Seelenasche
Leuten bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Wenn wir die Sache nicht als Erste bringen, müssen wir wenigstens die besten Informationen haben.«
»Du hast ja gar nicht gefragt, wer das Opfer ist!«
»Mafioso? Drogendealer? Psychopath?«
»Falsch geraten!«
»Einer von diesen Magnaten, die glauben, niemand könne ihnen ein Haar krümmen?«
»Schon wärmer, Chef, schon wärmer.« Für ein heiteres Verdächtigenraten hörte sich Simas Stimme merkwürdig unsicher und furchtsam an.
»Nun rück schon mit der Sprache raus, Simchen, ich bin fix und fertig und möchte nur noch die Beine hochlegen und mir einen hinter die Binde gieÃen.«
»Zwei Maskierte haben mit sechs Schüssen den hochverehrten Geschäftsmann ⦠Christo Weltschev erschossen. Am Tatort war auch eine Frau.«
»Christo â wer?« Jordan bekam den Mund nicht zu.
»Christo Weltschev, Chef, dein Vetter, um genau zu sein.«
Als wäre ihr der Hörer zu heià geworden, legte Sima nach dieser Auskunft blitzschnell auf.
Daniela schüttelte ihr Feuerhaar, nahm ihm das Glas aus der Hand, trank einen Schluck und fragte:
»Ist irgendwas passiert?«
»Dreihundert Meter von hier ⦠ein Auftragsmord an â¦Â«
»Schon wieder? Na, wenn es schon keine Justiz in diesem Land gibt: Wenigstens knallen diese skrupellosen Millionenbetrüger und Banden sich gegenseitig ab.«
»⦠an meinem Vetter Christo, Christo Weltschev.«
Das Glas in ihrer Hand wurde auf einmal so schwer, dass sie es nicht mehr halten konnte. Bevor es ihr aus den Händen rutschte und auf dem Boden zersprang, stellte sie es auf den Couchtisch. Da klingelte auch schon das Haustelefon. Der durchdringende Klingelton war Didas einzige Hoffnung, den Schock dieser Nachricht wenigstens für einen Moment von sich fernzuhalten. Sie hob ab.
»Ja, bitte«, meldete sie sich. Dann schrie sie ohne Ãbergang: »Nein! Das ist nicht wahr! Was reden Sie denn da?«
Sie war so blass geworden, dass selbst ihr feuerrotes Haar wie erloschen wirkte. Dann beugte sie sich vom Telefonschränkchen vor, nahm das Whiskyglas und schüttete dessen Inhalt in den nächsten Blumentopf.
»Keinen einzigen Schluck mehr, Weltschev, hörst du? Trinkverbot! Dessislava, verstehst du, unsere Dessi â¦Â«
»Was ist mit Dessi?«
»Sie ist im Unfallkrankenhaus. Hatte einen Abortus.«
»Wie? Was? Ich verstehe nicht â¦Â«
»Als ob das jetzt wichtig wäre! Wir müssen sofort hin â¦Â«
Die Sympathie zwischen Daniela-»Dida« und ihrer Schwägerin Dessislava war beiderseitig und â seit jenem legendären Weihnachten, an dem Jordan sie einfach nach Hause mitgebracht hatte â ständig gewachsen zu einer tiefen, vertrauensvollen Frauenfreundschaft. Darum fiel sie jetzt auch so aus allen Wolken. Sie riss sich den Bademantel vom Leib, streifte sich die nächstbesten Jeans und einen Pullover über und versuchte gleichzeitig, dem Kindermädchen zu verklickern, dass es länger bleiben müsse, und zu überschlagen, wie viel sie ihr für die zusätzliche Zeit schuldig war. Sie war umso hektischer, als ihre ganze Eile vollkommen sinnlos war. Oh, wie gut kannte Jordan diesen Zustand! Diese Panik, zu spät zu kommen, diese Panik, etwas vergessen zu haben, diese Panik, einen unverzeihlichen Fehler zu machen und nicht zu wissen, welcher es war.
Sie hatten keine Zeit, auf den Aufzug zu warten; benutzten das Treppenhaus. Der Regen hatte aufgehört, doch die StraÃe und vermutlich die ganze Stadt lagen in dichtem Nebel. An der groÃen Kreuzung am Kulturpalast gerieten sie in einen Stau. Die zehn Minuten, die sie warteten, kamen ihnen endlos vor. An der nächsten Ampel standen sie noch einmal fünfzehn Minuten. Das Neonlicht lieà die Stadtlandschaft im Nebel unwirklich erscheinen; aber da es sie nicht durchdrang, machte es schrecklich nervös.
»Dann war Dessislava also schwanger?«
»Wie konnte ich das nur übersehen«, biss sich Dida auf die Lippen.
»Sie hat uns aber auch nichts gesagt.«
Jordan wäre um ein Haar einem Kleinbus hinten aufgefahren.
»Sie muss ihn sehr geliebt haben«, sagte Dida leise. »Wer auch immer der Vater dieses Kindes war â¦Â«
»Und wie ich Dessi kenne ⦠liebt sie ihn mit Sicherheit immer noch«, stimmte Jordan zu.
»Die Ãrmste. Wo waren wir beide bloÃ
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