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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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hängte die Computertasche über meine Schulter.
    »Dr. Bishop, Sie haben Post!«, rief mir Fred aus seiner Loge zu.
    Mit vor Stress und Angst klopfendem Herzen sammelte ich den Inhalt meines Postfaches ein und winkte mit dem Briefstapel Matthew zu, bevor ich mich auf den Weg nach oben machte.
    In meinem Apartment streifte ich die Schuhe ab, massierte meine Schläfen und sah verstohlen auf den Anrufbeantworter. Gnädigerweise blinkte er nicht. Die Post bestand aus mehreren Rechnungen sowie einem großen braunen Umschlag, auf den mein Name getippt war. Nachdem keine Briefmarke darauf war, musste ihn jemand innerhalb der Universität abgeschickt haben. Ich schob den Finger unter den Klebestreifen und zog den Inhalt heraus.
    Ein Stück Papier hing mit einer Büroklammer an etwas Glattem, Glänzendem. Auf dem Papier stand, ebenfalls getippt, eine einzige Zeile.
    Denk immer daran.
    Mit zitternder Hand zog ich das angeheftete Papier weg. Es flatterte zu Boden und gab den Blick auf ein vertrautes Hochglanzfoto frei. Allerdings hatte ich es bis dahin nur in der Zeitung und in Schwarzweiß gesehen. Diesmal war es in Farbe und so bunt und lebendig wie an jenem Tag im Jahr 1983, an dem es aufgenommen worden war.
    Meine Mutter lag tot und mit dem Gesicht nach unten in einem Kreidekreis, das linke Bein in einem unmöglichen Winkel abgeknickt. Der rechte Arm streckte sich meinem Vater entgegen, der auf dem Rücken lag, mit halb eingeschlagenem Schädel und vom Hals bis zum Geschlecht aufgeschlitzt. Seine Eingeweide waren zum Teil aus der Wunde herausgezerrt worden und lagen jetzt neben ihm auf dem Boden.
    Etwas zwischen einem Stöhnen und einem Schrei rang sich aus meiner Brust. Zitternd, aber unfähig, die Augen von dem Bild abzuwenden, sackte ich zu Boden.

    »Diana!« Matthew klang erschrocken, aber seine Stimme war zu weit weg, als dass es mich gekümmert hätte. In weiter Ferne rüttelte jemand am Türknauf. Schritte hasteten die Treppe herauf, ein Schlüssel scharrte im Schloss.
    Die Tür sprang auf, und ich blickte in Matthews aschfahles Gesicht, neben dem Freds besorgte Miene schwebte.
    »Dr. Bishop?«, fragte Fred.
    So schnell, wie Matthew sich bewegte, musste Fred begreifen, dass er ein Vampir war. Er ging vor mir in die Hocke. Meine Zähne klapperten im Schock.
    »Können Sie meinen Wagen zum All Souls fahren, wenn ich Ihnen den Schlüssel gebe?«, fragte Matthew Fred über seine Schulter. »Dr. Bishop geht es nicht gut, sie sollte jetzt nicht allein sein.«
    »Keine Sorge, Professor Clairmont. Wir stellen ihn auf dem Platz von Professor Marsh ab«, antwortete Fred. Matthew warf dem Pförtner die Autoschlüssel zu, und Fred fing sie geschickt auf. Nachdem er mir einen letzten besorgten Blick zugeworfen hatte, zog er die Tür ins Schloss.
    »Mir wird schlecht«, flüsterte ich.
    Matthew zog mich auf die Füße und führte mich ins Bad. Dort sackte ich vor der Toilette in die Knie, ließ das Bild auf den Boden fallen, klammerte mich an die Schüssel und übergab mich. Als mein Magen leer war, ließ das Schlottern nach, trotzdem durchlief mich immer noch alle paar Sekunden ein Schauer.
    Ich klappte den Deckel zu, drückte mich an der Toilette hoch und betätigte die Spülung. In meinem Kopf drehte sich alles. Matthew fing mich auf, bevor mein Schädel gegen die Wand schlug.
    Plötzlich schwebten meine Füße in der Luft. Matthews Brust drückte gegen meine rechte Schulter, und seine Arme hatten sich unter meine Knie gehakt. Sekunden später legte er mich vorsichtig auf dem Bett ab, schaltete das Licht ein und drehte den Lampenschirm zur Seite. Mein Handgelenk lag in seinen kühlen Fingern, und die Berührung ließ meinen Puls langsamer gehen. Endlich konnte ich ihm wieder ins Gesicht sehen. Es wirkte so ruhig wie immer, nur in seiner Stirn pochte etwa jede Minute eine winzige dunkle Ader.

    »Ich hole dir etwas zu trinken.« Er ließ mein Handgelenk los und stand auf.
    Wieder überspülte mich die Panik. Ich sprang auf, denn mein Instinkt befahl mir, so schnell und so weit wie möglich wegzurennen.
    Matthew packte mich an der Schulter und zwang mich, ihn anzusehen. »Bleib hier, Diana.«
    Mein Magen hatte sich bis unter meine Rippen aufgeblasen und drückte mir die Luft ab. Ich wehrte mich gegen Matthews Griff, ohne zu begreifen oder mich dafür zu interessieren, was er sagte. »Lass mich los«, flehte ich ihn an und stemmte beide Hände gegen seine Brust.
    »Diana, sieh mich an.« Gegen Matthews Stimme oder die

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