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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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Augenblick, den sie bei jedem Date hasste. "Also dann", sagte sie und streckte ihm die Hand hin. "Es war ein netter Abend, ich danke Ihnen."
Falls er von dieser Geste überrascht war, zeigte er es nicht. Stattdessen griff er ihre Hand und drückte sie fest. "Ich fand es auch sehr schön, Valerie."
Sie lächelte möglichst neutral. "Ich muss dann los", sagte sie und entzog ihm ihre Hand.
"Ich werde Sie zumindest noch nach Hause begleiten", erwiderte er energisch.
"Danke, aber das wird nicht nötig sein." Am liebsten hätte sie noch hinzugefügt, dass ihre Mutter es ihr verboten hatte, fremde Männer mit nach Hause zu nehmen. "Ich werde mir ein Taxi nehmen", sagte sie jedoch bloß, obwohl es sie einige Überwindung gekostet hatte.
"Na gut, dann gute Nacht, Valerie."
"Gute Nacht, Simon." Bevor sich die verlegene Stille in die Länge ziehen konnte, blieb glücklicherweise ein Taxi auf ihr hektisches Winken hin stehen. Valerie sprang hinein, nannte ihre Adresse und fuhr davon, während Simon ihr irgendwie ratlos hinterher starrte.
Sie sah auf die Uhr. Es war halb zehn. Das Date hatte insgesamt keine zwei Stunden gedauert. "Das war wohl wieder nichts", murmelte Valerie leise, während sie aus dem Fenster in das Getümmel der abendlichen Großstadt starrte. Wieder einmal war sie lediglich Zuschauerin am Leben anderer. Sie wandte sich ab. Das Essen lag ihr schwer im Magen und sie wünschte sich, sie hätte trotzdem einen Kaffee getrunken. Nun, dazu war es nicht zu spät. Sie sah auf die Straße. Das
    "Pablo"
war nur einen Häuserblock entfernt.
"Bitte halten Sie hier an", sagte sie kurzentschlossen zum Taxifahrer.
"Was?" Er blickte sie verwirrt an.
"Bitte halten Sie an. Ich möchte schon hier aussteigen."
"Wie Sie wollen." Kopfschüttelnd wechselte er auf die rechte Spur und hielt den Wagen an.
"Danke." Valerie kramte nach ihrer Geldbörse und hielt dem Taxifahrer einige Geldscheine hin. "Der Rest ist für Sie."
Als das Taxi davon fuhr, fühlte sie sich seltsam befreit. Es war nur der Besuch im
    "Pablo"
, den sie sich spontan gönnte, und doch fühlte sie sich, als würde sie dadurch ein kleines Stück mehr vom Leben bekommen.
Sie ging flott die Straße entlang und ihre Laune besserte sich mit jedem Schritt. Als sie das Café betrat, hatte sie Simon und seine eigenartigen Lebensansichten schon völlig vergessen.
Der Kellner schaute auf, als das Türglöckchen bimmelte und Valerie fiel auf, dass sie nicht einmal seinen Namen kannte. Sie hatte den Eindruck, als hätte sie eine leichte Neugier in seinem Blick gesehen, bevor er den Kopf wieder abwandte. Sie wollte zu der Theke herüber gehen, stockte dann aber. Auf einmal wurde ihr bewusst, wie es auf ihn wirken mochte, dass sie nun ständig bei ihm auftauchte. Plötzlich fühlte sie sich richtig befangen. Sie wollte auf keinen Fall den falschen Eindruck bei ihm erwecken, sie wäre an ihm interessiert. Dann schüttelte sie unwillig den Kopf. Sie war nur wegen des Kaffees dort und um ihn ein wenig im Auge zu behalten. Es war nicht ihr Problem, was er da hinein interpretieren mochte.
Als Valerie zu der Theke herüber ging, ertönte aus einer Ecke plötzlich ein Pfiff. Sie blickte sich irritiert um und sah zwei Jugendliche, nicht älter als achtzehn, die ihr grinsend hinterher starrten. Sie wirkten alkoholisiert und sie konnte sich nicht vorstellen, was sie in einem Café zu suchen hatten. Der Kellner warf den Jungs einen warnenden Blick zu und sie drehten sich wieder um.
Valerie setzte sich auf einen Barhocker am Ende der Theke, um nicht zu nah an dem Kellner zu sitzen. Das Gefühl der Freiheit war verflogen, und sie fühlte sich äußerst unwohl. Sie musste ja ein armseliges Bild abgeben. Eine junge Frau, die an einem Freitagabend und zum Ausgehen angezogen völlig allein in einem fast leeren Café saß. Sie hatte nicht einmal ein Buch dabei. Alles, was sie tun konnte, war also, einen Kaffee zu bestellen und die Wand hinter der Theke anzustarren, während sie ihn trank.
"Was möchten Sie trinken?" fragte der Kellner und sie hatte das Gefühl, Mitleid in seinen unergründlichen traurigen Augen zu sehen. Nein, korrigierte sie sich, kein Mitleid, vielleicht eher Mitgefühl.
"Einen Capuccino, bitte", sagte sie. Ich werde ihn ansprechen, dachte sie plötzlich, als er sich abwandte. Es war ihr egal, wie armselig und verzweifelt das wirken mochte. Sie war verzweifelt. Sie war einsam. Und sie wollte lediglich ein wenig Gesellschaft, während sie ihren Capuccino trank, nichts weiter.
"Wie

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