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Seelen der Nacht

Seelen der Nacht

Titel: Seelen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Harkness
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du gleichzeitig hören konntest, wie jeder einzelne Grashalm wuchs. Alles sah anders aus. Alles fühlte sich anders an. Ständig musste ich grinsen wie ein Trottel, der im Lotto gewonnen hat, und die restliche Zeit saß ich heulend in meinem Zimmer. Aber ganz ehrlich, geglaubt  – wirklich geglaubt, verstehst du?  – habe ich es erst, als du mich ins Krankenhaus geschmuggelt hast.«
    Matthews erstes Geburtstagsgeschenk für Hamish hatte aus einer Flasche Champagner und einem Ausflug ins John Radcliffe bestanden. Dort hatte Matthew seinen Freund in den Kernspintomografen geschoben und dem Dämonen dann eine Reihe von Fragen gestellt. Hinterher hatten sie, noch bevor Hamish das Operationshemd ausgezogen hatte, ein Glas Champagner getrunken und dabei Hamishs Scans mit denen eines hochintelligenten Gehirnchirurgen verglichen. Hamish hatte Matt die Scans immer wieder abspielen lassen und jedes Mal fasziniert beobachtet, wie sein Hirn aufleuchtete, als wäre es ein Flipperautomat, sobald er auch nur auf die einfachsten Fragen antwortete. Es war das schönste Geburtstagsgeschenk, das er je bekommen hatte.
    »So wie du es schilderst, steht Diana ungefähr da, wo ich vor diesem Kernspin war«, erklärte Hamish ihm. »Sie weiß, dass sie eine Hexe ist. Aber sie hat trotzdem das Gefühl, dass sie eine Lüge lebt.«
    »Weil sie genau das macht«, knurrte Matthew und nahm einen zweiten Löffel Suppe. »Diana versucht so zu tun, als sei sie ein Mensch.«
    »Wäre es nicht interessant zu erfahren, warum? Und wie erträgst du überhaupt so jemanden in deiner Nähe? Du hasst Lügen.«
    Matthew wirkte nachdenklich, reagierte aber nicht.
    »Da ist noch etwas«, fuhr Hamish fort. »Für jemanden, der Lügen verabscheut, hütest du erstaunlich viele Geheimnisse. Wenn du diese Hexe brauchst, wozu auch immer, wirst du ihr Vertrauen gewinnen müssen. Und das kannst du nur, wenn du ihr Dinge erzählst, die du ihr lieber verschweigen würdest. Sie hat deinen Beschützerinstinkt geweckt, und den musst du jetzt bekämpfen.«
    Während sich Matthew Hamishs Worte durch den Kopf gehen ließ, lenkte der das Gespräch auf die letzten katastrophalen Ereignisse in der Finanzwelt und auf die Regierung. Der Vampir beruhigte sich weiter und verlor sich in den komplizierten Verwicklungen von Wirtschaft und Politik.
    »Ich nehme an, du hast von den Morden in Westminster gehört«, sagte Hamish, als sich Matthew endlich entspannt hatte.
    »Habe ich. Jemand muss dem einen Riegel vorschieben.«
    »Du?«, fragte Hamish.

    »Das ist nicht mein Job  – noch nicht.«
    Hamish wusste, dass Matthew seine eigene Theorie zu den Morden hatte, die mit seinen wissenschaftlichen Forschungen zusammenhing. »Du glaubst immer noch, die Morde sind ein Warnzeichen, dass die Vampire aussterben?«
    »Ja«, sagte Matthew nur.
    Matthew war überzeugt, dass die nichtmenschlichen Geschöpfe langsam, aber sicher ausgelöscht wurden. Anfangs hatte Hamish die Hypothesen seines Freundes verworfen, aber inzwischen hatte er den Verdacht, dass Matthew recht haben könnte.
    Nach dem Essen zogen sie sich ins Obergeschoss zurück. Der Dämon hatte einen der überflüssigen Salons in ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer unterteilt. Das Wohnzimmer wurde von einem großen, alten Schachbrett mit geschnitzten Elfenbein- und Ebenholzfiguren dominiert, das eigentlich in ein Museum und unter Glas gehört hätte statt in ein zugiges Jagdschlösschen. Genau wie der Gehirnscan war auch das Schachspiel ein Geschenk von Matthew.
    Ihre Freundschaft hatte sich während langer Abende wie diesem vertieft, bei zahllosen Schachpartien und Diskussionen über ihre Arbeit. Eines Abends hatte Matthew Hamish von seinen Großtaten erzählt. Inzwischen wusste der Dämon so gut wie alles über Matthew Clairmont, während der Vampir seinerseits das einzige Geschöpf war, das sich nicht vor Hamishs mächtigem Intellekt fürchtete.
    Hamish nahm, wie stets, hinter den schwarzen Figuren Platz.
    »Haben wir die letzte Partie zu Ende gespielt?«, fragte Matthew in geheuchelter Überraschung angesichts des ordentlich aufgebauten Bretts.
    »Ja. Du hast gewonnen«, erwiderte Hamish knapp und zauberte damit ein seltenes, breites Lächeln auf das Gesicht seines Freundes.
    Die beiden begannen zu spielen, Matthew bedächtig, Hamish schnell und entschlossen, wenn er am Zug war. Bis auf das Knistern des Feuers und das Ticken der Uhr war es vollkommen still im Raum.
    Nachdem sie vielleicht eine Stunde gespielt hatte, setzte

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