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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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dass ich meine
Energien nicht weiter darauf verwenden konnte, ihm Informationen zu entlocken, sondern sie ab sofort gegen seine Versuche einsetzen musste, mir welche zu entreißen.
    »Anfangs war es das Gefühl von Ordnung, nehme ich an.« Ich klang überraschend unsicher. »Die Vergangenheit erscheint uns so vorhersehbar, so als hätte sich alles zwangsläufig ergeben.«
    »Das kann nur jemand sagen, der nicht dabei war«, stellte der Vampir knapp fest.
    Ich lachte kurz auf. »Das habe ich auch bald gemerkt. Trotzdem kam es mir anfangs so vor. In Oxford formten die Professoren die Vergangenheit zu einer Geschichte mit einem Anfang, einem Hauptteil und einem Ende. Alles erschien logisch und unvermeidlich. Ihre Geschichten zogen mich in Bann, und schon war es um mich geschehen. Die anderen Fächer interessierten mich nicht mehr. Ich wurde Historikerin und habe es seither keine Sekunde bereut.«
    »Obwohl du festgestellt hast, dass Menschen ganz und gar nicht logisch handeln  – es nie getan haben?«
    »Je unübersichtlicher die Geschichte wurde, desto reizvoller wurde sie für mich. Jedes Mal, wenn ich zu einem Buch oder Dokument aus der Vergangenheit greife, schlage ich mich mit Leuten herum, die vor Hunderten von Jahren gelebt haben. Jeder von ihnen hat seine Geheimnisse und Leidenschaften  – lauter Dinge, die sie mir nicht offenbaren können oder wollen. Meine Aufgabe ist es, sie zu entdecken und zu erklären.«
    »Und wenn dir das nicht gelingt? Wenn sie sich jeder Erklärung entziehen?«
    »Das ist noch nie passiert«, antwortete ich, nachdem ich über seine Frage nachgedacht hatte. »Wenigstens soweit ich weiß. Du musst nur sehr gut zuhören können. Niemand will wirklich seine Geheimnisse bewahren, nicht einmal die Toten. Überall finden sich Hinweise, und wenn du die Augen offen hältst, kannst du sie irgendwann zu einem Bild zusammenfügen.«
    »Du siehst den Historiker also als Detektiv«, bemerkte er.
    »Genau. Nur dass dabei viel weniger auf dem Spiel steht.« Ich lehnte mich zurück, weil ich das Thema für abgeschlossen hielt.

    »Und warum ausgerechnet Wissenschaftsgeschichte?«, fuhr er fort.
    »Die Herausforderung, mich an großen Geistern zu messen, nehme ich an?« Ich gab mir Mühe, einerseits nicht eingebildet zu klingen und andererseits meine Stimme am Satzende nicht zu einer Frage anzuheben, doch ich scheiterte in beiden Punkten.
    Clairmont senkte den Blick und begann seinen Wehrturm Päckchen um Päckchen zu demontieren.
    Die Vernunft riet mir, den Mund zu halten, aber die Fäden meiner eigenen Geheimnisse, die ich so gewissenhaft festgezurrt hatte, hatten sich schon gelockert. »Ich wollte wissen, wie die Menschen zu einer Weltsicht gelangen konnten, in der die Magie so wenig Platz hat«, fügte ich unvermittelt an. »Ich wollte unbedingt begreifen, wie sie sich einreden konnten, dass die Magie unwichtig ist.«
    Kühle graue Vampiraugen blickten mich an. »Und hast du es herausgefunden?«
    »Ja und nein.« Ich zögerte. »Ich habe begriffen, welche Schlüsse sie damals gezogen haben, und ich kann sehen, wie die Wissenschaftler mit ihren zahllosen Experimenten dem Wissen, dass die Welt ein unerklärlich mächtiger, magischer Ort ist, mit unzähligen kleinen Schnitten zu Leibe rückten, bis sie es irgendwann abgetötet hatten. Doch letztendlich sind sie gescheitert. Die Magie lässt sich nicht völlig austreiben. Sie wartet still ab, bis sich die Menschen ihr wieder zuwenden, weil sie merken, dass die Wissenschaft nicht alles erklären kann.«
    »Darum Alchemie«, sagte er.
    »Nein«, protestierte ich. »Die Alchemie ist eine der frühesten Formen experimenteller Wissenschaft.«
    »Vielleicht. Aber du glaubst doch nicht wirklich, dass es in der Alchemie keine Magie gibt.« Matthew sagte das in tiefer Überzeugung. »Ich habe deine Arbeiten gelesen. Nicht einmal du kannst sie völlig ignorieren.«
    »Dann ist sie eben eine magische Wissenschaft. Oder wissenschaftliche Magie, wenn dir das lieber ist.«
    »Was ist dir denn lieber?«
    »Das weiß ich nicht«, gestand ich kleinlaut.

    »Danke.« Clairmont sah mich an, als wüsste er genau, wie schwer es mir fiel, darüber zu sprechen.
    »Gern geschehen. Nehme ich an.« Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und merkte, wie zittrig ich mich fühlte. »Darf ich dich noch etwas fragen?« Er sah mich argwöhnisch an, doch er nickte. »Wieso interessierst du dich für meine Arbeiten  – über Alchemie?«
    Im ersten Moment wollte er die Frage

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