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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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war betörend, und er stellte es so dar, als könnte ein magisches Wesen ohne Sorgen oder Nachteile ein magisches Wesen sein. Zu dumm, dass er ein Vampir war und man ihm nicht trauen konnte. Außerdem irrte er sich, was die Magie anging. Er musste sich irren. Andernfalls hätte ich mein Leben lang einen fruchtlosen Kampf gegen einen imaginären Feind geführt.

    Dass ich mich fürchtete, hatte ich mir letztendlich selbst zuzuschreiben. Ich hatte die Magie in mein Leben gelassen  – gegen meine Prinzipien  –, und mit ihr hatte sich ein Vampir eingeschlichen. Dutzende von Kreaturen waren gefolgt. Ich musste daran denken, dass ich ohne Magie meine Eltern nicht verloren hätte, und merkte, wie sich in meinen flachen Atemzügen und dem nervösen Prickeln auf der Haut eine Panikattacke ankündigte.
    »Ich lebe ohne Magie, weil ich nur so überleben kann, Matthew.« Ich atmete tief und langsam aus und ein, damit sich die Angst nicht festsetzen konnte, aber das war nicht so einfach, solange die Geister meiner Mutter und meines Vaters im Raum schwebten.
    »Du lebst eine Lüge  – und zwar eine wenig überzeugende. Du glaubst, dass du als Mensch durchgehen könntest.« Matthew sagte das ganz sachlich, fast gefühllos. »Damit kannst du höchstens dir selbst etwas vormachen. Ich habe gesehen, wie sie dich beobachten. Sie wissen, dass du anders bist.«
    »Unfug.«
    »Du brauchst Sean nur anzusehen, und schon verschlägt es ihm die Sprache.«
    »Er war in mich verknallt, als wir noch Studenten waren«, versuchte ich das abzutun.
    »Sean ist immer noch in dich verknallt  – darum geht es nicht. Zählt Mr Johnson auch zu deinen Verehrern? Bei ihm ist es fast so schlimm wie bei Sean, er beginnt zu schlottern, wenn du nur den Anflug von schlechter Laune zeigst, und ist völlig außer sich, falls du womöglich an einem anderen Platz sitzen müsstest. Und es sind nicht nur die Menschen. Du hast Dom Berno beinahe zu Tode erschreckt, als du dich umgedreht und ihn so finster angesehen hast.«
    »Diesen Mönch in der Bibliothek?« Ich traute meinen Ohren nicht. »Du hast ihm Angst gemacht, nicht ich !«
    »Ich bin Dom Berno 1718 das erste Mal begegnet«, erwiderte Matthew sachlich. »Er kennt mich viel zu gut, als dass er mich fürchten würde. Wir haben uns auf einer Feier im Schloss des Duke von Chandos kennengelernt, wo er in Händels Acis und Galatea den Damon sang. Ich
versichere dir, es war deine Macht, nicht meine, die ihn so erschreckt hat.«
    »Wir leben in einer Menschenwelt, Matthew, nicht in einem Märchen. Die Menschen sind uns zahlenmäßig weit überlegen, und sie fürchten uns. Und nichts ist so mächtig wie die menschliche Angst  – keine Magie, keine Vampirkräfte. Nichts.«
    »Die Menschen sind Meister im Fürchten und Verdrängen, Diana, aber dir als Hexe steht dieser Weg nicht offen.«
    »Ich fürchte mich nicht.«
    »O doch«, sagte er milde und stand auf. »Und ich glaube, es ist Zeit, dich nach Hause zu bringen.«
    »Hör zu«, sagte ich. Ich wollte so gern mehr über das Manuskript erfahren, dass ich alle Bedenken beiseiteschob. »Wir interessieren uns beide für Ashmole 782 . Ein Vampir und eine Hexe können keine Freunde werden, aber wir sollten wenigstens zusammenarbeiten können.«
    »Da bin ich nicht so sicher«, meinte Matthew leidenschaftslos.
    Schweigend fuhren wir nach Oxford zurück. Die Menschen hatten keine Ahnung von Vampiren, überlegte ich. Um sie furchterregender wirken zu lassen, stellten sich die Menschen Vampire als blutrünstige Monster vor. Dabei erschreckte mich Matthews Verschlossenheit, gepaart mit seinen Zornesausbrüchen und abrupten Stimmungsumschwüngen, viel mehr.
    Wir hielten vor der Pförtnerloge des New College, und Matthew holte meine Matte aus dem Kofferraum.
    »Ein schönes Wochenende noch«, sagte er emotionslos.
    »Gute Nacht, Matthew. Und danke, dass du mich zum Yoga mitgenommen hast.« Meine Stimme war so ausdruckslos wie seine, und ich vermied entschieden, mich noch einmal umzudrehen, obwohl ich die ganze Zeit seinen kalten Blick im Rücken spürte.

9
    A uf einer hohen Bogenbrücke überquerte Matthew den Avon. Die vertraute Landschaft Lanarkshires mit ihren zerklüfteten Hügeln, dem düsteren Himmel und den harten Kontrasten wirkte besänftigend auf ihn. In diesem Teil von Schottland gab es nur wenig Gefälliges oder Einladendes, und die abweisende Schönheit spiegelte seine gegenwärtige Stimmung wider. Er schaltete einen Gang herunter und fuhr durch die

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