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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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piepste er, und im selben Augenblick schwenkte die gesamte Grabplatte von Saunières Geliebter wie von Geisterhand zur Seite und gab den Weg in die Tiefe frei. »Bitte nach Ihnen.« Seine höfliche Bitte unterstrich er mit einem kurzen Wink seiner Waffe.
    Pierre sah in die offene Grube. Die Stufen, die direkt neben dem Sarg in die Tiefe führten, wurden durch das flackernde Licht von Fackeln erleuchtet.
    »Bitte!« Dieser von Rittenberg deutete nochmals höflich, aber diesmal mit spürbarem Nachdruck, in die Grube. »Gehen Sie voran!«
    Er hatte gerade den ersten Schritt auf die steinerne Umrandung des Grabes gemacht und war im Begriff hinunterzusteigen, als er aus seinem Augenwinkel erneut eine Bewegung ausmachte. Rodrigues! Dieser Schweinehund! Wie der Dominikaner jetzt in dieses irre Puzzle paßte, das war ihm zwar schleierhaft, aber Tatsache war, daß sie dieser tollwütige Hund die ganze Zeit über beobachtete und hinter ihnen her schlich. Wahrscheinlich wußte er ... ab jetzt ... auch Bescheid über diesen geheimen Mechanismus, der die Pforten zu den unterirdischen Gängen öffnete.
    Von Rittenberg hielt sich immer einige Schritte hinter ihm, als sie gemeinsam die Stufen hinabstiegen. »Halt!«
    Pierre blieb stehen und drehte sich um. Der kleine Mann mit seinem schwarzen Schlapphut griff mit seiner Hand in ein Loch in der Wand, und die Platte über ihnen setzte sich mit einem schabenden Geräusch in Bewegung und verschloß das Grab.
    »Hat das alles mein Vorgänger gebaut?«
    Sie setzten sich wieder in Bewegung.
    »Nein! Ihr werter Abbé Saunière ist auf etwas gestoßen, das schon viel älter war, als er selbst. Und bitte ...«, seine Stimme klang für die bisherige Gefühllosigkeit dieses Männleins schon fast flehend, »... versuchen Sie nicht zu fliehen! Sonst müßte ich dieses Instrument hier in Gang setzen und glauben Sie mir ... ich habe noch nie daneben geschossen. Aber all die Unruhe und die Unordnung, die aus einer derartigen Dummheit entstünde, würde meine Arbeit hier nur noch mehr behindern und verzögern. Das wäre wahrlich grauenhaft.« Die Treppe schraubte sich immer mehr in die Tiefe. »Und ich hasse nichts mehr als Chaos und Unordnung!«
    Diese graue Maus sah nicht nur aus wie ein seelenloser Bürokrat, sie schien auch so zu denken. Aber was zum Teufel machte ein solcher Schreibtischhocker an einem Ort wie diesem ... und dazu noch mit einer Waffe. Das paßte doch alles nicht zusammen ...
    »Bitte den nächsten Abzweig rechts!« kam es von hinten.
    Der Gang hier hatte nichts Besonderes und unterschied sich in nichts von denen, durch die er und Marie in der letzten Zeit schon gestreift waren.
    »Wie geht es Marie?« Pierre blieb stehen und drehte sich zu seinem Bewacher um. Die breite Krempe des großen Schlapphuts verdeckte das Gesicht seines Gegenübers. Die – nur von den Fackeln zeitweise erhellte – Finsternis hier unten tat ihr übriges und hüllte die schwarzgekleidete Gestalt fast gänzlich in Dunkelheit.
    »Regen Sie sich nicht auf, Monsieur du Lac! Es geht ihr gut. Sie wird auf Sie vielleicht einen etwas erschöpften Eindruck machen ... aber ich versichere Ihnen, daß ich nichts getan habe, das in irgendeiner Form gewalttätig oder unzivilisiert gewesen wäre.«
    Ihm brannten zwar noch viele Fragen auf den Nägeln, aber das Wichtigste war doch ... daß es ihr gut ging. Alle anderen Dinge würde er erst mal zurückstellen, bis diese kleine Maus ihr gefährliches Instrument aus der Hand legte.
    Sie waren an der letzten Treppenstufe angekommen, und es wurde dunkel um sie.
    »Bitte, rechts herum in den Gang!«
    Pierre fügte sich widerstandslos. Er mußte zuerst Marie zurückhaben. Was dann käme ... da hatte er schon einige unchristliche Gedanken und Ideen parat ... Sie näherten sich einem Lichtschimmer, der das Ende des Gangs ankündigte, und ehe er sich versah, stand er in der großen Halle mit dem Pentagramm im Boden und der Figur Luzifers im Zentrum.
    »Ich nehme an, Sie wissen wo wir sind?« hüstelte von Rittenberg. »Verzeihung! Aber ich bin schon viel zu lange hier unten, und die Feuchtigkeit geht einem irgendwann an die Gesundheit.«
    Diese kranke Mischung aus – durchaus ernstgemeinter – Höflichkeit auf der einen und kaltblütiger Berechnung auf der anderen Seite, war irgendwie beunruhigend. Dieser häßliche Zwerg hatte sie doch nicht mehr alle ... und das machte ihn hochgefährlich!
    Nach einem weiteren dunklen Gang betraten sie plötzlich den kleinen Raum, in dessen

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