Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
Gesten, »... wie soll denn das gehen? Allein vom Biologischen her?« Er winkte ab, weil er ihren Einwänden zuvorkommen wollte. »Ich weiß ... das klingt ja noch irrsinniger als alles, was wir uns bis heute zusammengereimt haben ... aber nehmen wir einmal an, daß auch nur ein Fünkchen davon wahr wäre ...« Er holte tief Luft, um seine grauen Zellen im Gehirn mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen, denn einen solch wahnsinnigen Gedankengang konnte man nur mit Cognac oder ausreichend Frischluft zu Ende bringen. »Das hieße doch ... daß Jesus nicht am Kreuz gestorben wäre ...«
    Er sah fragend zu Marie hinüber, die nickte, und sprach weiter.
    »Und daß er nicht in den Himmel aufgefahren wäre ...«, sie nickte immer noch, »... und daß er eine Frau geheiratet ... und mit ihr Kinder gehabt haben muß, oder?«
    Marie hatte aufgehört zu nicken und sah ihn verstört an. »Wo ist der Cognac?« fragte sie schließlich ermattet.
    »Das haut einen wirklich um, nicht? Allein die Vorstellung, daß darin auch nur ein winziges Fünkchen Wahrheit stecken könnte ... und daß er die Sache mit der Kreuzigung überlebt hat ... weil sie seinen Zwillingsbruder an seiner Stelle genommen haben. Dieser ketzerische Gedanke ist uns doch nun schon mehrfach begegnet. Und wo viel Rauch ist ... da ist auch Feuer!«
    »Glaubst du, daß der alte Abbé diesem Kater den Namen Dagobert gegeben hat, um uns eine geheime Botschaft zu übermitteln? Vielleicht ist das ein Hinweis, daß wir in dieser Richtung weitersuchen sollen?«
    Bum! Bum! Bum! Das laute Klopfen kam von der Haustür.
    Sie sahen sich an. »Wer kann denn das schon so früh sein?« stöhnte Pierre und erhob sich gemächlich.
    Bum! Bum! Bum! Bum! Das Hämmern wurde immer ungeduldiger. Von draußen war lautes Stimmengewirr zu vernehmen, als er sich der Tür näherte und sie öffnete.
    »Herr Pfarrer, Herr Pfarrer, wir haben ihn!« rief jemand von den Leuten. Eine Traube von Menschen drängte sich im Hof vorm Pfarrhaus, angeführt von diesem grobschlächtigen Olivier. Pierre sah zweimal hin, denn es war noch früh am Morgen, und er war mit seinen Gedanken immer noch bei diesem Dagobert. Dieser dämliche Olivier hielt eine Person in einer schwarzen Kutte am Kragen. »Da! Wir haben ihn endlich erwischt, diesen Teufel!« grinste er, während er seinen Fang wie eine Jagdtrophäe präsentierte.
    Pierre traute seinen Augen nicht. »Bruder Severin?« Der nervöse Kräuterbruder zappelte verängstigt in seinem schwarzen Gewand hin und her, aber Olivier hielt ihn wie ein Kaninchen im Nacken fest.
    »Ich hab’s ja gleich gewußt ...«, der Blödian nahm seine abgekaute Zigarre aus dem Mund und spuckte auf die Treppe des Pfarrhauses, »... unser lieber Bruder Terpentin hier, war mir nieganz geheuer!« Zustimmendes Gemurmel der Menge. »Er ist in seiner schwarzen Kutte doch tatsächlich am hellichten Tag frech auf der Dorfstraße herumgelaufen und ... Zack! ... da haben wir ihn uns geschnappt!« Seine vergilbten Zähne klemmten den aufgeweichten Tabakstummel wieder fest ein, und sein dreckiges Grinsen war unübersehbar.
    Bruder Severin soll also dieses ominöse Phantom sein? Da ihn der Kräuterbruder derartig hilflos und flehend ansah, und ihn dieser Olivier immer noch wie eine Trophäe an der Halskrause hielt, beschloß er die endgültige Klärung der Vorgänge auf später zu verschieben.
    »Überlassen Sie ihn mir!« befahl er der Meute. »Ich werde mich um ihn kümmern und die Wahrheit ans Licht bringen!«
    Olivier sah sich zu den anderen um, die ihm murmelnd zunickten. Verächtlich ließ er schließlich den zitternden Severin vom Haken und schubste ihn in Pierres Arme. »Passen Sie gut auf, daß er Ihnen nicht entwischt. Das ist ein ganz gefährlicher Hund!« schnauzte er, bevor er sich umdrehte und mit der übrigen Jagdgesellschaft grölend vom Hof verschwand.
    Der Kräuterbruder stand schlotternd und mit geröteten Augen vor ihm. Von der Kaltblütigkeit, die dieses Phantom immer wieder gezeigt hatte ... keine Spur.
    »Kommen Sie!« Er klopfte ihm auf die Schulter. »Haben Sie schon gefrühstückt?«
    Severin nickte.
    »Das macht nichts, dann frühstücken Sie eben noch mal. Ich glaube wir haben eine Menge zu bereden.«
    Der panische Blick seines zerzausten Gastes war wie der eines in die Enge getriebenen Rehs, dem gerade alle Fluchtmöglichkeiten abgeschnitten worden waren. Schließlich gab er seinen Widerstand auf und senkte den Kopf. »Ja, Herr Pfarrer!«
    Als sie die Küche

Weitere Kostenlose Bücher