Seelen der Nacht
ein bisschen«, wandte ich mich ihm zu, als wir in seinem Arbeitszimmer angekommen waren.
Er war direkt hinter mir, so dicht, dass ich seinen stockenden Atem hören konnte. Er nahm mein Gesicht in beide Hände.
»Mit welchem Zauber hast du mich belegt?« Seine Augen tasteten mein Gesicht ab. »Es sind nicht nur deine Augen – obwohl sie es mir unmöglich machen, klar zu denken – und auch nicht dein Honigduft.«
Er vergrub sein Gesicht in meinem Nacken und schob eine Hand in mein Haar, während die andere an meinem Rücken abwärtsglitt und meine Hüften näher an ihn heranzogen.
Mein Körper schmiegte sich an seinen, als wäre er dafür geschaffen.
»Es ist deine Furchtlosigkeit«, murmelte er gegen meine Haut, »die Art, wie du dich ohne nachzudenken bewegst, und das Schimmern, das du ausstrahlst, wenn du dich konzentrierst – oder wenn du fliegst.«
Mein Hals bog sich zur Seite und bot ihm noch mehr Haut zur Berührung dar. Langsam drehte Matthew mein Gesicht zu sich her und strich dann mit dem Daumen über meine warmen Lippen.
»Hast du gewusst, dass du einen Schmollmund machst, wenn du schläfst? Man könnte meinen, du wärst mit deinen Träumen unzufrieden, aber ich stelle mir lieber vor, dass du geküsst werden möchtest.« Bei jedem Wort klang er französischer.
Weil mir bewusst war, dass Ysabeau das hier oben bestimmt nicht guthieß und als Vampirin garantiert alles mithörte, versuchte ich mich aus seinen Armen zu winden.
»Matthew, deine Mutter …«
Ich hatte keine Gelegenheit, den Satz zu vollenden. Mit einem leisen, zufriedenen Brummen drückte er seine Lippen auf meine und küsste mich sanft, aber eindringlich, bis mein ganzer Körper – und einmal nicht nur die Hände – kribbelte. Ich erwiderte den Kuss und hatte gleichzeitig das Gefühl zu schweben und zu fallen, bis ich nicht mehr genau sagen konnte, wo mein Körper endete und seiner begann. Seine Lippen strichen über meine Wangen aufwärts zu meinen Lidern. Als sie über mein Ohr wanderten, stockte mir der Atem. Matthews Mund verzog sich zu einem Lächeln, dann presste er ihn wieder auf meinen.
»Deine Lippen sind rot wie Mohn, und dein Haar wirkt so lebendig«, sagte er, als er mich ausgiebig geküsst hatte, und zwar so intensiv, dass mir die Luft wegblieb.
»Was hast du nur immer mit meinen Haaren? Warum jemand mit deinem Haar hiervon« – ich packte eine Faust voll Haare und zerrte sie mir vom Kopf weg – »beeindruckt sein sollte, will mir nicht in den
Kopf. Ysabeaus Haare sehen aus wie reine Seide und Marthes auch. Meine sind das reinste Chaos – jede Farbe des Regenbogens und eigensinnig dazu.«
»Genau darum liebe ich sie so«, sagte Matthew und strich sanft über die Strähnen. »Sie sind nicht perfekt, genau wie das Leben. Es sind keine polierten, makellosen Vampirhaare. Es gefällt mir, dass du kein Vampir bist, Diana.«
»Und mir gefällt, dass du einer bist , Matthew.«
Ein Schatten huschte über seinen Blick und war im nächsten Moment wieder verschwunden.
»Mir gefällt, dass du so stark bist«, sagte ich und küsste ihn ebenso enthusiastisch, wie er mich geküsst hatte. »Und mir gefällt deine Intelligenz. Manchmal sogar deine herrische Art. Aber vor allem …« – ich rieb mit meiner Nasenspitze über seine – »mag ich deinen Geruch.«
»Im Ernst?«
»Im Ernst.« Meine Nase senkte sich in die Vertiefung über seinem Schlüsselbein, seiner, wie ich inzwischen festgestellt hatte, süßesten und würzigsten Stelle.
»Es ist schon spät. Du musst jetzt schlafen.« Widerwillig ließ er mich los.
»Komm mit mir ins Bett.«
Er riss überrascht die Augen auf, und mir schoss das Blut ins Gesicht.
Matthew drückte meine Hand auf sein Herz. Es schlug einmal, kraftvoll. »Ich komme später nach oben«, versprach er, »aber ich werde nicht bleiben. Wir haben so viel Zeit, Diana. Du kennst mich erst seit ein paar Wochen. Wir brauchen nichts zu überstürzen.«
Gesprochen wie ein Vampir.
Er sah, wie belämmert ich dastand, und zog mich wieder an seine Brust, um mich noch einmal ausgiebig zu küssen. »Ein Vorgeschmack«, sagte er, als er fertig war, »auf das, was kommen wird. Zum richtigen Zeitpunkt.«
Der wäre jetzt gewesen. Aber nachdem meine Lippen abwechselnd
vor Kälte prickelten und vor Hitze glühten, fragte ich mich insgeheim, ob ich tatsächlich so bereit war, wie ich dachte.
Oben brannten zahllose Kerzen, und das Feuer hatte den Raum aufgewärmt. Wann Marthe die Zeit
Weitere Kostenlose Bücher