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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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Aufregung, dass die Mauer in meinem Kopf völlig verschwand.
    Ich sah jetzt die ganze Reise vor mir, sah ihren, Jareds und Jamies mühevollen Trip quer durch das ganze Land, immer nachts in ihrem gestohlenen unauffälligen Wagen. Sie waren wochenlang unterwegs gewesen. Ich sah, wo sie sich getrennt und wo Jared und Jamie sich versteckt gehalten hatten, im kalten Wald außerhalb der Stadt, der so anders war als die leere Wüste, an die sie gewöhnt waren. In gewisser Weise kam ihnen der Wald sogar sicherer vor, denn seine Äste waren dicht bewachsen und boten gute Deckung, ganz anders als die dürre Wüstenvegetation, hinter der man sich nur schlecht verstecken konnte, aber er schien ihnen andererseits durch seine fremden Gerüche und Geräusche auch gefährlicher zu sein.
    Dann die Trennung, eine Erinnerung, die so schmerzhaft war, dass wir sie schaudernd im Schnelldurchgang hinter uns brachten. Dann kam das leerstehende Gebäude, in dem sie sich versteckt und von wo aus sie das gegenüberliegende Haus beobachtet hatte. Dort, versteckt in den Mauern oder dem geheimen Keller, hatte sie gehofft Sharon zu finden.
    Ich hätte dich das nicht sehen lassen dürfen, dachte Melanie. Ihre lautlose Stimme war kraftlos und verriet ihre Erschöpfung. Der Ansturm ihrer Erinnerungen, die Überzeugungsarbeit und Anstrengung hatten sie ausgelaugt. Du wirst ihnen verraten, wo sie sind. Du wirst auch sie umbringen.
    »Ja«, dachte ich laut nach. »Ich muss meine Pflicht erfüllen.«
    Warum? , murmelte sie fast schläfrig. Was hast du davon?
    Ich wollte nicht mit ihr diskutieren, deshalb sagte ich nichts.
    Der Berg ragte jetzt noch höher vor uns auf. In wenigen Augenblicken würden wir direkt daran vorbeifahren. Ich konnte die kleine Raststätte sehen - die Tankstelle, ein Fast-Food-Restaurant, an der einen Seite von einer ebenen Fläche aus Beton begrenzt, einem Standplatz für fahrbare Häuser. Es standen nur wenige dort; die Hitze des beginnenden Sommers machte den Aufenthalt hier nicht gerade angenehm.
    Was jetzt?, fragte ich mich. Anhalten zu einem späten Mittag- oder einem frühen Abendessen? Tanken und dann nach Tucson weiterfahren, um der Sucherin von meinen neuesten Entdeckungen zu berichten?
    Der Gedanke war so abstoßend, dass mein leerer Magen einen Satz machte und ich die Kiefer zusammenpresste.
    Instinktiv stieg ich auf die Bremse und kam quietschend mitten auf der Fahrbahn zum Stehen. Ich hatte Glück; hinter mir war kein Auto, das auf mich auffahren konnte. Es waren auch keine Autofahrer in der Nähe, die anhalten und ihre Hilfe anbieten konnten. Der Highway war leer. Die Sonne brannte auf den Asphalt, so dass er flimmerte und stellenweise zu verschwinden schien.
    Die Vorstellung, meinen geradlinigen vorgesehenen Weg fortzusetzen, sollte sich eigentlich nicht wie Verrat anfühlen. Meine erste Sprache, die ureigene Sprache der Seelen, die nur auf unserem Ursprungsplaneten gesprochen wurde, kannte kein Wort für Verrat oder Verräter . Noch nicht mal für Loyalität - denn wenn das Gegenteil nicht existierte, ergab der Begriff keinen Sinn.
    Und dennoch fühlte ich mich unglaublich schuldig, wenn ich auch nur an die Sucherin dachte. Es wäre falsch, ihr zu erzählen, was ich wusste. Wieso falsch?, widersprach ich grimmig meinem eigenen Gedanken. Wenn ich hier anhielt und den verführerischen Vorschlägen meines Wirts zuhörte, dann wäre ich wirklich eine Verräterin. Aber das war unmöglich. Ich war eine Seele.
    Und doch wusste ich, wonach ich verlangte, dringender und intensiver, als ich jemals in all den acht Leben, die ich gelebt hatte, nach irgendetwas verlangt hatte. Das Bild von Jareds Gesicht tanzte hinter meinen Augenlidern, als ich in die Sonne blinzelte - und diesmal war es nicht Melanies Erinnerung, sondern meine eigene Erinnerung an ihre. Sie zwang mir in diesem Moment nichts auf. Ich spürte sie kaum in meinem Kopf, stellte mir vor, wie sie den Atem anhielt - als ob das möglich wäre -, während sie darauf wartete, dass ich mich entschied.
    Ich konnte mich nicht von den Wünschen dieses Körpers abgrenzen. Er war ich, viel stärker als geplant. War das Verlangen meins oder seins? Spielte dieser Unterschied jetzt überhaupt noch eine Rolle?
    Im Rückspiegel sah ich das Aufblitzen eines Sonnenstrahls, der von einem Auto in der Ferne reflektiert wurde.
    Ich trat auf das Gaspedal und fuhr langsam auf die kleine Raststätte im Schatten des Berges zu. Es gab eigentlich nur eine Möglichkeit.

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