Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)
aber das geht im allgemeinen Gekicher unter.
»Der macht sich da oben doch ganz ausgezeichnet«, mischt Frieda sich ein, die mit dem nächsten Lachanfall kämpft. »Ist das wirklich wahr, dass er sich die ganze Zeit über nicht bewegt hat?«
»I schwör’s«, kichert Moni. »Aber etzt tut mir den Gfalle und nehmt den Rudolf bloß mit. Um halber achte kommt nämlich mein Aquarellkurs und denne Weiber kann i’s it zumute, dass do an Nacketer rumliegt. Unser Programm hoißt übrigens: Mir malet die Menopause weg. Doro, wär des au was für di? ... Ach Gottle, da kommet ja scho die Erschte.«
Ich überhöre Monis Angebot großzügig, wische mir unauffällig ein paar Schweißtropfen von der Stirn (liegt bestimmt nur am Wetter!) und sehe ein, dass diesen arglosen Wesen, die gerade so nach und nach eintrudeln, Rudolf – in seinem jetzigen Zustand – nicht zugemutet werden kann.
Nachdem Frieda endlich ihren Schnaps getrunken hat, lässt sie sich sogar breitschlagen, Rudolf nach Hause zu fahren (»In Ordnung, ihr könnt ihn mir einpacken!«). Doch vorher muss ich ihr versprechen, auf alle Fälle zumindest die nächsten Tage in Aulendorf zu bleiben.
Es dauert aber dann doch noch eine Weile, bis Frieda endlich mit ihrem Straßenkreuzer in den Hof fährt. Und dann muss Rudolf verpackt werden, denn die Spritze scheint noch nicht zu wirken, und meine Versuche, ihm wenigstens seine Unterhose anzuziehen (neu, sehr schickes Modell, stelle ich fest, hat er bei mir noch nie getragen), scheitert an seinen lauten Schmerzensschreien.
Was geschäftsschädigend ist, wie Moni schimpft, weil dadurch die Damen vom Aquarellkurs erschreckt werden könnten. »Des isch ein Kurs vom Landfrauenverei«, erklärt sie, »und di zahlet prima.« Und deshalb kommt sie schließlich auf die Idee mit dem weißen Tischtuch. »Domit got dr Rudolf glatt als Römer durch«, meint sie.
Unter den neugierigen Blicken grauhaariger Damen befördern wir einträchtig einen sehr wortkargen Rudolf die steile Treppe hinunter. Gott sei Dank haben wir in letzter Sekunde noch daran gedacht, das Tischtuch mit Wäscheklammern zu befestigen. Rudolf kann sich also nicht beklagen, finde ich, und außer einem Stöhnen, als ich ihm auf den Fuß trete, ist von ihm auch nichts zu hören.
»Ihr kennet scho amol nauf!«, ruft Moni ihren sehr interessierten Damen zu. »Unser Thema sind heit die Hormone. Ihr kenntet euch ja scho amol überlege, wie ihr des künstlerisch darstelle tätet.«
Frieda kichert schon wieder, als sie Rudolf in seinem Tischtuch-Outfit sieht. Aber sie macht das sehr dezent in ihr Taschentuch, was ich ihr hoch anrechne. Weil wir inzwischen schon in Übung sind, schaffen wir es, Rudolf gleich beim ersten Versuch so auf den Rücksitz zu packen, dass man eigentlich losfahren könnte.
»Was ist?«, frage ich Frieda, die immer noch das Taschentuch vor den Mund gepresst hat. Wortlos hält sie mir den Autoschlüssel hin. Rudolf scheint nicht der Einzige zu sein, der die Sprache verloren hat.
Als ich den Rückspiegel einstelle und das Auto starte, sehe ich, wie Moni sich über ihn beugt und ihm zärtlich über die Wange streicht. Wütend lasse ich den Motor aufheulen.
Dass ich ihr den Anruf von Uli-wer-auch-immer nicht ausgerichtet habe, fällt mir erst ein, als wir schon zu Hause sind.
15. Kapitel
Tante Frieda scheint inzwischen doch der Meinung zu sein, ihre Anwesenheit im Haus sei dringend erforderlich. Am nächsten Morgen, in aller Herrgottsfrühe – ich bin noch bei der ersten Tasse Kaffee und den Todesanzeigen in der
Schwäbischen
–, klingelt sie jedenfalls Sturm.
»Ich habe frische Wecken mitgebracht und werde mich den ganzen Vormittag um deinen Vater kümmern, damit du entlastet bist«, verkündet sie und nimmt Jeanny (die sich das sogar gefallen lässt) wie ein Baby auf den Arm. »Ich dachte, du freust dich. Weil deine Frau Blumer doch etwas unzuverlässig ist.«
»Natürlich freu ich mich«, erwidere ich lahm. Dass ich extra früh aufgestanden bin, um ein paar Minuten meine Ruhe zu haben, verschweige ich lieber, Frieda könnte das missverstehen. Ich gähne. »Kennst du Frau Blumer eigentlich näher?« Dumme Frage, fällt mir ein, natürlich kennen die beiden sich. Wie hätte Frau Blumer sonst von Friedas Faible für Bienenstich wissen können?
»Wie kommst du denn darauf? Weshalb sollte ich deine Haushaltshilfe kennen?«, entgegnet Frieda empört.
Aber als ich die Stirn runzle (ich mache das nur, weil ich den nächsten Gähner
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