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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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ihr melden. Er war schließlich erwachsen.
Den ganzen Tag über meldete er sich nicht bei ihr, kein Anruf, nicht einmal eine SMS.
Auf dem Rückweg machte Valerie sich nun doch ein wenig Sorgen. Beim letzten Mal, als er sich nicht bei ihr gemeldet hatte, war es ihm richtig dreckig gegangen. Vielleicht war es jetzt ähnlich. Sie beschloss, im
    "Pablo"
vorbeizuschauen. Sollte er tatsächlich dort sein, als ob nichts geschehen wäre, würde sie diese eigenartige Jojo-Freundschaft, die sich allmählich zwischen ihnen beiden entwickelt hatte, aufgeben. So war das ja kaum auszuhalten.
Das
    "Pablo"
war gut besucht, als sie es betrat. Mehrere Kellner schwirrten geschäftig umher, um die Kunden zu bedienen, die sich nach Feierabend noch einen Kaffee oder einen kleinen Snack gönnen wollten. Doch John konnte Valerie nicht entdecken.
Sie ging zur Theke und bestellte sich einen Capuccino zum Mitnehmen.
"Ist John heute nicht da?" fragte sie den jungen Mann hinter der Theke, als dieser ihr den dampfenden Pappbecher reichte.
"Der kommt später", erwiderte der Mann geistesabwesend. "Seine Schicht müsste in einer Stunde beginnen."
"Es geht ihm also gut?" vergewisserte Valerie sich.
Nun war doch eine Spur Neugier in dem Blick, den der junge Mann ihr zuwarf. "Ja, wieso nicht?"
"Nur so, danke", sagte Valerie und reichte ihm das Geld für ihren Kaffee. Enttäuscht ging sie hinaus. John konnte ihr von heute an gestohlen bleiben.

John tigerte unruhig in seiner Wohnung auf und ab. Er hatte keine Ahnung, was er nun tun sollte. Zwar hatte er sich fest vorgenommen, Valerie fernzubleiben, in der Hoffnung, so seine Erinnerung an Inara lebendig halten zu können. Doch es half nichts. Er hatte Valerie nun einige Tage nicht gesehen und sie war es, um die seine Gedanken kreisten, nicht seine Seelengefährtin, die er noch immer so schrecklich vermisste. Was geschah nur mit ihm und was sollte er jetzt bloß tun? Er hätte so gerne mit jemandem über seine Verwirrung und seine Angst gesprochen. Inara war ihm, solange er sich erinnern konnte, dieser Jemand gewesen. Die Person, die ihm immer zugehört, ihn immer verstanden und ihm geholfen hatte. Wenn sie jetzt bloß da wäre. John blieb stehen und lachte hysterisch auf. Wenn Inara noch immer da wäre, würde er nicht in diesem Schlammassel stecken. Er wäre noch immer zu Hause, glücklich und zufrieden, mit ihr. Doch sie war fort. Endgültig. Und wenn er sich von Valerie fernhielt, machte es dies auch nicht besser. Er fuhr sich frustriert durch die Haare und stockte. Dann nahm er langsam seine Hände herunter und starrte seine Bindungsringe an. Er hatte sich bereits damit abgefunden, dass sie verblassten, doch nun kam etwas Neues hinzu. Das Muster hatte sich verändert. Fassungslos fuhr er die hellen Linien mit seinem Zeigefinger nach. Kein Zweifel, das Muster war ihm so vertraut gewesen, dass er es mitten in der Nacht und in völliger Dunkelheit hätte zeichnen können. Es war das Muster, das schon seit so vielen Zyklen seine Verbindung zu Inara darstellte.
John erinnerte sich noch genau, als er es das erste Mal entdeckt hatte. Er war noch fast ein Kind gewesen, als die ersten blassen Muster erschienen waren, lange bevor Inara und er ihre Verbindung vor dem Priester offiziell besiegelt hatten. Er war so stolz gewesen, denn es war ungewöhnlich, dass jemand seinen Seelengefährten schon so früh fand. John erinnerte sich genau, wie blass und verschwommenen die Linien zu Beginn gewesen und wie sie immer klarer und dunkler geworden waren, bis sie in der Bindungszeremonie ihre strahlende blaue Farbe erhalten hatten, so blau, wie Inaras Augen einst gewesen waren.
Und jetzt starrte er die blassen verschwommenen Linien an und konnte sich bereits genau vorstellen, wie das Muster eines Tages aussehen würde. Es war verrückt, es war unmöglich und es war dennoch geschehen. John wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte, hatte keine Ahnung, wohin das führen würde, doch er wusste ganz genau, er würde Valerie nicht fernbleiben können.
Als ihm das bewusst geworden war, war er schon zur Tür hinaus, ohne sich erinnern zu können, diesen Entschluss gefasst zu haben. Erst da fiel ihm auf, wie dunkel es draußen war, und er stellte erschrocken fest, dass es schon fast elf Uhr abends war. Hoffentlich schlief sie noch nicht.
Er versuchte, ihre Stimmung zu erspüren, obwohl er eigentlich noch zu weit weg war. Wenn sie schlief, würde er bis morgen warten müssen.
Sie schlief nicht. Die Wucht ihrer Wut ließ ihn

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