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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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in die Ecke treiben dürfen.« Matthew schien sich tatsächlich zu schämen. »Manchmal weiß ich nicht, was ich mit dir anfangen soll. Du bist wie ein Perpetuum Mobile. Ich wollte doch nur, dass du einen Augenblick stillhältst und mir zuhörst.«
    Wahrscheinlich war es noch schwerer, mit meinem ständigen Bewegungsdrang fertig zu werden, wenn man ein Vampir war, der kaum zu atmen brauchte. Schon wieder kam mir der Abstand zwischen mir und Matthew unerträglich groß vor. Ich rappelte mich langsam wieder auf.

    »Verzeihst du mir?«, fragte er ehrlich. Ich nickte. »Darf ich?«, fragte er und deutete auf seine Füße. Ich nickte wieder.
    Er war mit drei schnellen Schritten bei mir, bevor ich mich aufgerichtet hatte. Mein Körper sackte gegen seinen, genau wie damals in der Bodleian, als ich ihn das erste Mal gesehen und er aristokratisch und voller innerer Ruhe inmitten des Duke-Humfrey-Lesesaales gestanden hatte. Diesmal allerdings zuckte ich nicht zurück. Stattdessen lehnte ich mich erleichtert an ihn, und diesmal fand ich seine Haut keineswegs beängstigend kalt, sondern angenehm kühl.
    Ein paar Sekunden blieben wir schweigend so stehen und hielten uns aneinander fest. Mein Herzschlag beruhigte sich, und seine Umarmung blieb ganz locker, obwohl mir sein bebender Atem verriet, dass ihm das nicht leichtfiel.
    »Ich muss dich auch um Verzeihung bitten.« Mein Leib schmiegte sich an seinen, und sein Pullover kratzte an meiner Wange. »Ich werde in Zukunft versuchen, meine Energie besser zu kontrollieren.«
    »Da gibt es nichts zu verzeihen. Und du solltest nicht um jeden Preis versuchen, jemand zu sein, der du nicht bist. Würdest du einen Tee trinken, wenn ich dir einen mache?«, fragte er und strich dabei mit den Lippen über meinen Scheitel.
    Draußen zeigte sich immer noch kein heller Streifen am Horizont. »Wie spät ist es inzwischen?«
    Matthew drehte die Hand zwischen meinen Schulterblättern, bis er seine Uhr ablesen konnte. »Kurz nach drei.«
    Ich stöhnte. »Ich bin so müde, aber ein Tee klingt trotzdem gut.«
    »Dann setze ich einen auf.« Er löste behutsam meine Arme von seiner Taille. »Bin gleich wieder da.«
    Weil ich ihn nicht aus den Augen lassen wollte, tappte ich ihm hinterher. Er kramte in den Dosen und Tüten mit den verschiedenen Teesorten herum.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass ich gern Tee trinke«, entschuldigte ich mich, als er schließlich noch eine braune Tüte aus dem Schrank zog, wo sie versteckt hinter einer nie benutzten Kaffeekanne gelegen hatte.

    »Welchen davon hättest du am liebsten?« Er deutete auf das vollgestellte Brett.
    »Den in der schwarzen Tüte mit dem goldenen Label bitte.« Grüner Tee würde mir wohltun.
    Er hantierte mit Kessel und Kanne. Wenig später goss er das Wasser über die duftenden Blätter und schob, als der Tee gezogen hatte, eine abgesplitterte alte Tasse vor mich hin. Die Aromen von grünem Tee, Vanille und Zitrus rochen ganz anders als Matthew, trotzdem wirkten sie tröstlich.
    Er goss sich ebenfalls eine Tasse ein, und seine Nasenflügel bebten angespannt. »Der riecht eigentlich gar nicht so schlecht«, gab er zu und nahm einen kleinen Schluck. Bis dahin hatte ich ihn noch nie etwas anderes als Wein trinken sehen.
    »Wo sollen wir uns hinsetzen?«, fragte ich, die warme Tasse in meinen Händen haltend.
    Matthew nickte zum Wohnzimmer hin. »Da drüben. Wir müssen uns unterhalten.«
    Er setzte sich in eine Ecke des gemütlichen alten Sofas, und ich ließ mich ihm gegenüber nieder. Der Dampf aus meiner Teetasse stieg mir ins Gesicht, als wollte er mich ganz sanft an den Hexenwind erinnern.
    »Ich muss verstehen, was Knox glaubt, warum du den Bann über Ashmole 782 gebrochen hast«, sagte Matthew, als wir uns beide eingerichtet hatten.
    Ich ging noch einmal unsere Unterhaltung in Marshs Apartment durch. »Er meinte, Bannsprüche seien rund um den Jahrestag ihrer Verhängung leichter zu durchbrechen. Andere Hexen  – die wirklich etwas von Hexerei verstehen  – hätten den Bann zu brechen versucht und versagt. So wie er es sah, war ich einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort.«
    »Eine äußerst begabte Hexe hat Ashmole 782 verhext, und ich habe den Verdacht, dass dieser Bann beinahe unmöglich zu brechen ist. Niemand, der das Manuskript heraufbeschwören wollte, hat bislang die dazu erforderlichen Bedingungen erfüllt, ganz gleich, wie viel sie von Hexerei verstanden oder zu welcher Jahreszeit sie es versucht
haben.« Er starrte in die

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