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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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stimmen.« Ich hatte noch nie gehört, dass eine Hexe über mehr als eine oder zwei magische Fähigkeiten verfügt hätte, und Matthew hatte jetzt schon ein Dutzend aufgezählt.

    »Ich glaube, dass der Befund stimmt, Diana. Möglicherweise werden sich diese Kräfte nie entfalten, aber die genetischen Voraussetzungen dafür hast du geerbt.« Er blätterte um. Auch die nächste Seite hatte Miriam mit roten Kreisen und Anmerkungen versehen. »Das hier sind die Elementarmarker. Die Erde ist bei fast allen Hexen vertreten; einige von ihnen haben auch zwei Marker  – für Erde und Wasser oder Erde und Luft. Du besitzt alle drei, das haben wir noch nie gesehen. Und wir haben bei dir auch noch den Marker für Feuer gefunden. Feuer ist wirklich extrem selten.« Matthew deutete auf die vier Balken.
    »Was sind Elementarmarker?« Meine Füße fühlten sich unangenehm leicht an, und meine Finger begannen wieder zu kitzeln.
    »Hinweise darauf, dass du über die genetischen Voraussetzungen verfügst, eines oder mehrere dieser Elemente zu kontrollieren. Das würde erklären, warum du einen Hexenwind entfachen kannst. Demzufolge könntest du auch ein Hexenfeuer heraufbeschwören und zusätzlich das, was wir Hexenflut nennen.«
    »Wofür steht das Erdelement?«
    »Es ist die Grundvoraussetzung für Kräutermagie, für die Fähigkeit, über alles, was wächst, zu gebieten. Offensichtlich verfügst du nicht nur über unglaubliche magische Fähigkeiten, sondern auch über ein angeborenes Talent zur Hexerei.«
    Meine Tante verstand sich auf Zaubersprüche. Emily nicht, dafür konnte sie kleine Strecken fliegen und in die Zukunft sehen. Das war der klassische Unterschied zwischen den verschiedenen Hexenarten  – die einen setzten wie Sarah Hexerei ein, die anderen verwendeten Magie. Letztendlich lief es darauf hinaus, dass deine Macht entweder auf Worten beruhte oder einfach in dir steckte und du sie instinktiv verwenden konntest. Ich ließ das Gesicht in die Hände sinken. Die Aussicht, wie meine Mutter die Zukunft sehen zu können, wäre beängstigend genug gewesen. Aber Kontrolle über die Elemente? Gespräche mit Toten?
    »Auf diesem Blatt findet sich eine ganze Liste von Fähigkeiten. Bis jetzt haben wir davon  – wie viele gesehen? Vielleicht vier oder fünf davon?« Es war beängstigend.

    »Ich habe den Verdacht, dass wir schon mehr gesehen haben  – denk nur an deine Gabe, dich mit geschlossenen Augen zu bewegen, oder an deine Fähigkeit, mit Rakasa zu kommunizieren, deine Funken sprühenden Finger. Wir haben nur noch keine Bezeichnungen dafür.«
    »Bitte sag mir, dass das alles ist.«
    Matthew zögerte. »Nicht ganz.« Er blätterte weiter. »Diese Marker hier haben wir noch nicht identifiziert. In den meisten Fällen müssen wir die Erzählungen über die Taten einer Hexe  – die teilweise Jahrhunderte zurückliegen  – mit ihren DNA-Proben abgleichen. Es könnte schwer werden, dafür passende Vergleichsmuster zu finden.«
    »Erklärt der Test, warum sich die Magie ausgerechnet jetzt bei mir zeigt?«
    »Dafür braucht man keinen Test. Deine Magie reagiert so, als würde sie aus einem langen Schlaf erwachen. Sie hat sich während der langen Phase der Inaktivität angestaut und bricht jetzt aus. Dein Blut gerät in Wallung«, kommentierte Matthew fröhlich. Er beugte sich zu mir und hob mich auf. »Du wirst dich noch erkälten, wenn du so lange auf dem kalten Boden sitzt, und ich möchte mich nicht vor Marthe rechtfertigen müssen, falls du krank wirst.«
    Wir ritten noch eine Stunde und erkundeten dabei die Wälder und Felder um Sept-Tours. Matthew zeigte mir, wo man am besten Hasen jagte und wo ihm sein Vater beigebracht hatte, wie man eine Armbrust abschießt, ohne sich dabei ein Auge auszustechen. Als wir zu den Ställen zurückritten, war meine Aufregung über die Testergebnisse einer angenehmen Erschöpfung gewichen.
    »Morgen habe ich bestimmt Muskelkater«, stöhnte ich. »Ich habe seit Jahren auf keinem Pferd mehr gesessen.«
    »Davon war nichts zu bemerken«, sagte er. Wir ritten aus dem Wald heraus und durch das Steintor des Châteaus. »Du bist eine gute Reiterin, Diana, trotzdem solltest du nicht allein ausreiten. Hier verirrt man sich leicht.«
    Matthew machte sich keine Sorgen, dass ich verloren gehen könnte. Er machte sich Sorgen, dass ich gefunden werden könnte.
    »Tue ich nicht.«

    Seine langen Finger griffen die Zügel lockerer. Die letzten fünf Minuten hatte er sie fest umklammert.

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