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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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bedauernd.
    »Das ist einer von diesen kleinen Staaten, stimmt’s?« Steph war unübersehbar enttäuscht.
    »Stimmt. Und es schneit dort.«
    »Ich hab’s eher mit Palmen und Sonnenschein.« Sobald ich von Schnee gesprochen hatte, hatte sie jedes Interesse an mir verloren. »Was darf’s sein?«
    »Ich bin wirklich hungrig«, entschuldigte ich mich und bestellte dann zwei Rühreier, vier Scheiben Toast und reichlich Speck.
    Steph hatte eindeutig schon viel Schlimmeres gehört, denn sie notierte die Bestellung ohne einen Kommentar und nahm unsere Speisekarten mit. »Für dich nur Tee, Matthew?«
    Er nickte.
    Sobald Steph außer Hörweite war, beugte ich mich über den Tisch. »Wissen sie über dich Bescheid?«
    Clairmont beugte sich ebenfalls nach vorn, bis sein Gesicht zwei Handbreit vor meinem war. Heute Morgen roch er süßlicher, fast wie eine frisch gepflückte Nelke. Ich atmete tief ein.
    »Sie wissen, dass ich ein bisschen anders bin. Mary hat vielleicht den Verdacht, dass ich nicht nur ein bisschen anders bin, aber sie ist überzeugt, dass ich Dan das Leben gerettet habe, darum ist sie zu dem Schluss gekommen, dass ihr das egal ist.«

    »Wie hast du ihren Mann gerettet?« Vampire waren dafür bekannt, Menschen zu töten, nicht sie zu retten.
    »Ich habe ihn während einer Aushilfsschicht im Radcliffe untersucht, als sie dort unterbesetzt waren. Mary hatte eine Sendung gesehen, in der die Symptome eines Schlaganfalls beschrieben worden waren, und erkannte sie wieder, als ihr Mann plötzlich zusammenbrach. Ohne sie wäre er jetzt tot oder schwerbehindert.«
    »Aber trotzdem glaubt sie, dass du ihn gerettet hast?« Der würzige Vampirduft stieg mir eindeutig zu Kopf. Ich hob den Deckel von der Teekanne und überlagerte das Nelkenaroma mit dem Tanningeruch des schwarzen Tees.
    »Mary hat ihn das erste Mal gerettet, aber als er ins Krankenhaus eingeliefert wurde, reagierte er nicht gut auf seine Medikamente. Ich habe dir ja gesagt, dass sie eine gute Beobachterin ist. Sie sprach einen Arzt darauf an, aber der schickte sie wieder weg. Ich … hatte mitgehört und mischte mich ein.«
    »Behandelst du viele Patienten?« Ich schenkte uns beiden Tee ein, der so stark war, dass man damit ein Pferd hätte umhauen können. Als ich mir vorstellte, dass ein Vampir auf den Gängen des John Radcliffe zwischen lauter Kranken und Schwachen herumpirschte, begannen meine Hände zu zittern.
    »Nein.« Er spielte an der Zuckerdose herum. »Nur in Notfällen.«
    Ich schob ihm seine Tasse hin und fasste den Zucker ins Auge. Er reichte mir die Dose. Ich schüttete genau einen halben Teelöffel Zucker und hundert Milliliter Milch in meinen Tee. So mochte ich ihn am liebsten  – mit einem Hauch Zucker, um die Bitterkeit abzumildern, und dann mit so viel Milch, dass er ein helles Braun annahm. Nachdem das bewerkstelligt war, verrührte ich das Gemisch im Uhrzeigersinn. Sobald mir die Erfahrung sagte, dass ich mir nicht mehr die Zunge verbrennen würde, nahm ich einen Schluck. Perfekt.
    Der Vampir lächelte.
    »Was?«, fragte ich.
    »Ich habe noch nie gesehen, dass jemand seinen Tee so detailversessen zubereitet.«

    »Dann verbringst du nicht viel Zeit mit fanatischen Teetrinkern. Das Geheimnis besteht darin, die Stärke des Tees abschätzen zu können, bevor man Zucker und Milch dazugibt.« Seine dampfende Tasse stand unberührt vor ihm. »Du magst deinen schwarz, wie ich sehe.«
    »Tee ist eigentlich nicht mein Getränk.« Seine Stimme senkte sich ein wenig.
    »Und was ist dein Getränk?« Sobald ich die Frage ausgesprochen hatte, wünschte ich mir, ich hätte sie zurücknehmen können. Seine stille Heiterkeit kippte in schmallippigen Zorn um.
    »Musst du das wirklich fragen?«, meinte er schneidend. »Jeder Mensch könnte dir diese Frage beantworten.«
    »Entschuldige. Ich hätte nicht fragen sollen.« Ich fasste mit beiden Händen meine Tasse und versuchte mich zu beruhigen.
    »Nein.«
    Schweigend trank ich meinen Tee. Wir sahen erst wieder auf, als Steph mit einem vollgepackten Toastständer und Teller an unseren Tisch kam.
    »Mum meinte, Sie bräuchten auch ein bisschen Gemüse«, erklärte Steph, als ich mit großen Augen auf den Berg von gebratenen Pilzen und Tomaten sah, der mein Frühstück begleitete. »Sie hat gesagt, Sie sehen aus wie der Tod auf Latschen.«
    »Danke!« Auch wenn Mary mein Aussehen kritisierte, freute ich mich über die Extrabeilagen.
    Steph grinste, und Clairmont schenkte mir ein kleines Lächeln, als

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