Seelenangst

Titel: Seelenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold

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diesen Mann vor seinem Tod ohne die Brille gesehen hat. Und die, die es wissen könnten, wie Gayo, können es uns nicht mehr sagen.«
    Die drei schwiegen eine Weile, hingen ihren eigenen Gedanken nach.
    »Diese Gehilfin«, sagte Don Alvaro schließlich. »Diese Mandy. Was waren ihre Symptome?«
    »Mandy Weiss hat unterschiedlich schwere psychische Defekte aus dem schizophrenen Formenkreis«, sagte MacDeath. »Was uns überrascht hat, war die Abhängigkeit, in der sie zu ihrem Meister stand, wie sie ihn nannte. Es war eine Abhängigkeit, die nichts mit bewusstseinserweiternden Drogen oder drogeninduzierter Psychose zu tun hatte, sondern mentaler oder sagen wir, seelischer Natur war. Es muss etwas anderes dahinterstecken. Vor allem, wenn man sich anschaut, was noch geschehen ist.«
    Alvaro blickte ihn an. »Was ist denn geschehen?«
    MacDeath erzählte ihm, wie Mandy plötzlich erstarrt und zu Boden gestürzt war, als der rätselhafte Mann mit der schwarzen Kapuze ihr das Zeichen gemacht hatte. Und er erzählte von Hendrik, der sich vor einen Zug geworfen hatte, und dass es sich in seinem Fall vermutlich um Konditionierung und Programmierung gehandelt hatte.
    »Das könnte in der Tat eine Konditionierung sein«, sagte Alvaro. »Das wäre ein sehr weltliches Phänomen, mit dem wir bei unserem Kampf gegen das Böse allerdings schon häufiger zu tun hatten. Mein Privatsekretär«, er wies auf Tomasso, »hat sich eingehend mit diesem Thema befasst und kann Ihnen sicher mehr darüber erzählen als ich. Dennoch ist es gut möglich, dass bei diesem Satanskult, falls es sich um einen solchen handelt, auch übernatürliche Praktiken eine Rolle spielen.« Er strich sich über den Bart. »Aber eines nach dem anderen. Wollen wir mit der weltlichen Dimension beginnen?«

26
    »Fassen wir zusammen«, sagte Don Tomasso, der zuvor die meiste Zeit geschwiegen hatte, und wandte sich Clara zu. »Dieser Mann im schwarzen Kapuzenpullover hat eine Geste gemacht. Daraufhin ist diese Mandy zu Boden gestürzt. Und der junge Mann, Hendrik, hat sich vor den Zug geworfen. Jedes Mal war ein schwarz gekleideter Mann dabei, der die immer gleiche Geste gemacht hat, indem er den Finger parallel zur Nase hielt.« Er machte die Geste nach, als hätte er sie schon gesehen.
    »Kennen Sie diese Geste?«, fragte Clara.
    »Allerdings. Sie wird verwendet, um zu bewirken, dass Sektenmitglieder sich entweder abrupt bewegen oder erstarren. Es wurde also ein Signal ausgelöst, und das Opfer hat in entsprechender Weise reagiert. Das Geheimnis ist die völlige Kontrolle.«
    »Und wie kann es passieren, dass eine Frau wie Mandy sich plötzlich nicht mehr bewegen kann?«
    »Auch das hatten wir schon.« Don Tomasso seufzte. »Das Opfer wird zum Beispiel in eine Kiste gesperrt. So lange, bis es fast gelähmt ist. Dabei ertönt ein bestimmtes Signal. Das Opfer ist dann auf dieses Signal und die Beinahe-Lähmung aus der Erfahrung mit der Kiste konditioniert. Das bedeutet, dass das Opfer, wann immer es das Signal hört, genau so steif wird, als wäre es gerade aus der Kiste gekommen. Ein Mensch mit Fernbedienung, sozusagen.«
    MacDeath schüttelte den Kopf. »Die können mit ihren Leuten ja machen, was sie wollen.«
    »Ja«, erwiderte Tomasso. »Es gibt in den satanistischen Zirkeln, möglicherweise auch bei den Bewohnern des Feuers, den sogenannten Siebenerrat. Sie sind die Herrscher. Sie wissen vieles, aber nur alle zusammen wissen sie alles, was über den Kult zu sagen ist. Sie kontrollieren sich gegenseitig, sodass keiner von ihnen die alleinige Macht übernehmen kann.«
    »Und wie kommen sie an ihre Gefolgsleute?«, fragte Clara.
    »Die meisten werden hineingeboren.«
    »Das müsste doch außerhalb des Kultes bemerkt werden«, sagte Clara verwundert.
    »Nicht unbedingt. Beispielsweise werden in gewissen Kulten nur übergewichtige Frauen geschwängert, bei denen keiner merkt, dass sie schwanger sind. Manchmal werden die Frauen mit Hormonen behandeln, sodass sie Zwillinge bekommen. Von den beiden Zwillingen wird aber nur ein Kind behördlich angemeldet, damit alles geordnet aussieht. Das andere Kind wird als Sklave missbraucht und für Rituale benutzt.«
    »Was für Rituale?«, fragte Clara.
    »Zum Beispiel Menschenopfer.«
    »Und diese Frauen bringen ihre Kinde zu Hause zur Welt?«
    »Wenn es geheim bleiben soll, gibt es keine andere Möglichkeit. Und ›Frauen‹ trifft es nicht ganz. Die Hormone, die verabreicht werden, dienen dazu, dass schon Elf- oder