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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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vor dem plötzlich unerträglich lebendigen Bild von meinem Vater und meiner Mutter. »Und sie werden nicht höflich um eine Erklärung bitten.«
    »Wahrscheinlich nicht.« Matthew holte tief Luft, und die Ader in seiner Stirn pulsierte einmal. »Ich habe das Foto gesehen, Diana. Ich will, dass du dich von der Bibliothek und Peter Knox fernhältst. Ich will dich in nächster Zeit unter meinem Dach wissen.«
    »Gillian meinte, es wären Hexen gewesen.« Ich sah ihm in die Augen und stockte kurz, so klein waren seine Pupillen. Normalerweise waren sie riesig und schwarz, aber heute Abend wirkte Matthew irgendwie verändert. Seine Haut war nicht ganz so geisterhaft weiß, und in seinen sonst so blassen Lippen lag ein Hauch Farbe. »Stimmt das?«
    »Das weiß ich nicht, Diana. Die nigerianischen Hausa glauben, dass eine Hexe ihre Macht aus Steinen schöpft, die sie im Magen trägt. Irgendwer hat bei deinem Vater danach gesucht«, meinte er traurig. »Eine andere Hexe ist da die wahrscheinlichste Annahme.«
    Ich hörte etwas leise klicken, und der Anrufbeantworter begann zu blinken. Ich stöhnte.
    »Damit haben deine Tanten inzwischen fünfmal angerufen«, bemerkte Matthew.
    Selbst wenn der Ton leise gedreht war, würde der Vampir die Nachricht hören können. Ich trat an den Tisch neben ihm und griff nach dem Hörer.

    »Ich bin ja da, ich bin ja da«, übertönte ich die aufgeregte Stimme meiner Tante.
    »Wir dachten schon, du seist tot«, sagte Sarah. Die Erkenntnis, dass sie und ich die letzten noch lebenden Bishops waren, traf mich mit voller Wucht. Im Geist sah ich sie in ihrer Küche sitzen, den Hörer am Ohr und mit wild zerzaustem Haar. Sie wurde allmählich älter, und dass ich so weit weg und in Gefahr war, machte der streitbaren alten Dame schwer zu schaffen.
    »Ich bin nicht tot. Ich bin in meinem Zimmer, und Matthew ist bei mir.« Ich lächelte ihn schwach an. Er lächelte nicht.
    »Was ist eigentlich los bei dir?«, fragte Em vom Nebenanschluss aus. Nach dem Tod meiner Eltern waren Ems Haare innerhalb weniger Monate ergraut. Damals war sie noch eine junge Frau  – nicht einmal dreißig  –, aber seither hatte Em immer ungeheuer zerbrechlich gewirkt, so als könnte der nächste Windstoß sie umwehen. Genau wie meine Tante reagierte sie höchst nervös auf das, was ihr sechster Sinn ihr aus Oxford übermittelte.
    »Ich habe nur versucht, das Manuskript ein zweites Mal anzufordern«, sagte ich leichthin und bemüht, ihnen die Sorgen zu nehmen. Matthew starrte mich missbilligend an, und ich wandte mich ab, was nichts nutzte, weil sich seine Gletscheraugen jetzt in meine Schultern brannten. »Aber diesmal hat man es im Archiv als verschollen gemeldet.«
    »Du glaubst, wir rufen wegen diesem Buch an?«, schnaufte Sarah.
    Lange, kalte Finger griffen nach dem Hörer und zogen ihn von meinem Ohr weg.
    »Ms Bishop, hier ist Matthew Clairmont«, meldete er sich trocken. Als ich ihm den Hörer wieder entwinden wollte, griff Matthew nach meinem Handgelenk und schüttelte einmal warnend den Kopf. »Diana wurde bedroht. Von anderen Hexen. Unter anderem von Peter Knox.«
    Ich brauchte kein Vampir zu sein, um den Ausbruch am anderen Ende der Leitung zu hören. Er ließ mein Handgelenk los und reichte mir den Hörer zurück.
    »Peter Knox!«, schrie Sarah mir ins Ohr. Matthew schloss die
Augen, als würde ihn der Lärm schmerzen. »Wie lange treibt er sich dort schon herum?«
    »Von Anfang an«, gestand ich mit zittriger Stimme. »Er war der braune Hexer, der sich in meinen Kopf zu schleichen versucht hat.«
    »Du hast ihn aber nicht weit kommen lassen, oder?«, fragte Sarah ängstlich.
    »Ich habe getan, was ich konnte. Ich weiß nicht recht, was ich wirklich kann, in magischer Hinsicht.«
    Em mischte sich ein. »Kleines, viele von uns haben Probleme mit Peter Knox. Und was noch wichtiger ist, dein Vater traute ihm nicht über den Weg  – keinen Zentimeter.«
    »Mein Vater ?« Der Boden schwankte unter meinen Füßen, und Matthews Arm umfasste meine Taille, um mich aufrechtzuhalten. Ich wischte mir mit der Hand über die Augen, trotzdem bekam ich den zerschmetterten Schädel und den aufgeschlitzten Rumpf meines Vaters nicht aus dem Kopf.
    »Diana, was ist sonst noch passiert?«, fragte Sarah leise. »Natürlich solltest du dir wegen Peter Knox vor Angst in die Hose machen, aber das ist nicht alles, oder?«
    Meine freie Hand krallte sich in Matthews Arm. »Jemand hat mir ein Bild von Mom und Dad geschickt.«
    Am

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