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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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lebhaften Erinnerung an ihre Schilderung, was die Hexen alles unternommen hatten, um meinen Eltern ihre Geheimnisse zu entlocken. Ich wischte die Gedanken beiseite, ignorierte das flaue Gefühl in meinem Magen und konzentrierte mich auf die Lücken in Matthews Argumentation.
    »Der Bann wurde mehr als ein Jahrhundert vor meiner Geburt eingesetzt. Das ist unmöglich.«
    »Nur weil etwas unmöglich erscheint, muss es nicht unbedingt unwahr sein«, widersprach er grimmig. »Das hat schon Newton gewusst. Niemand kann vorhersagen, was Knox anstellt, wenn er erst begreift, in welcher Beziehung du zu dem Bann stehst.«
    »Ich schwebe in Gefahr, egal ob ich das Manuskript noch einmal
abrufe oder nicht«, merkte ich an. »Knox wird auf keinen Fall locker lassen, oder?«
    »Nein«, gab er widerwillig zu. »Und er würde dich ohne zu zögern mit Magie attackieren, selbst wenn ihn jeder Mensch in der Bodleian dabei beobachten würde. Vielleicht könnte ich dich nicht mehr beschützen.«
    Vampire waren zwar schnell, aber Magie war schneller.
    »Dann setze ich mich an den Platz neben deinem. Und sobald das Manuskript aus dem Archiv geliefert wird, wissen wir Bescheid.«
    »Das gefällt mir nicht.« Matthew war sichtlich besorgt. »Es gibt einen schmalen Grat zwischen Tapferkeit und Leichtsinn, Diana.«
    »Ich bin nicht leichtsinnig  – ich will nur mein Leben zurück.«
    »Und was ist, wenn genau dies dein Leben ist?«, fragte er. »Was ist, wenn du die Magie nicht aus deinem Leben heraushalten kannst?«
    »Dann gehört mir wenigstens ein Teil davon.« Ich dachte an seinen Kuss und das urplötzliche, überwältigende Gefühl, lebendig zu sein, das mich dabei erfüllt hatte, und sah ihm tief in die Augen, damit er begriff, dass das auch ihn einschloss. »Aber ich lasse mich bestimmt nicht herumschubsen.«
    Noch während Matthew mich nach Hause brachte, zerbrach er sich den Kopf über meinen Plan. Als ich in die New College Lane bog, um durch den Hintereingang ins College zurückzukehren, griff er nach meiner Hand. »Kommt ja gar nicht in Frage«, sagte er. »Hast du nicht bemerkt, wie mich der Pförtner angesehen hat? Er soll wissen, dass du sicher zu Hause angekommen bist.«
    Wir spazierten über die unebenen Gehsteige der Holywell Street vor, passierten das Turf Pub und durchschritten schließlich das Tor des New College. Immer noch Hand in Hand spazierten wir an der Pförtnerloge vorbei.
    »Gehst du morgen wieder rudern?«, fragte Matthew am Fuß der Treppe zu meiner Unterkunft.
    Ich stöhnte. »Nein. Ich muss noch tausend Empfehlungsschreiben verfassen. Also werde ich in meinem Zimmer bleiben und einen Stapel abarbeiten.«

    »Ich fahre nach Woodstock und gehe jagen«, verkündete er beiläufig.
    »Dann Waidmanns Heil«, antwortete ich ebenso beiläufig.
    »Und es stört dich nicht, wenn du weißt, dass ich mir einen Hirsch erlege?« Matthew klang wirklich überrascht.
    »Nein. Ich esse manchmal Wachteln. Du ernährst dich manchmal von Rotwild.« Ich zuckte mit den Achseln. »Ich sehe da ehrlich gesagt keinen großen Unterschied.«
    Matthews Augen funkelten. Er lockerte seinen Griff kaum merklich, aber er ließ meine Hand nicht los. Stattdessen hob er sie an seine Lippen und setzte einen genussvollen Kuss auf das zarte Fleisch in meiner hohlen Hand.
    »Ab ins Bett!«, kommandierte er dann und ließ meine Finger los. Sein Blick wanderte ein letztes Mal erst über mein Gesicht, dann über meinen Körper, und hinterließ dabei eine Spur aus Eis und Schnee.
    Immer noch baff, dass ein Kuss in die Handfläche so intim sein konnte, sah ich ihn wortlos an.
    »Gute Nacht«, hauchte ich beim nächsten Atemzug. »Wir sehen uns am Montag.«
    Ich stieg die schmale Treppe zu meinem Apartment hinauf. Wer immer den Türknauf auch angezogen hatte, hatte dabei das Schloss ruiniert, denn Metall und Holz waren mit Kratzern überzogen. Drinnen schaltete ich das Licht ein. Natürlich blinkte der Anrufbeantworter wieder. Am Fenster hob ich die Hand, um zu zeigen, dass ich wohlbehalten angekommen war.
    Als ich ein paar Sekunden später wieder nach draußen sah, war Matthew bereits verschwunden.

15
    A m Montagmorgen lag eine magische, typisch herbstliche Stille in der Luft, und die ganze Welt wirkte frisch und klar. Ich konnte es kaum erwarten, ins Freie zu kommen, sprang im ersten Morgenlicht aus dem Bett und schlüpfte in meinen bereitliegenden Ruderdress.
    Während der ersten Stunde war ich allein auf dem Fluss. Sobald die Sonne über den

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