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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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Hamish den letzten Teil seines Planes um.

    »Ich habe eine Frage.« Er sprach leise, weil er gleichzeitig darauf wartete, dass sein Freund den nächsten Zug machte. »Willst du die Hexe um ihrer selbst willen  – oder weil sie dir mit ihrer Macht das Manuskript zugänglich machen könnte?«
    »Ich will ihre Macht nicht!«, ereiferte sich Matthew und zog unklugerweise mit seinem Turm, der prompt von Hamish geschlagen wurde. Der Vampir senkte den Kopf und wirkte dadurch noch mehr wie ein Renaissance-Engel, der über einem himmlischen Mysterium brütet. »Jesus, ich weiß nicht, was ich will.«
    Fast reglos saß Hamish da. »Ich glaube, du weißt es sehr wohl, Matt.«
    Matthew zog mit dem Bauern, ohne etwas zu erwidern.
    »Die anderen Geschöpfe in Oxford«, fuhr Hamish fort, »werden bald begreifen, dass du dich keineswegs nur für diesen alten Schinken interessierst  – falls sie es nicht schon wissen. Worauf willst du wirklich hinaus?«
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte der Vampir.
    »Liebe? Willst du sie kosten? Sie zu einer von euch machen?«
    Matthew knurrte.
    »Sehr eindrucksvoll«, merkte Hamish gelangweilt an.
    »Mir ist vieles noch ein Rätsel, Hamish, aber drei Dinge weiß ich genau«, erklärte Matthew und griff nach dem Weinglas, das neben ihm auf dem Boden stand. »Ich werde dem Durst nach ihrem Blut nicht nachgeben, und ich will auch nicht ihre Macht kontrollieren. Und ich werde sie ganz bestimmt nicht zum Vampir machen.« Der Gedanke ließ ihn schaudern.
    »Dann bleibt nur noch Liebe. Da hast du deine Antwort. Du weißt sehr wohl, was du willst.«
    Matthew nahm einen großen Schluck. »Ich will, was ich nicht wollen soll, und ich begehre, was ich nie bekommen darf.«
    »Du hast doch keine Angst, dass du ihr etwas antun könntest?«, fragte Hamish vorsichtig. »Du warst schon öfter mit warmblütigen Frauen zusammen, und du hast keiner von ihnen etwas angetan.«
    Matthews schweres Weinglas knickte am Stiel ab. Der Kelch kippte
zu Boden, und roter Wein ergoss sich über den Teppich. Zwischen dem Zeigefinger und Daumen des Vampirs sah Hamish zermahlenes Glas glitzern.
    »Ach, Matt. Warum hast du mir das nicht erzählt?« Hamish zügelte seine Gesichtsmuskeln, um sicherzugehen, dass ihm der Schock nicht anzusehen war.
    »Wie hätte ich das können?« Matthew starrte seine Hände an und zerrieb die Splitter zwischen den Fingerspitzen, bis sie rotschwarz glitzerten. »Du hast mir immer voll und ganz vertraut.«
    »Wer war es?«
    »Sie hieß Eleanor.« Matthew strauchelte über den Namen. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, ein fruchtloser Versuch, ihr Gesicht aus seinen Gedanken zu löschen. »Mein Bruder und ich hatten damals Streit. Inzwischen weiß ich nicht einmal mehr, worum es ging. Damals hätte ich ihn am liebsten mit blanken Händen ausgelöscht. Eleanor versuchte mich zur Vernunft zu bringen. Sie stellte sich zwischen uns und …« Seine Stimme versagte. Er griff sich an den Kopf, ohne erst die Blutspuren von seinen bereits verheilten Fingerspitzen zu wischen. »Ich habe sie so geliebt, und doch habe ich sie getötet.«
    »Wann war das?«, flüsterte Hamish.
    Matthew senkte die Hände und drehte sie hin und her, um seine langen, kräftigen Finger zu studieren. »Vor Jahrhunderten. Gestern. Was tut das zur Sache?«, fragte er mit dem für einen Vampir typischen Desinteresse an Zeiträumen.
    »Es tut sehr wohl etwas zur Sache, falls du diesen Fehler begangen hast, als du noch ein frisch geprägter Vampir warst, der seine Instinkte und seinen Hunger noch nicht beherrschen konnte.«
    »Aha. Dann tut es auch etwas zur Sache, dass ich noch eine Frau getötet habe, Cecilia Martin, und das erst vor gut hundert Jahren. Damals war ich bestimmt kein ›frisch geprägter‹ Vampir mehr.« Matthew sprang auf und trat ans Fenster. Am liebsten wäre er in die schwarze Nacht geflohen und verschwunden, um das Entsetzen in Hamishs Augen nicht sehen zu müssen.
    »Sind es noch mehr?«, fragte Hamish scharf.

    Matthew schüttelte den Kopf. »Zwei sind mehr als genug. Eine Dritte darf es nicht geben. Niemals.«
    »Erzähl mir von Cecilia«, befahl Hamish und beugte sich in seinem Stuhl nach vorn.
    »Sie war die Frau eines Bankiers«, erzählte Matthew stockend. »Ich sah sie in der Oper und verliebte mich in sie. Damals war jeder in Paris in die Frau eines anderen Mannes verliebt.« Sein Finger fuhr auf der Fensterscheibe die Umrisse eines Frauengesichtes nach. »Damals sah ich das nicht als

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