da vorna gohts links nauf, des sehet Se dann scho ...«
Rudolf strahlt mich an. »Na siehst du, mein Schatz, was hab ich gesagt. Man muss nur mit den Leuten reden.«
»Von Museum war jetzt aber nicht mehr die Rede, eher von einem Laden«, wende ich ein und überlege, wie ich endlich zu einer vernünftigen Mahlzeit komme. Dann bin ich aber doch wieder versöhnt – sehr sogar! Denn kurze Zeit später stehen wir vor
Loli’s Shoes & more
und gleich das erste Paar, das ich im Schaufenster entdecke, schreit förmlich danach, von mir gekauft zu werden, vor allem zu diesem sagenhaften Preis.
»Ja!«, rufe ich begeistert. Den entgeisterten Blick Rudolfs ignoriere ich lieber mal. »Herrlich! Da muss ich rein!«
Leider ist er nun plötzlich überhaupt nicht mehr davon überzeugt, dass es sich bei Lolita tatsächlich um die Tochter handelt, und so bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn mit sanfter Gewalt in den Laden zu bugsieren. Diese Gelegenheit, überirdisch schöne und zugleich erstaunlich günstige Schuhe zu erstehen, werde ich mir doch nicht entgehen lassen.
Normalerweise ist Schuhkauf für mich ein gewisses Problem und endet meistens damit, dass ich resigniert ein Paar kaufe, das entweder nicht passt oder viel zu teuer ist. Voraus geht dem immer eine höchst unerfreuliche Erörterung von Problemen wie Senk-, Spreiz- und Plattfuß, und die Krönung ist regelmäßig der spöttisch-mitleidige Blick der Verkäuferin, wenn ich gestehen muss, dass ich tatsächlich Schuhgröße zweiundvierzig habe.
In Lolita Eigeltingers Laden allerdings läuft es für mich richtig
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