Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)
gehst jetzt endlich ans Telefon. Sag mal, hörst du denn nicht, dass es läutet?«
Ich lausche. Tatsächlich! Yasemin muss sich ja ganz schön beeilt haben. Ich stürze los und reiße das Telefon aus der Ladestation. »Und? Hast du was rausgefunden?«, rufe ich atemlos.
»Dass do jemand mit dem Karre ganz gwaltig irgendwo nabollert isch«, dröhnt es mir entgegen. »Da isch ja no an halber Gstoinsbrocke draghängt, ah, was sag i do, a halbs Gebirge …«
»Oh, Herr Huber, das ist ja großartig«, murmle ich, was vermutlich ziemlich unpassend ist, denn er meint: »Ha, da wär i mir etzt it so sicher, so an Gstoinsbrocke isch scho a Sach.«
»Natürlich, natürlich«, beteure ich. »Ich meinte natürlich damit auch nur, wie erleichtert ich bin, dass das Auto bei Ihnen steht. Wer zu Huber sein Auto bringt, vor Freude an die Decke springt«, ergänze ich, um alle Missverständnisse auszuschließen.
»Ha jo, so isch es«, bestätigt Herr Huber.
»Und wie kommt das Auto in Ihre Werkstatt?«, erkundige ich mich.
Herr Huber lacht herzlich: »Wahrscheinlich isch es vom Himmel rontergfloga, gell.«
Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich Herrn Härle am Sonntag die Schlüssel in die Hand gedrückt, doch auch Uli wollte sich um das Auto kümmern. Aber eigentlich ist das alles nebensächlich, viel wichtiger ist die Frage: »Wann kann ich das Auto abholen?«
»Vergesset Sie’s am beschte die ganz Woch, mir bauet nämlich au no den Modor halber aus und gucket, ob des wirklich alles so isch, wie mir urschprünglich agnomme hend. In so oim Fahrzeug, da schteckt ma wahrlich it drin, des sag i Ihne.«
Verärgert lege ich auf. Wie es aussieht, werden wir nicht vor Ende der Woche unseren Zwangsurlaub hier beenden können. Denn eine Zugfahrt ist für Rudolf in seinem jetzigen Zustand ein Ding der Unmöglichkeit. Ob mein Herzallerliebster denn schon aufgewacht ist?
»War das eben deine Freundin?« Frieda, ein Tablett in der Hand (mit einem sehr liebevoll angerichteten Frühstück für Papa), steht am Fuß der Treppe und sieht mich fragend an. »Jetzt sag schon!«
»Das war nicht Yasemin, das war Herr Huber. Von der Autowerkstatt. Rudolf findet nämlich, man sollte das Auto noch mal gründlich durchchecken lassen. Nicht dass bei der Rückfahrt irgendwas passiert«, schwindle ich. »Rudolf macht sich große Sorgen, dass womöglich die Bremsen nicht in Ordnung sind. Und er will unsere gemeinsame Zukunft einem solchem Risiko nicht aussetzen, hat er ausdrücklich betont.«
»Ach ja? … Bevor ich es vergesse: Gibt es in diesem Haushalt vielleicht auch eine Schürze? Ich möchte mir nicht mein Kostüm ruinieren.«
»Frau Blumer hat immer eine Kittelschürze angehabt, aber wo die jetzt ist, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat sie das gute Stück ja mitgenommen. Stell dir vor, die Schürze ist Eigentum der Laienspielgruppe Zollenreute. Keine Ahnung, wie die Blumer dazu gekommen ist.«
Auf dem Tablett klappert das Frühstücksgeschirr, und Frieda hält sich am Geländer fest. Ich finde, dass sie plötzlich reichlich blass geworden ist, aber als ich ihr das sage, wehrt sie ab: »Nein, nein, alles in Ordnung, liegt nur am Wetter. Das geht im Moment jedem so.«
»Übrigens: Sobald Herr Huber grünes Licht gibt, geht’s wieder nach Berlin.«
»Ach ja?«
Ich finde, dass Frieda an diesem Morgen etwas zu oft
ach ja
sagt!
Rudolf liegt wieder so merkwürdig verrenkt da, dass ich erschrecke. Aber dann sehe ich, dass er noch atmet, und bin beruhigt. Er lächelt, als ich ihn zärtlich wachküsse. »Gut geschlafen?«
»He, machst du Witze? Bei
den
Rückenschmerzen! Ich nehme an, dass mindestens eine Rippe gebrochen ist. Der Kurpfuscher gestern hat mich nur nicht gründlich genug untersucht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt einen einzigen Schritt machen kann. Aber du wirst mich nicht jammern hören.«
Jammern nicht, aber … »Was war denn das für ein merkwürdiges Geräusch?«, frage ich irritiert.
»Geräusch? Welches Geräusch? Ach so, du meinst das Handy. Da kam wohl eben eine SMS.« Mit schmerzverzerrtem Gesicht holt er es unter der Bettdecke hervor. »Merkwürdig, wie kommt es plötzlich hierher?«
Ich nicke. »Ja, ja, Wunder gibt es immer wieder«, sage ich. Es ist aber schon sehr merkwürdig, wie das Handy aus Rudolfs rechter Jackentasche (wo ich es gestern noch höchstpersönlich verstaut habe) plötzlich in sein Bett gewandert ist.
»Dir kann man aber auch gar nichts verheimlichen«, meint er und grinst dabei
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