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Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Titel: Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann
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schief. »Jetzt hast du mich kalt erwischt. Ja, ich bin vorhin mal kurz aufgestanden, trotz dieser höllischen Schmerzen. Ich musste doch Ramón anrufen, dass er sich um einen zuverlässigen Klempner kümmert. Mir ist da nämlich heute früh noch was eingefallen. Was hältst du davon, wenn wir in unserem Bad einen schicken Whirlpool einbauen lassen? Man müsste lediglich die Wand zu dem kleinen Zimmer daneben rausreißen.«
    Ich falle Rudolf um den Hals (sehr vorsichtig natürlich) und schäme mich gewaltig. Wie konnte ich mich von Frieda nur so breitschlagen lassen? Ermittlungen! Dieses Misstrauen hat mein Herzallerliebster nun wirklich nicht verdient. »Rudolf, ich liebe dich!«
    »Aua!« Er verzieht das Gesicht und schiebt mich weg. »Ich brauche unbedingt Schmerztabletten. Und das lange Liegen bekommt mir überhaupt nicht. Mein Orthopäde in Berlin würde vermutlich sagen, dass ich mich bewegen solle.« Er beißt die Zähne zusammen, als er sich vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter, aufrichtet. Leise stöhnend schafft er es aufzustehen. Ich reiche ihm die Hand, aber er schüttelt entschlossen den Kopf.
    »Ich schaffe das!« Dann, nach ein paar unsicheren Schritte, scheint es besser zu gehen, denn er meint: »Ein kleiner Spaziergang würde mir sicherlich guttun.«
    »Wir könnten doch heute Nachmittag einen wunderschönen Spaziergang durch den Park machen. Hab ich dir schon gesagt, dass die Bäume dort zum Teil über zweihundertfünfzig Jahre alt sind?«
    Rudolf lächelt nur, als ich ihm so vorschwärme. »Vergiss die Apotheke nicht«, meint er schließlich, und ich küsse ihn hastig. »Natürlich nicht, ich bin schon so gut wie weg.«
    Frau Stützle nützt den Montagvormittag und das schöne Wetter, um endlich einmal alle Fensterbretter von außen gründlich abzuwaschen.
    »Es isch so dringend nötig, dass ma do immer drableibt, gell!«, ruft sie mir zu, als ich das Haus verlasse. »Isch die Tante heit scho da? I will Sie um Himmels wille it aufhalte, Sie wellet bschtimmt ins Städtle, han i recht? Abr i tät Ihne gern amol ebbes zoige. Hättet Sie grad a Minütle?«
    Ich habe kein Minütle, ich habe nicht mal ein Sekündle, stattdessen beschleunige ich meine Schritte und stelle mich taub, und Frau Stützle muss sich wohl oder übel ein anderes Opfer suchen. Ich drücke Frieda, die im Garten die Rosen schneidet, fest die Daumen. Wenn sie viel Glück hat, ist sie schneller im Haus als Frau Stützle am Zaun.
    Ich renne zur Apotheke in der Hauptstraße. Die Eile hätte ich mir aber sparen können. Als ich nach Luft japsend mein Rezept über den Tresen schiebe, erfahre ich, dass dieses Schmerzmittel selten verschrieben werde. Aber in der Zentrale sei es vorhanden, und es könne dort bestellt werden, »wenn’s Ihne recht wär?«
    Ich kann mein Glück gar nicht fassen und kaufe vor lauter Freude darüber gleich noch eine große Flasche Multivitaminsaft (Rudolf muss wieder zu Kräften kommen, in jeder Hinsicht!), einen Antiaging-Balsam (ein absolut innovatives Produkt mit Hyaluronsäure und Nanopartikeln, was ziemlich erfolgversprechend klingt und entsprechend teuer ist) und eine Familienpackung Papiertaschentücher (in letzter Zeit wird in unserer Familie ziemlich viel geheult). Dann aber folgt die große Enttäuschung.
    »A halbe Stund müsstet Sie scho warte«, sagt die junge Frau, die mich bedient. »Sie kenntet sich ja so lang da drübe ins Café hocke.«
    Gemütlich im Café sitzen, während Rudolf zu Hause leidet? … Muss sein, entscheide ich, geht eben nicht anders. Aber dann entdecke ich neben der Apotheke das Schild:
    Dr. Francesco Pellicano
    Praktischer Arzt und Naturheilverfahren
    und ändere sofort meine Pläne.
    »Noi, des gibt’s doch ita!«, ruft Regina mir entgegen, als ich die Praxis betrete. »Etzt hend mr uns doch erscht beim Feschtle gseha. Bisch no guat hoimkomme?«
    »Schon«, sage ich nach dem ersten Schrecken. Ich weiß zwar, dass Aulendorf sehr überschaubar ist, aber dass man sich so oft trifft, erstaunt mich dann doch. Regina sieht mich erwartungsvoll an, und ich rette mich mit der schwäbischen Standardfrage: »So, bisch au da?«, was mir erstaunlich flüssig über die Lippen geht.
    Sie lacht. »Ha, i schaff doch do. Seit meine Kendr aus ’m Haus send, mach i wiedr an Fulltimejob. I bin halt au gschieda, weisch. Und du bisch etzt krank? Was hosch denn?«
    »Ich bin total gesund«, versichere ich. »Ehrlich, alles in Ordnung. Ich mache regelmäßig alle Vorsorgeuntersuchungen«, füge

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