Seelen der Nacht
würde. »Dann hast du im Moment ein ganz anderes Problem als die Hexen oder Diana. Und es geht dabei nicht um ein uraltes Manuskript, das eventuell die Antworten auf deine Fragen enthält, eventuell aber auch nicht.« Hamish ließ seine Worte wirken, bevor er fortfuhr: »Dir ist klar, dass du sie jagst?«
Erleichtert, dass es damit ausgesprochen war, atmete der Vampir aus. »Ich weiß. Ich bin durch ihr Fenster eingestiegen, während sie geschlafen hat. Ich folge ihr, wenn sie joggen geht. Sie weist meine Hilfsangebote ab, und je öfter sie das tut, desto hungriger werde ich.« Er sah Hamish so verdattert an, dass der sich auf die Unterlippe beißen musste, um nicht zu lächeln. Matthew war es nicht gewöhnt, einen Korb zu bekommen. Betört von seinem einnehmenden Äußeren und seinem Charme taten die Frauen alles, was er von ihnen verlangte. Kein Wunder, dass er jetzt fasziniert war.
»Aber ich brauche Dianas Blut nicht – nicht körperlich. Ich werde diesem Verlangen nicht nachgeben. Es braucht kein Problem zu sein, dass ich mit ihr zusammen bin.« Unvermittelt fiel Matthews Miene in sich zusammen. »Was rede ich da? Wir können unmöglich zusammen sein. Wir würden Aufmerksamkeit erregen.«
»Nicht unbedingt. Wir haben relativ viel Zeit miteinander verbracht, ohne dass das irgendwen gestört hätte«, merkte Hamish an.
»Der Fall liegt hier anders, das weißt du genau«, wies Matthew ihn ungeduldig zurecht.
»Ach ja, ich vergaß.« Hamish wurde wütend. »Was wir Dämonen tun, interessiert natürlich kein Schwein. Aber ein Vampir und eine Hexe? Das ist wichtig. Ihr seid diejenigen, um die sich in dieser Welt alles dreht.«
»Hamish!«, protestierte Matthew. »Du weißt genau, dass ich nicht so denke.«
»Du verachtest uns Dämonen genauso wie alle Vampire, Matthew. Die Hexen übrigens auch, wenn ich das noch anfügen darf. Du solltest dir lange und genau überlegen, was du für andere Geschöpfe empfindest, bevor du mit dieser Hexe ins Bett gehst.«
»Ich habe nicht die Absicht, mit Diana ins Bett zu gehen«, erwiderte Matthew ätzend.
»Das Essen ist serviert.« Jordan hatte schon seit einer Weile unbeachtet in der Tür gewartet.
»Gott sei Dank«, schnaufte Hamish erleichtert und stand aus seinem Sessel auf. Mit Matthew war leichter umzugehen, wenn er seine Aufmerksamkeit aufteilen musste.
Wenig später saßen sie im Esszimmer am Ende des langen Tisches, an dem eine ganze Festgesellschaft Platz gefunden hätte. Hamish ließ sich den ersten von mehreren Gängen schmecken, während Matthew mit seinem Suppenlöffel spielte, bis sein Essen kalt geworden war. Der Vampir beugte sich über die Schüssel und schnüffelte.
»Pilze und Sherry?«, fragte er.
»Genau. Jordan wollte etwas Neues ausprobieren, und nachdem nichts hineinkommt, was du abstoßend finden würdest, ließ ich ihn gewähren.«
Normalerweise brauchte Matthew in der Cadzow Lodge kaum zusätzliche Nahrung, aber Jordan verstand es, die leckersten Suppen zu zaubern, und Hamish aß genauso ungern allein, wie er alleine trank.
»Bitte entschuldige, Hamish«, sagte Matthew, während er seinem Freund beim Essen zusah.
»Ich nehme deine Entschuldigung an, Matt«, erwiderte Hamish und ließ den Suppenlöffel auf halbem Weg zum Mund schweben. »Aber du kannst dir einfach nicht vorstellen, wie schwer wir akzeptieren können, dass wir Dämonen oder Hexen sind. Bei euch Vampiren ist der Fall klar, da gibt es nichts zu diskutieren. Erst bist du kein Vampir, dann bist du einer. Es gibt keine Fragen, keinen Raum für Zweifel. Während wir Übrigen zagen, zusehen und zaudern müssen. Das macht den Dünkel der Vampire unerträglich.«
Matthew drehte den Löffelstiel zwischen den Fingern wie einen Tambourstock. »Hexen wissen, dass sie Hexen sind. In der Beziehung sind sie ganz und gar nicht wie Dämonen«, stellte er fest.
Hamish ließ den Löffel klappernd in den Teller fallen und nahm einen Schluck Wein. »Du weißt ganz genau, dass es nicht genügt, eine Hexe zum Vater oder zur Mutter zu haben. Du kannst trotzdem ein ganz gewöhnlicher Mensch werden. Oder aber du kannst aus Versehen deine Wiege in Brand setzen. Niemand weiß, wann oder wie sich deine Kräfte zeigen werden.« Im Gegensatz zu Matthew war Hamish mit einer Hexe befreundet. Janine machte ihm die Haare, und sie stellte eine eigene Hautlotion her, die wahre Wunder bewirkte. Er hatte den Verdacht, dass zu den Inhaltsstoffen auch ein paar Zaubersprüche zählten.
»Andererseits kommt
Weitere Kostenlose Bücher